Bayernligist Pipinsried:Der Ferrari steckt im Schnee

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Es knirscht zwischen Tobias Strobl (li., im Duell mit Unterföhrings Martin Büchel) und Teilen des FCP. (Foto: J. Simon)

Pipinsried gewinnt glücklich in Unterföhring, die Bayernliga-Meisterschaft rückt dennoch in weite Ferne. Präsident Höß trauert der Form aus dem Herbst nach.

Von Stefan Galler, Unterföhring/Pipinsried

Die Kleinigkeiten sind es oftmals, die im Fußball zwischen Meisterschaft und Platz zwei entscheiden. Manchmal sind es sogar Ergebnisse zweier Konkurrenten gegen ein und denselben Gegner innerhalb weniger Tage. Am vergangenen Dienstag hatte der FC Pipinsried, Zweiter der Bayernliga Süd, sein Nachholspiel gegen den BCF Wolfratshausen zu Hause mit 2:3 verloren. Diesen Samstag nun gewann Tabellenführer TSV Rain mit 3:2 bei den Farchetern - vermutlich eine Vorentscheidung im Kampf um den direkten Aufstieg in die Regionalliga. Die Pipinsrieder erfüllten zwar ihre Pflichtaufgabe, siegten mit 1:0 (1:0) beim FC Unterföhring. Doch fünf Punkte Rückstand auf Rain bei zwei noch ausstehenden Spielen sind kaum mehr aufzuholen, das glaubt auch FCP-Präsident Konrad Höß: "Die Meisterschaft ist rum ums Eck. Wir haben einfach zu viele Punkte verschenkt."

Seit 1967 führt der 74 Jahre alte Funktionär den Verein, den er einst selbst erschaffen hatte. Und er rechnet fest damit, dass die Haltbarkeit des Klubs beschränkt ist auf jene Zeit, "in der ich das noch machen kann". Wenn das eines Tages nicht mehr der Fall sein sollte, wird auch der FC Pipinsried aufhören, in seiner jetzigen Form zu existieren, ist Höß sicher. "Wir leisten uns in unserer kleinen Gemeinde einen Ferrari, den wir uns eigentlich nicht leisten können", sagt der Präsident. "Dafür braucht es einen Fußballverrückten wie ich es bin."

Doch Höß ist nicht nur leidenschaftlich und stets mit Feuereifer bei der Sache, wenn sein Verein um Punkte kämpft. Er ist auch ein derart knallharter Kritiker, dass seine Spieler schon ein dickes Fell benötigen, um die Schimpftiraden des Bosses über sich ergehen lassen zu können. Auch nach dem 1:0-Erfolg in Unterföhring war bei Höß keineswegs Heiterkeit angesagt. Es sei gewesen wie eigentlich ständig nach der Winterpause: "Wir sind sozusagen im Schnee stecken geblieben, haben die Leistung der Vorrunde nicht mehr gebracht." Auch diesmal hätten einige wieder gemeint, sie würden alles geben. "Aber das haben sie nicht", bekräftigte Höß.

Es war allerdings auch eher schwer verdauliche Fußballkost, die beide Teams anboten. Torchancen blieben Mangelware, für Gefahr sorgten allenfalls ein paar Fernschüsse, die jedoch allesamt ihr Ziel verfehlten. Sieht man von dem Kracher des Unterföhringers Albion Vrenezi ab, den FCP-Torwart Tobias Antoni glänzend parierte. Zwei Minuten vor der Pause schlug dann aber die große Stunde der Mannschaft aus dem Dachauer Hinterland: Artur Kubica tankte sich bis zur Torauslinie durch, sein Rückpass fand Thomas Berger, der zwei Föhringer Verteidiger austanzte und aus fünf Metern an FCU-Torwart Patrick Nothhaft vorbei zum 0:1 einschoss.

In Durchgang zwei wurden die Gastgeber besser, Trainer Sebastian Pummer brachte nach einer Stunde in Arbnor Segashi und Leo Mayer zwei frische Kräfte. "Danach wurde der Druck noch stärker, aber der Ausgleich fiel nicht", resümierte Bernd Mayer, der Technische Leiter des FCU. Auf der Gegenseite allerdings versäumten es die Pipinsrieder, die Entscheidung herbeizuführen: Eine Konterchance nach der anderen ließen sie teilweise kläglich liegen. Etwa als Christian Doll, Manuel Eisgruber und Armin Lange auf den FCU-Kasten zuliefen, die Gelegenheit aber "stümperhaft" (Höß) vergaben. Der ging sogleich noch in die Einzelkritik: "Doll ist weit weg von seiner Normalform", grantelte der FCP-Chef.

Die letzte Gelegenheit des Spiels gehörte dann noch einmal den Gastgebern: Attila Arkadas kam in aussichtsreicher Position an den Ball, doch die Pipinsrieder Abwehr konnte den Ausgleich mit vereinten Kräften verhindern. Dann war es vollbracht, die Elf von Spielertrainer Tobias Strobl hatte durch ihren Sieg die Aufstiegsparty des TSV Rain zumindest um eine Woche verschoben. Und kann sich selbst schon langsam auf die Relegation einstimmen. Präsident Höß ist allerdings nicht besonders zuversichtlich, was einen möglichen Aufstieg angeht.

Innerhalb der Mannschaft habe sich eine Fraktion gebildet, die diesen als überflüssig ansehen würde, berichtet er. "Die wollen eine höhere Fahrtkosten-Erstattung und eine höhere Aufwandsentschädigung. Aber das mache ich nicht", sagt der Boss. Wer wolle, könne gerne bleiben, wer nicht, solle "sich schleichen", so Höß gewohnt direkt. "Wir müssen unseren Kader für die Regionalliga sowieso erheblich verstärken. Ich habe jetzt fast alle Regionalligisten spielen sehen und weiß, dass wir in unserer aktuellen Besetzung nur Kanonenfutter wären."

Und dann bestätigt der Pipinsrieder Klubchef noch, dass es derzeit auch zwischen Trainer Strobl und einzelnen Spielern ordentlich knirsche. Er jedoch stehe hundertprozentig zu seinem Coach, empfehle ihm aber, ein wenig diplomatischer zu sein. Ausgerechnet Höß, dessen direkte Art mit derlei vereinsinterner Warmherzigkeit rein gar nichts zu tun hat. "Tobias sollte denen ein bisschen Honig ums Maul schmieren", sagt Höß. Er ist und bleibt eine besondere Marke.

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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