Fußball-Bayernliga:Acht unter sich

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Die führenden Teams spielen ausschließlich gegeneinander - genutzt hat das vor allem der SV Pullach, der den VfR Garching als Tabellenführer ablöst

Von Stefan Galler, Christoph Leischwitz und Matthias Schmid

Das Blatt hat sich - zumindest vorerst - gewendet: Neuer Tabellenführer der Fußball-Bayernliga Süd ist nun der SV Pullach, der seine beeindruckende Serie mithilfe eines Sieges im Derby gegen Unterföhring auf nunmehr 16 Spiele ohne Niederlage ausbaute. Während Garching an diesem Spitzenspiel-Wochenende Sonthofen unterlag, musste der FC Pipinsried einen Rückschlag im Abstiegskampf hinnehmen.

SV Pullach - FC Unterföhring 3:1

Michael Hofmann trottete am Samstagnachmittag gemächlich vom Kunstrasenplatz in Pullach. Kurz bevor es steil die Treppen nach unten in die Kabinen ging, stoppte er abrupt ab. War vielleicht die Kiste mit den Trinkflaschen, die er trug, doch zu schwer für den 43 Jahre alten Torhüter des Bayernligisten SV Pullach? Brauchte er vor dem Abstieg womöglich ein Päuschen? Mitnichten. Hofmann hielt an, weil er Erstaunliches hörte. Er fragte deshalb lieber noch mal nach: "Sind wir tatsächlich Tabellenführer?" Ja, es stimmte, die Pullacher führen nach 23 Spieltagen mit zwei Punkten die Tabelle an, weil der bisherige Erste VfR Garching zeitgleich in Sonthofen 0:2 unterlag. "Jetzt wollen wir den ersten Platz bis zum Saisonende nicht mehr abgeben", sagte Hofmann mit einem Lächeln. Man wusste in dem Moment nicht, ob es ein Witzchen des ehemaligen Erstligatorhüters des TSV 1860 München war oder er es ernst meinte. Mit einem 3:1 (1:0)-Sieg gegen den FC Unterföhring verdeutlichten die Pullacher jedenfalls, dass sie nach dem fünften Sieg in Serie bis zum Saisonende ein ernsthafter Mitbewerber um den Regionalliga-Aufstieg sind. Zufrieden war Pullachs Trainer Frank Schmöller allerdings nur mit dem Ergebnis, weniger mit der Darbietung seiner Spieler, die durch Tim Sulmer (40.) in Führung gingen. "Wenn wir weiter so spielen, werden wir nicht mehr lange Tabellenführer sein", schimpfte der ehemalige Bundesligaspieler. Vor allem die zweite Hälfte ärgerte ihn, weil er nach dem 2:0 (64.) durch den eingewechselten Menelik Ngu' Ewodo glaubte, dass er einen unaufgeregten Nachmittag erleben werde. Doch es kam anders, ganz anders, als er und die Zuschauern dachten. "Ich hätte für jeden Platzverweis auch einen meiner Spieler vom Platz nehmen müssen, damit wir seriös weiter gespielt hätten", klagte Schmöller. In der Tat spielten die Unterföhringer in den letzten zwanzig Minuten so, als hätten sie nach zwei gelb-roten Karten nicht zwei Spieler weniger, sondern zwei Spieler mehr auf dem Feld. Ohne die hinausgestellten Pascal Putta (59./Meckern) und Patrick Irmler (Foulspiel) begann die Mannschaft von Trainer Andreas Pummer plötzlich schnell und schnörkellos nach vorne zu spielen, sie kombinierte mitunter sogar kunstvoll und war nach dem 1:2-Anschlusstor durch einen verwandelten Foulelfmeter von Andreas Faber (77.) dem Ausgleich sogar näher als Pullach dem dritten Tor. "Unsere Moral war herausragend", hob Pummer zurecht hervor. Doch Hofmann hielt alles, was er halten musste und vorne vollendete Christoph Dinkelbach schließlich einen Konter zum 3:1. "Für uns gibt es einiges aufzuarbeiten", sagte Schmöller. Er meinte damit nicht die Suche nach einem regionalligatauglichen Spielfeld für die nächste Saison, die weiter ergebnisoffen anhält. "Dazu werde ich nichts mehr sagen", bekannte der 49-Jährige. Er will mit seinen Spielern über den nervösen Auftritt gegen Unterföhring sprechen, den während der Partie auch schon Michael Hofmann lautstark bemängelt hatte. "Ich will jedes Spiel gewinnen", sagte der Torwart am Ende. Er meinte das mit der Tabellenführung also ernst.

SV Heimstetten - Landsberg 1:0

Eine Nachspielzeit beim SV Heimstetten ist immer etwas Besonderes, wahrscheinlich gibt es in der ganzen Republik kein anderes Stadion, in dem nach den regulären 90 Minuten noch so viele Tore fallen wie hier. Diesmal allerdings tat sich: nichts. Und das war gut für den SV Heimstetten, der damit eine knappe 1:0-Führung gegen den TSV Landsberg über die Zeit retten konnte. Und alles andere wäre auch völlig unverdient gewesen. "Wir haben uns spielerisch verbessert in letzter Zeit", findet SVH-Coach Heiko Baumgärtner, und das war diesmal sogar auf dem Kunstrasen neben dem Hauptplatz zu sehen. "Aber wir müssen eben unsere Führungen auch mal besser über die Zeit bringe. Cleverer sein." Einerseits hielt man diesmal den Gegner in der Schlussphase auch geschickt vom eigenen Kasten weg, andererseits ist es verwunderlich, dass Heimstetten die Partie nicht höher gewann - zwei Mal kam man in der gegnerischen Hälfte nicht zum Abschluss, obwohl sich Landsbergs Torwart Tobias Heiland als verzweifelter Torjäger in der gegnerischen Hälfte befand.

In Heimstetten schießt Lukas Riglewski das Siegtor. (Foto: Claus Schunk)

Alles andere als ein Sieg wäre nur ärgerlich gewesen, denn der Erfolg war hoch verdient gewesen. Zunächst war 40 Minuten gar nichts geschehen, Landsberg stand tief, Heimstetten zeigte in seinem Spiel gegen den Ball zu wenig Engagement. Und musste zudem schon nach einer Viertelstunde umstellen, als Dominik Schmitt auf der Bank Platz nahm und sich frustriert die Kapitänsbinde vom Arm riss: Er war nach einem Allerweltsfoul unglücklich auf dem Ellenbogen aufgekommen, danach war ihm schlecht vor Schmerzen.

Nach 40 Minuten kamen die Gastgeber dann auch zu Abschlüssen und erspielten sich ein Dutzend guter Chancen. Die meisten vergab Orhan Akkurt, der Führende der Torjägerliste hat im Kalenderjahr noch nicht getroffen. Siegtorschütze war der lange verletzte Lukas Riglewski, der sich mit zwei Haken Platz verschaffte und aus 15 Metern ins Kreuzeck traf. Heimstetten bleibt damit in Lauerstellung und hat weiter sechs Punkte Rückstand auf den SV Pullach. Das ist auch deshalb wichtig, weil die Raben bekanntlich für den Fall des Aufstiegs eine Spielstätte suchen und das Angebot vorliegt, in Heimstetten zu spielen. SVH-Präsident Ewald Matejka erklärte, dass man Pullach auch dann in Heimstetten spielen lassen werde, wenn man deshalb selbst den Aufstieg verpassen würde. Man trifft übrigens am letzten Spieltag aufeinander.

In Pipinsried verletzt sich Tobias Heinzinger schwer. (Foto: Toni Heigl)

FC Sonthofen - VfR Garching 2:0

Es war eine Woche zum Abhaken für den VfR Garching. Nach der unglücklichen Niederlage zu Hause gegen den FC Pipinsried verlor die Mannschaft von Daniel Weber auch noch 0:2 im Spitzenspiel beim FC Sonthofen. "Der Kunstrasenplatz dort ist besonders klein, 90 mal 56 Meter", erzählte Garchings Abteilungsleiter Franz Hölzl, "da kann man gut verteidigen" - Sonthofen ist als defensivlastige und konterstarke Mannschaft bekannt. Und ging obendrein auch noch früh in Führung. Garching baute in der ersten Halbzeit zu wenig Druck auf, um die Gastgeber in Bedrängnis zu bringen, aus dem Nichts fiel die Führung für die Allgäuer. "Da hat sich bei uns keiner zuständig gefühlt", ärgerte sich Hölzl, und dann drosch Sonthofens Florian Makoru den Ball aus kurzer Distanz ins Tor (9.). Schon beim 2:0 am Ende der ersten Halbzeit wurde man klassisch ausgekontert, Kevin Hailer traf zum 2:0. Unmittelbar nach der Pause hatte Sebastian Loibl die beste Möglichkeit zum Anschlusstreffer, bei seinem Schuss aus 14 Metern "hatten wir alle schon die Arme zum Jubeln hochgerissen", sagte Hölzl. Doch FC-Keeper Kevin Fend bekam irgendwie noch die Finger an den Ball. Danach habe auch einfach das Glück gefehlt, so Hölzl.

Der Verlust des Spitzenplatzes in der Tabelle war aber nicht die schlimmste Nachricht der vergangenen Woche. Am Montag hatte Abwehrspieler Maximilian Knauer der Mannschaft bekannt gegeben, dass er seine Karriere beenden muss. Streng genommen handelt es sich nicht einmal um einen Knorpelschaden, "es ist quasi kein Knorpel mehr vorhanden", sagt der 27-Jährige über sein Knie. Jede Bewegung könne zu einer schweren Verletzung führen, deshalb könne er auch die spannende Saison mit dem VfR nicht zu Ende spielen. Knauer will nun seine geplante Trainerkarriere forcieren und gehört auch schon seit dem Winter dem Trainerstab des Regionalligisten FC Bayern II an. Für die Garchinger ist sein Ausfall ein schwerer Verlust, zumal das Transferfenster erst im Sommer wieder geöffnet wird.

Szenen eines Spieltags: In Pullach begegnen sich Florian Königer (Mitte) und Föhrings Daniel Jungwirth (re.). (Foto: Claus Schunk)

Pipinsried - Schwabmünchen 0:3

Nach dem Spiel saßen Bernd Weiß und Tobias Strobl zusammen in der Gaststube des FC Pipinsried, und eigentlich ist es ja nichts Besonderes, dass sich selbst Trainer zweier rivalisierender Teams etwas ausführlicher austauschen, man kennt und schätzt sich eben. In diesem Fall war es allerdings schon bemerkenswert. Denn Strobl hatte bis zum vergangenen Sommer den FC Pipinsried trainiert, nach einer missglückten Relegation zur Regionalliga war er überraschend zurückgetreten - FCP-Präsident Konrad Höß ist bis heute sauer auf den einstigen Spielertrainer und hatte ihn zur persona non grata auf dem Vereinsgelände erklärt. Doch am Sonntagnachmittag gab sich Höß salomonisch, er blieb der Gaststube selbst einfach fern, so konnte Strobl bleiben. Weiß sagt, ihn interessiere diese Pipinsrieder Vorgeschichte ohnehin nur am Rande, ihn plagen im Moment auch ganz andere Sorgen: Nach der 0:3-Niederlage ist seine Mannschaft wieder voll im Abstiegskampf angekommen, zumal er nun mehrere verletzte Leistungsträger beklagt. Markus Achatz und Arthur Kubica hatten sich beim überraschenden 1:0-Erfolg eine Woche zuvor in Garching verletzt, Kubica fehlt mit einem Muskelriss bis zum Saisonende. Und gegen Schwabmünchen musste auch noch Tobias Heinzinger Mitte der ersten Halbzeit mit einer Knieverletzung vom Feld getragen werden, er wurde sofort ins Krankenhaus gebracht. Der Schock saß tief bei den Pipinsriedern, die nur schwer ins Spiel fanden und ohnehin früh in Rückstand geraten waren. Schon nach zwei Minuten hatte TSV-Angreifer Andreas Rucht aus kurzer Distanz getroffen, "weil wir die Flanke nicht verhindern konnten", so Weiß. In der 7. Minute vergab der zuletzt so zielsichere Manuel Eisgruber die Chance zum Ausgleich, sein Kopfball wurde allerdings von der Torlinie gekratzt. Rucht baute kurz vor der Pause die Führung für die Gäste aus, das dritte Tor durch Michael Zerle fiel dann durch einen erwartbaren Konter (72.). "Aber insgesamt haben wir es gar nicht so schlecht gemacht, wir konnten in der zweiten Halbzeit sogar den Druck erhöhen", so der Pipinsrieder Trainer, ein ums andere Mal habe die TSV-Abwehr den Ball gerade noch aus der Gefahrenzone gebracht. "Wir müssen uns jetzt Gedanken machen", sagt Weiß. Weil so viele erfahrene Leute im Mittelfeld fehlten, müsse womöglich die taktische Ausrichtung für die kommenden Spiele defensiver werden.

SV Erlbach - Wolfratshausen 1:2

Reiner Leitl ging nach dem Spiel gefühlsmäßig aus dem Sattel: "Ich freue mich riesig für meine Jungs", sagte der Coach des BCF Wolfratshausen. "Wir haben so viele Verletzte und es heißt immer, das kann doch nicht gehen. Aber heute haben wir gesehen: Es geht eben doch." Der 2:1-Auswärtssieg der Farcheter beim SV Erlbach lässt den Trainer und seine Mannschaft tief durchatmen. "Wir konnten den Abstand auf die Abstiegsplätze vergrößern, die achtwöchige Vorbereitung trägt Früchte", so Leitl, dessen Elf stark in die Partie startete und durch Werner Schuhmann nach einer Standardsituation in Führung ging (10.). "Wir haben richtig gut agiert, das frühe Tor hat uns natürlich viel Schwung gegeben", so der BCF-Übungsleiter, dem lediglich eine Szene zehn Minuten vor dem Ende etwas die Stimmung verhagelte: Als die Wolfratshauser Defensive einen Ball trotz mehrmaliger Chancen nicht klären konnte. Oder wie es Leitl ausdrückte: "Den hätten wir löschen müssen." Doch es blieb brandgefährlich und Simon Salzinger traf zum Ausgleich. Der Startschuss für eine dramatische Schlussphase, in der der Tabellenvorletzte Erlbach alles riskierte, um einen Befreiungsschlag im Abstiegskampf zu landen. Weil jedoch zunächst Johannes Maier die dicke Gelegenheit zum 2:1 für den SVE ausließ und die Gäste in der Nachspielzeit einen perfekten Konter spielten, den Jona Lehr abschloss (90.+5), behielten die Farcheter am Ende die Punkte.

1860 Rosenheim - Dachau 1:0

Wer weiß, wie die Begegnung ausgegangen wäre, hätte Oliver Wargalla den TSV Dachau 65 beim Gastspiel in Rosenheim in der zwölften Minute in Führung gebracht. Doch 1860-Torwart Dominik Süßmeier konnte mit einem sensationellen Reflex den Einschlag verhindern (12.). Kurz danach gelang Georg Lenz per Kopf das überraschende 1:0 für Rosenheim (24.). Nach der Pause drängten die Gastgeber zunächst auf eine höhere Führung, scheiterten jedoch gleich zwei Mal an 65-Keeper Maximilian Mayer. Dachau wurde in der Schlussphase immer stärker, drängte und drückte und hatte in der Nachspielzeit die größte Ausgleichschance, doch Franz Hübl scheiterte mit seinem Kopfball.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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