Frauenfußball:Trommeln für die Frauen

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Auch Leonie Maier, Olympiasiegerin, Europameisterin und deutsche Meisterin, betritt trotz ihrer Erfolge am Donnerstag gegen Paris Neuland. (Foto: imago/foto2press)

Die Fußballerinnen des FC Bayern hoffen auf volle Ränge bei der Viertelfinal-Premiere in der Champions League. Selbst Klubpatron Uli Hoeneß wirbt kräftig für das Spiel im Grünwalder Stadion gegen Paris.

Von Anna Dreher, München

Thomas Wörle hätte sich an diesem Abend durchaus aufregen können, jeder hätte das verstanden. Aber der Trainer der Fußballerinnen des FC Bayern München analysierte ruhig die eben erlittene 0:2-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg im Pokalviertelfinale. Er war nicht zufrieden. Aber dieses Ergebnis konnte er sich wenigstens erklären.

Was er sich nicht erklären konnte, war die äußerst spärlich besetzte Tribüne im Grünwalder Stadion. Gerade einmal 500 Zuschauer waren zu dem Spitzenspiel gekommen - obwohl die Konstellation aus Meister München und Pokalsieger Wolfsburg wie ein vorgegriffenes Finale erschien. Selbst Bayerns Ligadurchschnitt liegt höher: "Das ist schon eine große Enttäuschung", fand Wörle, "das ein derart top besetztes Viertelfinale an einem Mittwochabend vor so einer schwachen Kulisse stattfindet, kann ich nicht verstehen."

Der erhoffte Heimvorteil war keiner und nur drei Tage später verlor Bayern München erneut gegen den VfL, dieses Mal in der Bundesliga. Im Pokal ausgeschieden, in der Liga mit sechs Punkten Rückstand auf Tabellenführer Potsdam Dritter: Die Fortsetzung der Saison, in der die Bundesliga-Frauen erstmals in drei Wettbewerben überwinterten, hatten sie sich anders vorgestellt. Die geringe Zuschauerzahl war eine zusätzliche Enttäuschung, auf die der FCB gerne verzichtet hätte.

Vor dem ersten Champions-League-Viertelfinale in der Geschichte der Fußballerinnen der Münchnerinnen gegen Paris Saint-Germain (19 Uhr, Grünwalder Stadion) ist die Hoffnung auf ein Erfolgserlebnis also groß. Entsprechend früh hatte der Verein angefangen, für das Spiel zu werben. Damit genau das nicht passiert: Ein quasi leeres Stadion gegen eine der besten europäischen Mannschaften.

Die 500 Zuschauer vom Pokalspiel gegen Wolfsburg empfand Trainer Wörle als "große Enttäuschung"

An den Ausfällen zahlreicher wichtiger Spielerinnen wie Simone Laudehr, Nora Holstad, Melanie Leupolz oder Mana Iwabuchi konnte Bayern München vor dem Spiel nichts ändern. An der geringen Zuschauerzahl, so die Erwartung, vielleicht schon. Großflächige Plakate an Litfaßsäulen in der Stadt, Werbung in sozialen Medien mit dem Slogan "Wir volle Pulle, ihr #Volle-Hütte", Videoclips mit Philipp Lahm - und schließlich noch die Empfehlung von oberster Stelle: "Wer ins Stadion kommt, wird sehen, wie gut unsere Frauen Fußball spielen", sagte Vereinspräsident Uli Hoeneß in einem Interview auf der Klubseite. Er sei sich sicher, dass das ein spannender Abend werde. "Auch deswegen ist es mir wichtig, dass das Grünwalder gegen Paris möglichst voll ist. Meine Hoffnung ist, dass einige auch danach wiederkommen."

Zwischen zwei- und dreitausend Zuschauer zu jedem Heimspiel, das sei sein größter Wunsch. Eigentlich aber hätten die Frauen drei-, vier-, fünftausend Zuschauer verdient. "Ich werde auch versuchen, den einen oder anderen unserer Männer-Profis mit zum Spiel zu nehmen", sagte Hoeneß, der lange nicht gerade als Fan des Frauenfußballs bekannt war. "Auch um Solidarität zu zeigen. Man kann nicht immer nur miteinander auf dem Rathausbalkon feiern, sondern muss auch mal da sein, wenn es schwierig ist. Und dieses Spiel wird extrem schwierig."

Paris Saint-Germain ist mit Olympique Lyon, am gleichen Abend Gegner des VfL Wolfsburg, das dominierende Team im französischen Frauenfußball. Trotz großer personeller Umbrüche im Sommer ist die Mannschaft von Patrice Lair hinter Lyon Tabellenzweiter. Während die Vereinsführung noch von einem Aufbaujahr spricht, will der Erfolgstrainer, der bislang mit seinen Teams vier Mal Meister, fünf Mal Pokalsieger und zwei Mal Champions-League-Sieger wurde, in seiner Premierensaison bei Paris gleich Titel holen - in möglichst allen Wettbewerben. Eine Einstellung, die das Team zu beflügeln scheint, das Selbstbewusstsein der Pariser Mannschaft ist jedenfalls groß. "Wir haben hier letzten Sommer ein neues Projekt gestartet. Wir sind in einem Prozess, der bis jetzt viel schneller fortschreitet, als wir es erwartet haben", sagte Veronica Boquete, die bis vergangene Saison noch in München unter Vertrag stand. "Wir sind überzeugt, dass wir es in der Champions League bis ins Finale nach Cardiff schaffen können."

Der Vorteil, durch das Pokal-Aus eine geringere Belastung als die Gäste aus Paris zu haben, schlägt für die Bayern nur eine Woche nach dem Ausscheiden nicht zu Buche. Zumal Thomas Wörle nach wie vor auf acht Spielerinnen verzichten muss. Für die Münchnerinnen ist es das dritte Spiel in 19 Tagen. Auf internationales Flair am Donnerstag folgt am Sonntag das Ligaduell gegen Bayer Leverkusen und schließlich am 29. März das Rückspiel im Parc des Princes in Paris. "Was war ist abgehakt. Wir nehmen immer noch an zwei Wettbewerben teil, für uns ist noch alles drin. Wir träumen bis zum Schluss", sagt Bayerns Spielführerin Melanie Behringer. Vorerst von einem gut gefüllten Stadion.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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