FCB-Basketball-Junioren:Scouting im Schwimmbecken

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Trainer Oliver Kostic. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Nach dem U19-Meistertitel wollen die Bayern-Basketballer ihre Talentsichtung auf andere Sportarten ausdehnen

Von Matthias Schmid, München

Fast täglich gehen bei Volker Stix und Marko Pesic Postsendungen aus der ganzen Welt ein. Es sind Bewerbungsschreiben an die beiden Geschäftsführer des FC Bayern von mehr oder weniger begabten Basketballern, die auf eine Zukunft in München hoffen. Dem Lebenslauf liegt meistens ein Video bei, mit den tollsten Leistungen der aufstrebenden Athleten. In den meisten Fällen verschwinden die Zuschriften in der Mülltonne. "Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden, als darauf einzugehen", sagt Pesic.

Doch der Münchner Weg, überwiegend auf Spieler aus der Region zu setzen, hat nun dazu geführt, dass die Anziehungskraft des FC Bayern seit dem Wochenende weltweit weiter wachsen wird, seit Sonntag dürfen sich die Münchner erstmals in der Vereinshistorie mit dem Titel des deutschen U19-Meisters schmücken. "Die Jungs haben uns nach außen super vertreten", sagt Pesic, der den 69:59-Finalsieg gegen Eintracht/Skyliners Frankfurt in der Hagener Halle hautnah miterlebt hat. Pesic, 38, fühlte sich auf der Tribüne an seine eigene Karriere erinnert, als die Eltern vor Glück weinten. Mit Lichterfelde hatte er einst die deutsche A-Jugendmeisterschaft gewonnen, ein unvergesslicher Moment für den ehemaligen Nationalspieler. Noch heute. Er habe den Jungs hinterher gesagt, erzählt Pesic, dass sie diese Erfahrung ihr Leben lang nicht mehr vergessen werden. "Es ist ja klar, dass nicht alle von ihnen später Profibasketball spielen werden."

Doch genau darauf ist das Nachwuchsprogramm des FC Bayern ausgelegt, sie geben einen niedrigen siebenstelligen Betrag jährlich dafür aus, dass später mal im Klub ausgebildete Basketballer in der eigenen Profimannschaft stehen, Spieler wie Paul Zipser. "Auch aus diesem Team haben vier, fünf Spieler das Zeug dazu", sagt Pesic. Namen will er öffentlich nicht nennen, die daraus entstehende Erwartungshaltung könnte die Spieler in ihrer weiteren Entwicklung hemmen. Der Bayern-Geschäftsführer will gemeinsam mit Stix und dem ehrenamtlichen Abteilungsleiter Andreas Minges künftig noch größere Anstrengungen unternehmen, um in der Region München und in ganz Oberbayern nach talentierten zehn- bis zwölfjährigen Spielern zu fahnden. Pesic will die Talentsichtung sogar auf andere Sportarten ausdehnen, Bayern-Scouts sollen demnächst auch Meisterschaften in der Leichtathletik oder im Schwimmen besuchen, "um Sport treibende Kinder und Jugendliche für den Basketball zu begeistern und zu gewinnen".

Richard Freudenberg gehört neben dem im Endspiel verletzten Kapitän Sebastian Schmitt zu den Hochbegabten aus der Meistermannschaft, die Pesic meint, wenn er über außerordentliche Talente spricht, für die der Profibasketall kein verwegenes Ziel ist. Freudenberg ist erst 16 Jahre alt, aber ragte im Endspiel mit 24 Punkten schon aus dem Kollektiv heraus. Speziell um ihn hatte sich der Bayern-Nachwuchstrainer Oliver Kostic in den vergangenen Wochen gekümmert, individuell trainiert. Der Teenager haderte zuletzt viel mit seinem Spiel und seinen Wachstumsschüben. Coach Kostic trägt am Triumph den wohl größten Anteil. "Ich bin unglaublich stolz auf meine Mannschaft", sagt der 42-Jährige: "Sie hat so viel geleistet, angenommen und umgesetzt."

Dabei war im Sommer noch nicht abzusehen, dass die Münchner am Ende den Meisterpokal hochhalten würden. Nach dem überraschenden Rücktritt von Kostic' Vorgänger Felix Czerny waren Spieler und Eltern dem Nachfolger zunächst eher skeptisch begegnet. Sie kannten den Serben nicht, der jahrelang nur im Profibasketball mit Männern gearbeitet hat und keine Erfahrung mit jungen Spielern vorweisen konnte. "Oliver hatte es in den ersten zwei, drei Monaten schwer gehabt", sagt Pesic. Manche hatten befürchtet, dass er mit seinem harten Training und seinen strengen Vorgaben die Mannschaft überfordern könnte. Es hat einige Zeit gedauert, bis alle gemerkt haben, "dass er die Jungs nur auf die Karriere als Profibasketballer vorbereiten möchte", sagt Pesic.

Schon vor dem Finalsieg hatte die Nachwuchs-Bundesliga Kostic zum Trainer des Jahres gekürt. Pesic ist guter Dinge, dass die Zusammenarbeit Bestand hat. "Der Vertrag ist noch nicht unterschrieben", sagt der Sportdirektor, "aber ich denke, dass Oliver bleibt." Er sei der Richtige für den Münchner Weg. Ohne Unterstützung aus der ganzen Welt.

© SZ vom 19.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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