Eishockey:Team Kanada

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Münchens Richie Regehr erobert im Duell mit Nürnbergs Steven Reinprecht die Gunst eines Bob- und Skeletonteams aus seiner Heimat. Neben den Sympathien gewinnt der EHC auch das Spiel - weil seine Abwehr die Paradereihe der Ice Tigers nicht zur Entfaltung kommen lässt

Von Christian Bernhard, München

Um eines sofort klarzustellen: Die Auswahlmöglichkeit war alles andere als schlecht. Auf der einen Seite ein Stanley-Cup-Sieger und Weltmeister, auf der anderen einer der besten Verteidiger der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) der vergangenen Jahre und dreimaliger DEL-Meister. Ohne es zu wissen, hatten Nürnbergs Steven Reinprecht und Münchens Richie Regehr, beide Kanadier, am Dienstagabend um die Gunst der kanadischen Bob- und Skeleton-Nationalmannschaft gebuhlt; die bestens gelaunte Reisegruppe entschied sich schließlich für Regehr, wohl auch, weil sie sich derzeit im Münchner Olympia-Stützpunkt auf die in einer Woche beginnende Weltmeisterschaft in Winterberg vorbereitet. Von der Tribüne der Münchner Olympia-Eishalle aus unterstützte sie den EHC jedenfalls lautstark und mit vollem Einsatz.

Ob der EHC deshalb das Derby 4:2 gewann, sei dahingestellt. Fest steht, dass er seine Sache gegen die formstarken Nürnberger sehr gut machte - offensiv wie defensiv. Die vier Treffer durch Yannic Seidenberg (2.), David Meckler (22.) und Jon DiSalvatore (48., 57.) seien wichtig gewesen, sagte Münchens Trainer Don Jackson, "da unsere Offensive in der letzten Saisonphase nicht so stark war". Noch beeindruckender war allerdings die EHC-Defensivarbeit. "Nach der Heimniederlage gegen Mannheim wurde angesprochen, dass wir mehr Zweikämpfe gewinnen und aggressiver spielen müssen", sagte Seidenberg, der Schütze des frühen Führungstreffers.

Dieses Vorhaben gelang, der EHC war entschlossener und bissiger, er hatte die Nürnberger, die zuvor neun von elf Spielen gewonnen hatten, sehr gut im Griff - besonders deren gefürchtete Offensive, angeführt von der punktbesten Angriffsreihe der Liga um Patrick Reimer, Steven Reinprecht und Yasin Ehliz. Sagenhafte 24 Scorerpunkte hatte das Trio alleine in den drei Spielen vor dem Derby gesammelt, in München scorte lediglich Reinprecht, allerdings erst 16 Sekunden vor Schluss, als die Partie längst entschieden war.

"Das Gefühl, eine so starke Offensive wie die der Nürnberger zu kontrollieren, ist mit Blick auf die Playoffs eine tolle Motivation", sagte Jackson. Die Viertelfinalteilnahme der Münchner ist nun auch mathematisch fix, es ist die erste in der DEL-Geschichte des EHC. Im Mitteldrittel, in dem die Franken zugegebenermaßen viel auf der Strafbank saßen (David Printz kassierte nach einem Check gegen die Bande an Dominik Kahun eine Fünf-plus-Spieldauer-Disziplinarstrafe), ließ der EHC nur drei Torschüsse zu, selbst im ausgeglichenen ersten Drittel waren den Franken nur sieben gelungen. "Der EHC hat uns keine Bewegungsräume gegeben", konstatierte Nürnbergs Trainer Martin Jiranek, München habe "verdient gewonnen".

Daran konnte auch Nürnbergs Torhüter Jochen Reimer trotz 37 Paraden nichts ändern. Für den 29-Jährigen war die Partie keine wie jede andere, schließlich war er nach seinem Wechsel zu den Ice Tigers im Sommer erstmals als Gegner nach München gekommen. Dorthin, wo er zuvor jahrelang Publikumsliebling gewesen war. Bei seiner doppelten Rückkehr - es war nach einer Oberschenkelverletzung auch sein erstes Spiel nach knapp drei Monaten - wurde er früh von Seidenberg bezwungen, avancierte im Verlauf des Spiels aber zu einem großen Rückhalt und hielt seine Mannschaft speziell im Mitteldrittel in einer fünfminütigen Unterzahlphase mit teils spektakulären Paraden im Spiel, wie etwa gegen Mads Christensen (34.), als er eigentlich schon bezwungen war, irgendwie aber doch noch seine Fanghand an den Puck bekam.

Gegen Ende der Partie ertönte hinter ihm aus der Münchner Kurve "Reimer, du A...loch", die wenig netten Worte galten allerdings nicht ihm, sondern seinem Bruder Patrick, der sich eine Rauferei mit Seidenberg geliefert hatte. Nach Spielschluss warteten bereits auf dem Eis mehrere Mikrofone auf den Torhüter, er war ein gefragter Mann an seiner alten Wirkungsstätte. Als er alle Fragen beantwortet und im Dunkeln das Eis verlassen hatte, übernahmen wieder die kanadischen Gäste die Bühne. Einer der Bobfahrer sprang auf dem Eis wild umher, machte mehrere "Diver" und heizte dann noch der Münchner Kurve ein, die ihn gebührend feierte. Es war das passende Ende eines launigen, rundum gelungenen Abends aus EHC-Sicht.

© SZ vom 19.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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