Eishockey-Oberliga:Notizen aus der niederländischen Provinz

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Dritter Sieg im dritten Playoff-Duell mit Landshut: Die Tölzer Löwen stehen als erster Viertelfinalist fest. Die schnelle Entscheidung hat einen Nachteil, sie müssen zwei Wochen auf ihren nächsten Gegner warten.

Von Max Ferstl, Bad Tölz

Axel Kammerer hat geschimpft, gestikuliert, seinen Kaugummi aus Wut in die Ecke gefeuert. Er hat auf seinem Notizblock einige vermutlich kritische Beobachtungen festgehalten. Zum Beispiel könnte dort stehen: wacklige Abwehr, fahrlässige Chancenverwertung, Gegentor trotz eigener doppelter Überzahl. Als Kammerer am Ende seinen Arbeitsplatz verließ, hatte er dennoch ein Lächeln angeknipst. Ein Gewinnerlächeln.

Im Eishockey kann es manchmal ziemlich schnell gehen. 28 Sekunden vor Schluss der regulären Spielzeit hatte Kammerer, Trainer des Eishockey-Oberligisten Tölzer Löwen, eine Auszeit genommen, seine Mannschaft lag gegen Landshut 3:4 zurück. Vier Sekunden später lag der Puck im Landshuter Tor.

Neuntes Spiel, neunter Saisonsieg gegen Landshut: "Das muss ein Rekord für die Ewigkeit sein."

Ein Schlenzer von Christian Kolacny hatte sich irgendwie den Weg ins Netz gebahnt, Kapitän Florian Strobl hatte die Scheibe noch abgefälscht. Kurz darauf in der Verlängerung kurvte Strobl um Landshuts Torhüter Patrick Berger herum und vollendete zum 5:4. Die Tölzer hatten eine Partie gewonnen, die sie laut Kammerers Notizblock nicht hätten gewinnen dürfen. "Ob verdient oder nicht, das sei mal dahingestellt", sagte Kammerer. Sein Grinsen verriet, dass es ihm ziemlich egal war.

Die Tölzer haben sich in der "Best-of-five"-Serie mit 3:0 Siegen gegen Landshut durchgesetzt. Ihnen ist ein "Sweep" gelungen, wie man im Eishockeydeutsch so einen Durchmarsch nennt. Die Bezeichnung (engl. "wegfegen") täuscht ein wenig darüber hinweg, dass es jeweils enge Spiele waren. Beim 3:0 am vergangenen Freitag fielen die Tölzer Tore erst im Schlussdrittel, beim 2:1 am Sonntag drängten die Landshuter heftig auf den Ausgleich. Nun, am Dienstag, hatte der EVL die Löwen "am Rande der Niederlage", wie Landshuts Co-Trainer Thomas Daffner feststellte. Doch Daffner musste einsehen, dass es in dieser Saison zu den Tölzer Kernkompetenzen gehört, enge Spiele für sich zu entscheiden. Vorzugsweise gegen Landshut.

Jubel-Löwen: Julian Kornelli, Zweiter von links, hat soeben das 3:4 erzielt, 23 Sekunden vor Schluss gleicht Florian Strobl (rechts) zum 4:4 aus. In der Verlängerung trifft der Tölzer Kapitän dann auch noch zum 5:4. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Neun Mal haben beide Teams gegeneinander gespielt, sechs Mal in der Hauptrunde, drei Mal in den Playoffs. Alle neun Partien haben die Löwen gewonnen, fünf davon mit nur einem Tor Unterschied. "Das muss ein Rekord für die Ewigkeit sein", glaubt Kammerer. Wie in den vorangegangenen Partien hatten sich die Landshuter am Dienstagabend keineswegs schlecht verkauft. Clever hatten sie die Tölzer in einen wilden Schlagabtausch verwickelt. Wohl wissend, dass von einem rhythmischen Spielverlauf eher die Tölzer mit ihren schnellen Spielzügen profitieren. "Wir haben heute taktisch nicht so diszipliniert gespielt", fand Kammerer. Doch als es wirklich zählte, beförderten die Löwen den Puck eben doch ins Tor. "Wir haben uns dieses Selbstverständnis erarbeitet. Den festen Glauben daran, dass es erst nach 60 Minuten vorbei ist und wir immer zurückschlagen können."

Die Tölzer haben sich nun als erstes Team fürs Viertelfinale qualifiziert. Während sich die Gegner noch in zähen Serien beharken, dürfen die Tölzer bereits über ihre nächste Aufgabe spekulieren. Am späten Dienstagabend, im VIP-Raum des Eisstadions, kreisten die Diskussionen schon um den potenziellen Kontrahenten für das Viertelfinale. "Liegt Tilburg wirklich in Holland?" Tut es. Genauer gesagt: in den Niederlanden, Provinz Nordbrabant.

Die Tilburg Trappers haben die Hauptrunde in der Oberliga Nord als Vierter abgeschlossen. Setzen sich alle favorisierten Mannschaften durch, träfe Tölz, der Meister der Oberliga Süd, auf Tilburg. "Ich befürchte, dass es so laufen wird. Die Oberliga Nord hat ein starkes Leistungsgefälle", sagt Kammerer. Die Niederländer haben vergangene Saison die Meisterschaft gewonnen und sich den Ruf erarbeitet, ein "sehr unangenehmer Gegner" zu sein. Recht viel mehr weiß Kammerer noch nicht, "ich habe kein Bild im Kopf, wie sie spielen". Deshalb will er kommende Woche eine Erkundungstour in den Norden unternehmen, sobald sich der tatsächliche Gegner abzeichnet. Das ist der Vorteil an der merkwürdigen Zwangspause, die seine Löwen nach ihrem Marsch durch die erste Runde nun einlegen müssen. Denn im Norden beginnen die Playoffs erst am kommenden Freitag, das Viertelfinale beginnt am 31. März. Die Tölzer haben also mehr als zwei Wochen frei.

"Das ist ärgerlich, wir würden am liebsten weiterspielen", sagt Florian Strobl. Auch Axel Kammerer gefällt die Pause nicht. Immerhin: Einige Spieler können nun Blessuren auskurieren. Außerdem will Kammerer an den Unzulänglichkeiten feilen, die sich am Dienstag eingeschlichen haben. Allzu große Sorgen, die Pause könnte sein Team aus dem Rhythmus werfen, macht er sich jedenfalls nicht: "Wir haben einen Lauf." Auch ein schöner Schlusssatz für seine Aufzeichnungen.

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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