Eishockey-Oberliga:Andere Schiene

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EHC Klostersee ersetzt Brance Orban durch den NHL-erfahrenen Tomas Kana

Von Andreas Liebmann, Grafing

Die neue Personalie beim EHC Klostersee klingt spektakulär. Sie beinhaltet vieles, was sie zu einer guten Nachricht macht: Sie bricht mit Traditionen; bringt einen Hauch NHL in die Eishockey-Oberliga; überraschend kommt sie außerdem. Nur mit Oliver Bierhoff hat sie rein gar nichts zu tun. Und doch fällt dem Klubchef Alexander Stolberg ausgerechnet eine Begebenheit mit dem Manager der deutschen Fußball-Nationalelf ein, um zu erklären, wieso sein Verein den Tschechen Tomas Kana verpflichtet hat.

Das Wichtigste vorweg: Kana ist 26, Stürmer, 1,83 Meter groß. Vor acht Jahren wurde er in der zweiten Runde von den St. Louis Blues gedraftet und innerhalb der National Hockey League an die Columbus Blue Jackets abgegeben, wo er 2009/10 sechs NHL-Einsätze bekam. 99 Mal stand er in der American Hockey League auf dem Eis (18 Tore/17 Assists), er durchlief alle Junioren-Nationalteams seines Landes. Zuletzt spielte er in der zweiten tschechischen Liga. Kurz: Vieles spricht dafür, dass Kana fast zu gut ist für die dritte deutsche Liga. Was direkt zu Bierhoff führt. Denn Stolberg, ein Rechtsanwalt, hatte mal die undankbare Aufgabe, in einem Gaudispiel gegen Bierhoff zu verteidigen. Seitdem weiß er, wie es ist, wenn der Gegenspieler nicht mal daran denkt, einen Ball anzunehmen, geschweige denn, ihn am Fuß zu führen - sondern ihn mit jedem ersten Kontakt weitergibt. "Das ist ein Zeichen von Qualität", ist sich Stolberg sicher - und meint Kana, nicht Bierhoff. Denn das sei ihm im ersten Training neben läuferischer Qualität und einem "überdurchschnittlichen Handgelenkschuss" am meisten aufgefallen: dass Kana jeden Puck sofort weiterleitet.

Kana wird Brance Orban ersetzen, dessen Vertrag aufgelöst wurde. Klostersee drapiert sein Team nämlich seit Jahren um zwei ausländische Profis herum, und in dieser Schlüsselrolle sahen sie Orban wegen eines Schulterleidens als Wagnis.

"Wir waren ja immer auf der Nordamerika-Schiene unterwegs", erläutert Stolberg die übliche Transferpraxis. Er kennt sich aus in Übersee, spürt dort dank guter Kontakte immer wieder Leistungsträger zu günstigen Konditionen auf, etwa Jared Mudryk, Patrick White oder Michael Dorr. Seit dem Abschied des Tschechen Petr Zajonc vor sechs Jahren haben Osteuropäer in Grafing daher keine Rolle mehr gespielt. Doch der amerikanische Markt habe aktuell nichts hergegeben, sagt Stolberg. Kana wiederum sei zuletzt nicht gut mit seinen Trainern klargekommen, sei zu viel mit Defensivaufgaben belastet worden: "Sein Selbstvertrauen ist down."

Kanas Agent habe ihm nun geraten, sich selbiges in Deutschland zurückzuholen - und Klostersee warb intensiv um ihn. "Dieser Transfer muss sitzen", erläutert Stolberg, zumal der junge Stürmer Raphael Kaefer sechs Wochen wegen einer Schulterverletzung fehlt. Nun wird es also darum gehen, dass sich Kana wohlfühlt in Grafing, dass er Selbstvertrauen findet. Dann könnte er ein Glücksgriff sein. Kanas Debüt an diesem Freitag wird einen interessanten Vergleich bieten: Die Selber Wölfe sind zu Gast. Angeführt vom Kanadier Jared Mudryk.

© SZ vom 31.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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