Eishockey:Füße bewegen!

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Don Jackson zieht nach dem Derbysieg des EHC München gegen Augsburg eine positive Zwischenbilanz. Der Trainer macht aber auch deutlich, dass er von seinem Team noch mehr erwartet

Von Christian Bernhard, München

Manchmal reicht ein Blick in das Gesicht eines Menschen, um zu verstehen, was in ihm vorgeht. Der Gesichtsausdruck von James Bettauer, Verteidiger der Augsburger Panther, besagte am Sonntagnachmittag zum Beispiel eindeutig: Ich habe Schmerzen. Große Schmerzen. Man sah das bis unters Stadiondach der Münchner Olympia-Eishalle. Bettauer hatte soeben einen Schuss mit dem Fuß geblockt, der Schmerz zwang ihn zu Boden. Allerdings war jener Moment denkbar ungünstig, um einen Mann zu verlieren, also schob ihn sein Teamkollege Michael Connolly Richtung Spielerbank, damit ein frischer Augsburger aufs Eis konnte. Bettauer erlebte den Abschiebevorgang auf seinen Knien.

Augsburg und der EHC München lieferten sich am zehnten Spieltag der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) einen harten Kampf, das Duell der bayerischen Rivalen hatte alles, was man von so einem Spiel verlangt. Tempo, Dramatik, Emotionen. Bis zu sieben Spieler gleichzeitig saßen auf der Strafbank. Wie es dazu kam, wisse er gar nicht, sagte EHC-Verteidiger Benedikt Brückner, "auf einmal waren wir alle da drinnen. Derby halt." Das Tempo war so hoch, dass Münchens Toni Ritter bei einem Vollsprint ungewollt einen der Schiedsrichter über die Bande auf die Augsburger Bank drückte. Wie ein Käfer auf dem Rücken lag der Unparteiische kurze Zeit regungslos da, ehe ihn die Augsburger Spieler zurück aufs Eis hievten.

Das Derby gab wirklich viel her, die Trainer hatten nach der Pressekonferenz aber erst einmal über etwas anderes zu plaudern. Münchens Chefcoach Don Jackson berichtete von der Stanley-Cup-Jubiläumsfeier der Edmonton Oilers, für die er vergangene Woche nach Kanada gereist war, 30 Jahre, nachdem er mit dem Team um den Superstar Wayne Gretzky den Pokal geholt hatte. Ein epischer Moment sei das gewesen, Teil der Feier zu sein, schwärmte er. Dafür hatte er sogar das Freitagsspiel bei Tabellenführer Mannheim sausen lassen - und eine 0:4-Pleite verpasst.

Erleichtert nach dem Derby-Sieg: Nach zuletzt vier Niederlagen in fünf Partien war der Erfolg gegen Augsburg nicht selbstverständlich. (Foto: imago/GEPA pictures)

Nach dieser vierten Niederlage in den zurückliegenden fünf Partien war der Sieg gegen die stark in die Saison gestarteten Augsburger also keinesfalls selbstverständlich. Aber wichtig, betonte Jackson. Der EHC-Trainer zog hinterher eine erste Saison-Zwischenbilanz. "Wir haben uns in der Tabelle vorne festgesetzt", sagte der 58-Jährige, "es ist sehr wichtig, dass wir in einer guten Position sind." Sechs der zehn Spiele haben die Münchner gewonnen, durch den Sieg gegen Augsburg schnappten sie sich wieder Platz zwei und verkürzten den Rückstand auf Mannheim auf fünf Punkte. Brückner unterstrich, das Team müsse sich "sowieso nach oben orientieren", und Verteidigerkollege Daryl Boyle, der nach drei Jahren in Augsburg erstmals gegen die Panther gespielt und beim letzten EHC-Tor von Jon DiSalvatore einen Scorerpunkt verbucht hatte, sagte: "Wir können das Topteam der Liga sein."

Gegen Tabellenführer Mannheim war davon freilich wenig zu sehen gewesen. Jackson, der die Partie in Kanada via Internet verfolgt hatte und in ständigem SMS-Austausch mit Manager Christian Winkler stand, zeigte sich enttäuscht von der Vorstellung seiner Mannschaft. Speziell gegen die Topteams müssten seine Spieler ihre Füße mehr bewegen, sagte er am Sonntag, er meinte damit: Der eisläuferische Aspekt, auf den er sehr viel Wert legt, müsse besser werden. Dasselbe Phänomen fiel ihm auch beim Augsburg-Spiel auf. Die Füße hätten "gestoppt", sagte er, zudem habe seine Mannschaft im Mitteldrittel "ein bisschen geschlafen". Yannic Seidenberg, der gegen die Panther seinen dritten Saisontreffer erzielte, was ihn in der internen Torschützenliste auf Rang drei brachte, obwohl er in der nominell vierten Linie spielt, stimmte seinem Trainer zu: "Wie in den Spielen zuvor schaffen wir es momentan nicht, konzentriert über 60 Minuten zu spielen." Dadurch habe es sich der EHC wieder einmal "unnötig schwer" gemacht.

Und auch ein wenig das Glück strapaziert. Drei Minuten vor Schluss hatte Augsburgs Daniel DaSilva in Überzahl die Riesenchance zum 4:4, haute nach einem feinen Querpass von T.J. Trevelyan aber aus idealer Position über die Scheibe. Bettauer war da noch schmerzfrei, sein kurioser Abschied erfolgte eine Minute später.

© SZ vom 14.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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