Eishockey:Dänisches Dynamit

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Das Zähnefletschen hat er in den USA gelernt: Markus Lauridsen. (Foto: Markus Fischer/imago)

"Ich kann auch ein Dreckskerl sein": Vor allem ist EHC-Zugang Markus Lauridsen pfeilschnell.

Von Christian Bernhard, München

Es gibt leichtere Aufgaben, als Don Jackson in Sachen Eishockey zu überraschen. Zu lange ist der 60-jährige Trainer des EHC Red Bull München schon im Geschäft, zu viel hat er gesehen. Markus Lauridsen ist es dennoch gelungen. "Oh boy", sagt Jackson, "er ist ein noch besserer Skater, als ich dachte." Lauridsen mache alles mit Tempo, sagt er, er passe schnell, wechsele zügig die Richtung und schieße schnell. "Er hat mich überrascht."

Manchmal habe er noch diesen "Was mache ich hier bloß"-Blick, sagt sein Trainer Don Jackson

Der Däne, den die Münchner vom schwedischen Erstligisten Leksands IF verpflichteten, ist nur einer von drei Neuen beim EHC. Anders als Patrick Hager (davor Köln) und Ryan Button (Iserlohn) betritt der 26-Jährige in München Neuland - nicht nur wegen der neuen Stadt und den neuen Teamkollegen, von denen er bis auf seinen Nationalmannschaftskollegen Mads Christensen keinen kannte. Lauridsen muss wie alle Verteidiger erst einmal mit Jacksons besonders für Abwehrspieler speziellem Spielsystem klarkommen. "In gewissen Spielsituationen sieht man ihm noch diesen 'Was mache ich hier bloß?'-Blick an", sagt Jackson, doch das stellt für die Trainer kein großes Problem dar. Es brauche nur etwas Zeit, erklärt Jackson, "speziell wenn einer es so verstehen will, wie er es tut." Lauridsen zweifele es nicht an oder mache sich Sorgen, dass er es nicht schaffe. "Er weiß, dass er es kann. Und es gefällt ihm." Das laufintensive, auf Positionsänderungen basierende System sei definitiv speziell, sagt Lauridsen. "Teile davon kannte ich schon, aber alles zusammen macht es anders als bei den meisten anderen Teams."

Angst vor Herausforderungen hat er nicht, das bewies er schon als kleiner Junge. Obwohl seine Mutter zu Beginn besorgt war, da sie Eishockey als gefährlich und brutal empfand, stand Lauridsen schon mit knapp fünf Jahren auf den Schlittschuhen. Er eiferte seinem zwei Jahre älteren Bruder Oliver nach. "Wir waren sofort infiziert", erzählt Lauridsen, "ich habe immer versucht, so gut wie er zu werden." Die Brüder spielten jeden Tag, daheim, auf der Straße. Markus musste ins Tor, denn Oliver wollte schießen, schießen, schießen. Schließlich sind beide Abwehrspieler geworden. Der Ältere hat es kurzzeitig in die NHL geschafft, heute spielt er bei Jokerit Helsinki. Der spielstärkere der beiden ist aber der Münchner. Patrick Hager attestiert ihm ein "sehr gutes Auge" und "super Pässe von hinten raus", zudem trete er auf beiden Seiten des Eises "richtig gut" auf, sagt der deutsche Nationalspieler. Hager findet, man könne Lauridsen in jeder Situation aufs Eis schicken. Lauridsen bestätigte das gleich im ersten Pflichtspiel. Beim 6:2-Heimsieg zum Auftakt der Champions Hockey League (CHL) gegen Krakau (das Rückspiel findet diesen Freitag statt) erzielte er das 2:1, weil ihn seine leichtfüßig anmutenden Schlittschuh-Fähigkeiten direkt vors gegnerische Tor brachten. Auch defensiv machte er seine Sache gut.

Abseits des Eises sei Lauridsen wie die meisten Spieler aus Europas Norden sehr ruhig, sagt Hager - und greift damit in die Klischee-Kiste. Doch Lauridsen bestätigt Hagers Eindruck. "Ich habe meine laute Seite als Kind ausgelebt, jetzt bin ich sanfter", sagt er, "aber ich habe Temperament und kann auf dem Eis auch ein Dreckskerl sein." In ihm stecke "auf jeden Fall auch danish dynamite". Das hat er in Nordamerika gut brauchen können. Lauridsen kam 2010 in die USA, nach zwei Spielzeiten in der USHL, der besten US-Juniorenliga, lief er drei Spielzeiten lang für die Lake Erie Monsters in der AHL auf. Dort hat er sogar miterlebt, wie sein Torhüter Reto Berra ein Tor erzielte. Mit der Mentalität, die in den nordamerikanischen Ligen unter der NHL herrscht, ist er aber nicht warm geworden. "Ich hatte es dort nicht ganz leicht", erzählt er. Der Däne konnte wenig damit anfangen, dass jeder Spieler sein eigenes Süppchen kochte und nur auf sich schaute, um irgendwie nach oben zu kommen. "Das habe ich zu Beginn nicht verstanden. Ich bin als Teamplayer aufgewachsen."

Lauridsen passte sich an, sah jeden Tag als sportlichen Kampf, machte sich keine Gedanken um die anderen. Und er nahm auch etwas mit, als er 2015 nach Europa zurückkehrte: Stark bleiben. Sich nicht von kleinen Dingen aus dem Konzept bringen lassen. Das wird ihm auch in dieser für Christensen und ihn so speziellen Saison helfen, denn im nächsten Frühling findet die Weltmeisterschaft in Dänemark statt. "Das ist ein großer Schritt für uns", sagt er, "mittlerweile haben wir uns in der Eishockey-Welt Respekt erarbeitet." Ihm ist das in München bereits in den ersten Wochen gelungen.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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