Eishockey:Alles im Fluss

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Der EHC (hier angeführt von Dominik Kahun) kommt immer besser in Fahrt, die Münchner haben Berlin im ausverkauften Olympiastadion besiegt. (Foto: Imago)

Der EHC München hat sechs der vergangenen sieben Partien gewonnen, zuletzt vor 10 000 Zuschauern gegen Berlin in der Olympiahalle. Am Mittwoch soll die Serie bei den Grizzlys in Wolfsburg weiter ausgebaut werden

Von Christian Bernhard, München

Steve Pinizotto machte einen ziemlich ratlosen Eindruck, als Dominik Kahun mit beiden Händen Richtung Boden zeigte. Für ein paar Sekunden verwandelte sich Pinizzottos Gesicht in ein einziges, großes Fragezeichen, der Kanadier konnte den Anweisungen des Teamkollegen schlicht nicht folgen. Kahun hatte wohl gedacht, dass seine Aufforderung, sich auf die Knie zu begeben und den Vordermann an den Unterschenkeln zu greifen, selbsterklärend sei. Die Raupe ist in hiesigen Eishockeygefilden schließlich ein beliebtes Stilmittel, um besondere Siege zu feiern. Pinizzotto aber ist erst seit ein paar Monaten in Europa und hat das noch nicht erlebt. Wie denn auch? Der EHC hat sie am Montag ja erstmals in dieser Saison aufgeführt. Grund dafür war der 3:0-Sieg gegen Tabellenführer Eisbären Berlin und der damit krönende Abschluss der zwei Spiele in der großen Olympiahalle.

Im Eishockey ist oft und gerne die Rede vom "Flow". Einem Fluss also, immer wieder zu beobachten, wenn Mannschaften wie von selbst auf einer Welle des Erfolges surfen oder nach unten durchgereicht werden. So wie die Düsseldorfer EG, die dank sieben Dreiern in Folge mittlerweile Tabellenzweiter der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ist. Wie schnell einen ein Flow ereilt, weiß niemand besser, als Meister Mannheim. Erst kletterte der ERC nach einem katastrophalen Saisonstart mit acht Siegen in Serie nach ganz oben, dann stürzte er nach zuletzt acht Niederlagen in Folge wieder ab. Der EHC hat lange vergeblich nach diesem Flow gesucht, wochenlang wechselten sich bei ihm Sieg und Niederlage ab. Mitte Dezember scheint er allerdings fündig geworden zu sein. Das beeindruckende 3:0 gegen Berlin am Montagabend war der sechste Sieg in den letzten sieben Spielen, München ist nun punktgleich hinter dem Dritten Iserlohn Tabellenvierter.

Der EHC tritt derzeit wie eine gefestigte Einheit auf, passend dazu gingen allen drei Münchner Treffern gegen Berlin tolle Pässe voraus, die es Jerome Samson (22.), Tobias Wörle (23.) und Dominik Kahun (58.) relativ leicht machten, die Scheibe im Gäste-Gehäuse unterzubringen. "Wir haben die Reihen etwas umgestellt, jetzt haben wir vier sehr starke, die alle Tore erzielen", sagte Mads Christensen. Seit dem Berlin-Spiel Mitte Dezember, mit dem der Münchner Aufschwung begann, bildet Christensen zusammen mit Kapitän Michael Wolf und EHC-Topscorer Dominik Kahun die Münchner Parade-Angriffsreihe, die von Beginn an sehr gut harmonierte. Durch die vier Angriffsreihen, die aufgrund der Rückkehr einiger Verletzter wieder komplett sind, greift auch Jacksons laufintensives Pressing besser. Gegen Berlin griffen meist zwei Münchner so aggressiv wie von der Leine gelassene Schlittenhunde an und bereiteten dem Tabellenführer so große Probleme im Spielaufbau. "Mit vier Reihen ist es viel einfacher, dominant zu spielen", erklärte Christensen.

Zu dem schon die ganze Saison über sehr guten Unterzahlspiel kommt seither eine neue Stabilität in der Defensive, bei den letzten sechs Siegen gab es nur acht Gegentore, die Abwehr hilft den Goalies Danny aus den Birken und David Leggio durch ihr verbessertes Stellungsspiel und die vielen geblockten Schüsse enorm. Gepaart mit dem so wiedererlangten Selbstvertrauen ergibt das eine erfolgreiche EHC-Mannschaft. München habe ein "sehr gutes Spiel" gemacht, lobte Eisbären-Trainer Uwe Krupp, um den EHC zu schlagen, müsse man "mehr machen", als sein Team. Jackson fand, dass seine Spieler ihre Arbeit gut erledigt hätten. Mehr wollte er in den Lauf aber nicht hineininterpretieren.

Er sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung", Jackson weiß genau, wie schnell ein Team in einen Flow kommen kann. Wie die Grizzlys Wolfsburg etwa, bei denen der EHC am Mittwoch (19.30 Uhr) gastiert. Die Niedersachsen dümpelten lange im Tabellenkeller herum, ehe sie vor Weihnachten neun Siege aneinanderreihten. Keinem DEL-Team gelangen in dieser Saison mehr Erfolge in Serie. Noch sind die Grizzlys also die Flow-Könige der Liga.

© SZ vom 30.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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