Deutsche Eishockey-Liga:Verteidigung vorwärts

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Mit Abwehrkoloss Matt Smaby will EHC-Trainer Don Jackson den Gegnern in der DEL mehr Respekt einflößen. Zugleich vergibt der Klub ungewöhnlich früh seine letzte Ausländerlizenz - an einen Mittelstürmer

Von Christian Bernhard, München

Das letzte Mal, dass Matt Smaby auf dem Eis Aufsehen erregt hat, ist rund sechs Wochen her. Anfang Oktober checkte der US-Amerikaner im Trikot der Arizona Coyotes in einem Saisonvorbereitungsspiel Edmontons David Perron auf offener Eisfläche aus den Schlittschuhen. Perron musste vom Eis begleitet werden, Smaby durfte sich mit dessen Teamkollegen Keith Aulie in einer Keilerei auseinandersetzen. Smaby hatte einen big hit ausgepackt, wie es in der Eishockeysprache heißt: "He got the wind knocked out of him", meinte Edmontons Trainer Dallas Eakins hinterher - Smaby habe Perron die Luft rausgelassen.

Es sind auch solche Szenen, die den EHC München veranlasst haben, Smaby zurückzuholen. Den Bedarf an etwas mehr Körperlichkeit im EHC-Spiel verdeutlichte die 0:3-Heimniederlage am Sonntag gegen die Hamburg Freezers. Anders als den Hamburgern "hat uns heute die Robustheit ein bisschen gefehlt", sagte Verteidiger Felix Petermann, "da müssen wir uns verbessern." Smaby soll genau das garantieren. "Man muss ihn sich ja nur ansehen", sagt Alexander Barta: Mit 1,96 Meter und 109 Kilo ist Smaby in der Tat kaum zu übersehen. Smaby bringe eben "eine gewisse körperliche Präsenz mit", meint Barta mit einem Zwinkern. Sorgen um die Fitness Smabys, der seit sechs Wochen ohne Mannschaftstraining ist, machen sie sich beim EHC nicht. Der 30-Jährige sei topfit, sagte Petermann: "Er schaut so aus wie letzten Sommer, als er erstmals zu uns kam." Trainer Don Jackson möchte mit der Smaby-Verpflichtung auch "den Respekt an der blauen Linie zurückholen": Die Gegner sollen wissen, dass sie so leicht nicht ins Münchner Drittel vordringen können. Smaby sei ein erfahrener Spieler, "er wird uns große Energie bringen".

Nachdem der Amerikaner am Samstag in München angekommen ist und erstmals leicht trainierte, wird er an diesem Dienstag in Krefeld (19.30 Uhr) sein Saisondebüt im EHC-Trikot feiern. Neben Größe und Härte erwartet sich Jackson vom Rückkehrer, den Petermann als "Wahnsinnspersönlichkeit" bezeichnet, auch Führungsqualitäten. Vergangene Saison trug Smaby das "C" des Kapitäns auf der Brust und hatte die beste Plus/Minus-Statistik aller EHC-Profis; in den turbulenten Zeiten unter Pierre Pagé war er allerdings zusammen mit dem ebenfalls 1,96 Meter großen Andy Wozniewski oft auch ein Symbol für den tapsigen, konteranfälligen EHC.

"Eine gewisse körperliche Präsenz": Verteidiger Matt Smaby, 1,96 Meter groß, 109 Kilo schwer. (Foto: Johannes Simon)

Mit Smabys Rückkehr wird der Konkurrenzkampf in der Defensive immer größer. Zehn Verteidiger haben die Münchner nun im Kader: Nachdem Grant Lewis und Wozniewski wieder fit sind und ihr Comeback feierten, soll auch Nationalspieler Daryl Boyle, der am vergangenen Wochenende nicht im Einsatz war, diese Woche zurückkehren. Einzig Jeremy Dehner fällt noch länger aus. "Konkurrenz belebt das Geschäft", meint Petermann lapidar.

Bereits jetzt sondiert der EHC mit Blick auf die kommende Saison den Transfermarkt. Und wieder stehen, wie im Vorjahr, vor allem deutsche Spieler im Münchner Fokus. Laut dem Branchenblatt Eishockey News ist der EHC an Krefelds Nationalstürmer Daniel Pietta (mit 19 Scorerpunkten aktuell bester Deutscher in der Liga) interessiert und an dem Berliner Florian Busch, einem gebürtigen Tegernseer, sowie an Iserlohns Torhüter Mathias Lange, der zwar Österreicher ist, aber auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und damit das Ausländerkontingent nicht belasten würde. Auch der Name Darin Olver (Berlin) macht die Runde. "Wir schauen in die Zukunft", sagt Jackson.

Wobei es sich im aktuellsten Fall um einen Schulterblick handelt: Am Montagnachmittag gab der EHC die Verpflichtung von David Meckler, 27, bekannt. Der US-amerikanische Mittelstürmer kommt vom Schwesterklub EC Salzburg, wo er unter Jackson vergangene Saison 20 Tore schoss und die österreichische Meisterschaft feierte. Meckler ist ein Wunschspieler Jacksons und erhält die elfte und letzte Münchner Ausländerlizenz. Der Zeitpunkt ist ungewöhnlich früh für diese Maßnahme. Andere Klubs reservieren die letzte Lizenz für den Fall, dass sich ein Torhüter schwer verletzt. Aber Jackson ist dafür bekannt, nicht lange zu fackeln. Und was die Münchner neben Körperlichkeit am dringendsten brauchen, ist mehr Torgefährlichkeit. Gegen Hamburg blieben sie bei 37 Versuchen zum zweiten Mal in dieser Saison ohne Treffer, in den jüngsten neun Partien erzielten sie im Schnitt nur 2,3 Treffer pro Spiel. Smaby wird dabei nur bedingt eine Hilfe sein: Vergangene Saison kam er in 45 Spielen auf drei Tore für den EHC, in 122 NHL-Spielen erzielte er keinen einzigen Treffer.

© SZ vom 18.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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