Deutsche Eishockey Liga:Fliegender Jahreswechsel

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"Nicht da, wo wir sein wollen": EHC-Kapitän Michael Wolf (links) zwischen seinen Reihenkollegen Keith Aucoin (vorne) und Jason Jaffray (verdeckt). (Foto: Imago)

Jedes Prozent zählt: Für den EHC München geht es bis Mitte Januar alle zwei Tage um wichtige Playoff-Punkte. "Die Belastung ist enorm", sagt Kapitän Michael Wolf

Von Johannes Schnitzler, München

Noch 15 Spiele, dann ist Michael Wolf 35 Jahre alt. Seinen Geburtstag, einen Sonntag, wird er - bei guter Gesundheit - in Augsburg verbringen, zumindest den Nachmittag und den frühen Abend. Allerdings nicht bei Kaffee und Kuchen, sondern auf dem Eis bei den Panthern - Derbyzeit. Für den EHC München und seinen Kapitän Wolf wird es das 16. Spiel sein, gerechnet von Freitag an bis zum 24. Januar, Wolfs Geburtstag. In den nächsten elf Tagen sind es sechs Spiele, bis 10. Januar 13, und so weiter, jeden zweiten Tag eine Partie. "Die Belastung ist enorm", sagt Michael Wolf. Seit 2005 spielt der ehemalige Nationalstürmer in der Deutschen Eishockey Liga (DEL), er kennt es nicht anders. Besinnliche Feiertage? Haben andere. "Mit Kräfte einteilen ist da nicht viel." Eishockey ist kein Kaffeekränzchen.

Erstes Etappenziel für den EHC in dieser Jahreswechsel-Rallye ist am Freitag Iserlohn. Die Roosters sind Tabellendritte und die vielleicht größte Überraschung der Saison. Am Sonntag (16.30 Uhr) empfangen die Münchner dann die Eisbären Berlin, den Tabellenzweiten, ehe es am Dienstag bereits zum Meister und aktuellen Spitzenreiter nach Mannheim geht. Ein Spitzenspiel jagt das nächste. Für Michael Wolf ist das Spiel am Freitag in Iserlohn immer noch etwas Besonderes. Neun seiner nun zehneinhalb DEL-Jahre hat er für die Roosters gespielt. In Iserlohn, dieser Eishockey-verrückten Stadt im Sauerland, haben sie zwar nicht so viel Geld wie im reichen München, auf rund 5,5 Millionen Euro taxieren Experten den Saisonetat der Roosters - der EHC hat mehr als doppelt so viel zur Verfügung. Trotzdem sagt Wolf: "Das wird schwer. Sie haben eine schlagkräftige Mannschaft, zwei starke Torhüter, und ihr Trainer stellt sie gut ein."

Roosters-Trainer Jari Pasanen bevorzugt ein eher defensives System - nur Düsseldorf (56) hat weniger Gegentore als Iserlohn (60). Ein System aber auch, das auf ein schnelles Umschaltspiel zugeschnitten ist. Am liebsten schießt Iserlohn seine Tore nach Kontern. "Es funktioniert", sagt Wolf - wohl wissend, dass der EHC gerade für Konter anfällig ist. "Wir müssen versuchen, ihnen unser System mehr aufzudrängen, als sie uns ihres."

Das gelang zuletzt nicht immer. Ziemlich genau sogar nur in jedem zweiten Spiel. In schöner Regelmäßigkeit verliert der EHC am Freitag und gewinnt am Sonntag. Seit sechs Wochen geht das so. Der letzte Sieg an einem Freitag datiert vom 16. Oktober, ein 6:3 zu Hause gegen Ingolstadt. Damals hing noch das Laub an den Bäumen. Dafür verlor der EHC am Sonntag darauf prompt 3:5 in Berlin. "Es wäre schön, mal wieder zwei Spiele nacheinander zu gewinnen", sagt Wolf. Denn: "So kann es eigentlich nicht mehr weitergehen."

Das Team von Don Jackson steht momentan auf dem sechsten Tabellenplatz. "Das ist nicht da, wo wir sein wollen", gibt Wolf zu. "Aber wir sind auch nicht weit weg." Das "Potenzial nach oben" sei vorhanden. Gleichwohl weiß Wolf, dass es auch nach unten nur ein kurzer Weg ist: Den EHC (38) trennen vom Tabellenzehnten Köln (36) gerade einmal zwei Zähler. "Ich hätte nicht geglaubt, dass es nach fast der Hälfte der Saison so extrem eng ist", sagt Wolf. Von den jüngsten drei Spielen gewann München zwei knapp gegen Schlusslicht Krefeld (2:1) und den Drittletzten Schwenningen (3:2 nach 0:2) und verlor beim Vorletzten Ingolstadt (2:4). Ob es eine Extra-Motivation sei, dass nun Duelle gegen Top-Teams folgen? "Das darf eigentlich nicht sein, dass wir sagen: ,Oh, heute spielen wir nur gegen Schwenningen oder gegen Wolfsburg'", sagt Wolf, der Profi. "Aber vielleicht kann man jetzt doch noch irgendwo ein Prozent mehr rauskitzeln."

Gut sei, dass jetzt der übliche Rhythmus durchbrochen wird. Am wichtigsten freilich sei es, über den Jahreswechsel konstant zu punkten. "Sonst läuft dir plötzlich die Zeit davon", sagt Wolf. Nach seinem Geburtstag sind es nur noch sechs Wochen bis zu den Playoffs, "da werden gar nicht mehr so viele Punkte vergeben". Und auf einmal kann man ziemlich alt aussehen. Auch mit 35.

© SZ vom 11.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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