Derby im Grünwalder Stadion:X-tausend Schlechtgelaunte

Lesezeit: 3 min

Die Spielvereinigung Unterhaching schießt sich mit einem souveränen 3:0 gegen den TSV 1860 II für die anstehende Relegation warm.

Von Christoph Leischwitz, München

Die Atmosphäre war angemessen. Blauer Himmel, lautstark singende Fans, ein Spiel, in dem es zumindest zwischenzeitlich rauf und runter ging, wie man das ja nennt, wenn es für beide Seiten viele Chancen gibt. Dazu zwei Sechziger, die drei Tore schossen. Es war also ein stimmungsvoller Abschluss der Regionalliga-Saison im Grünwalder Stadion. Zum Spitzenspiel des TSV 1860 II gegen die SpVgg Unterhaching kamen 3000 Zuschauer zur Löwen-Aktion "X-Tausend".

Es ist nur so, dass man als Sechzig-Fan das alles zwar stimmungsvoll sehen konnte, aber keineswegs unbedingt mit guter Laune. Der blaue Himmel zeigte sich nur, weil schwarze Gewitterwolken gespenstisch schnell über das Stadion hinweg zogen, so, als ob sie nur auf den richtigen Moment warteten, um sich zu entladen. Die Fans besangen ihre Mannschaft nur selten, die meiste Zeit sangen sie über einen "Scheich" und dessen Geld, von beidem hätten sie genug, und sie zeigten überdies auch mehrere Transparente, die eindeutig gegen den Investor Hasan Ismaik sowie 1860-Präsident Peter Cassalette gerichtet waren - Letzterer saß auf der Haupttribüne und dürfte alles gelesen und gehört haben. Und die drei erzielten Tore wurden zwar von Sechzigern erzielt, aber von ehemaligen: Stephan Hain traf zwei Mal, Dominik Stahl setzte den Schlusspunkt. Endstand: 3:0 für die SpVgg Unterhaching.

Die Laune der Hachinger (hier Dominik Stahl) war prächtig. Die der Löwen weniger. (Foto: imago/foto2press)

Es war eben ein merkwürdiger Abend, weil ja für beide Mannschaften die Saison streng genommen noch nicht beendet war. Die Sechziger hatten eigentlich eine grandiose Saison gespielt, den zweiten Platz hatte dem extrem jungen Team kaum jemand zugetraut. Andererseits die Gefahr, auf den letzten Platz gesetzt zu werden und zwangsabzusteigen. Denn sollten die Profis als Verlierer aus der Relegation gegen Jahn Regensburg gehen, muss die U 21 qua Statuten in die Bayernliga.

Für Unterhaching wiederum war der Saisonabschluss nichts anderes als ein Testspiel gegen den bestmöglichen Gegner. "Der Termin ist perfekt so gelegt worden, gegen die zweitbeste Mannschaft der Liga", sagte Thomas Steinherr über die Ansetzung, neun Tage vor dem ersten Aufstiegsspiel gegen den Südwest-Meister SV Elversberg. Er selbst hatte ebenfalls gutes Timing bewiesen: Er war nach einer Verletzung an der Ferse Anfang April zum ersten Mal wieder eingewechselt worden. Zum perfekten Timing fehlte nur noch, dass er eine seiner zwei Großchancen in der Schlussviertelstunde genutzt hätte, als Haching klar dominierte. "Aber ich habe die Chancen wenigstens. Ich hatte erst ein paar Tage Training, die Kraft fehlt noch", sagte der flinke Flügelspieler. Jedenfalls habe er nun wieder "das Gefühl, in der Relegation helfen zu können". Auch Josef Welzmüller wurde nach einer langwierigen Verletzungspause wieder eingewechselt, diesmal schon zur zweiten Halbzeit. Kaderprobleme hat Trainer Claus Schromm eine Woche vor den entscheidenden Partien keine. "Für uns war wichtig, dass die Null steht", sagte dieser der Fokus habe auch mit Blick auf die Aufstiegsspiele auf der Defensive gelegen. In den Punktspielen habe da "was gefehlt", und nun habe er sehen wollen, dass man in der Analyse erfolgreich gearbeitet habe. Allerdings hatten die Sechziger auch eine Handvoll guter Chancen gehabt, eine der besten vergab Felix Bachschmid, als er nur den Pfosten traf (50.). Das zu Null gebe der Mannschaft womöglich noch mehr Selbstvertrauen. "Und vorne", sagte Steinherr noch habe man ja "mit Stephan Hain einen, der immer ein Tor machen kann". Gegen seinen ehemaligen Klub, bei dem er einst ausgemustert wurde, erzielte er nach zehn Minuten per Kopf die Führung, nach einer Stunde mit einem trockenen Schuss aus gut zehn Metern das 2:0, wenig später legte Ex-Löwe Dominik Stahl nach (61.). Hain wurde mit 32 Treffern Torschützenkönig. Aus Respekt vor seinem früheren Klub habe er nicht gejubelt. Insofern sei das vielleicht das Einzige, was er mit Blick auf die Partien gegen Elversberg verpasst habe, noch zu üben.

Welche Spieler Unterhaching verlassen werden, steht noch lange nicht fest, viele dürften es ohnehin nicht sein. Bei den jungen Löwen wurden acht Spieler verabschiedet, im Falle des Zwangsabstiegs werden es vermutlich noch deutlich mehr werden. Fest steht auch, dass Dennis Bushuev nach 13 Jahren den Verein verlässt. "Geiler Typ", sagte Schromm noch und wünschte dem Trainerkollegen alles Gute. Man kennt sich aus gemeinsamen Zeiten in der Jugendabteilung des TSV 1860 München. Bushuev wurde gefragt, ob er sein nächstes Ziel schon kenne. Er verneinte gerade, als Schromm zu husten begann und dabei ein "Haching" zu hören war. Gelächter. Es war eben ein stimmungsvoller Abend. An dem noch niemand wusste, ob Schromm kommende Saison gegen die zweite oder die erste Mannschaft des TSV 1860 München spielen wird - oder gegen keines der beiden Teams.

© SZ vom 22.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: