Basketball:Verstärkung aus Bamberg

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Die Basketballer des FC Bayern München verpflichten den bisherigen Brose-Sportdirektor Daniele Baiesi.

Von Ralf Tögel, München

Plötzlich ging alles ganz schnell. Am Freitag gab Daniele Baisesi, 41, in Bamberg sein Auto ab, um kurz darauf in seinem privaten Fahrzeug die 231 Kilometer nach München zu düsen. Denn dort hatte er einen wichtigen Termin: Sein neuer Arbeitgeber wartete. Daniele Baiesi war drei Jahre lang Sportdirektor des deutschen Basketball-Meisters Brose Bamberg, seit Freitagnachmittag ist er für zwei Jahre Sportdirektor des FC Bayern München. Zu Wochenbeginn noch hatte FCB-Geschäftsführer Marko Pesic im Gespräch mit der SZ erklärt, warum sein Klub Verstärkung auf der Position benötige, dem rasanten Wachstum der zweiten Profi-Sparte sei schnellstens Rechnung zu tragen.

Beim deutschen Meister stößt der Wechsel des Sportdirektors auf wenig Begeisterung

Das ist nun geschehen, die Personalie ist ein weiteres Mosaiksteinchen beim Angriff auf den Meister der vergangenen drei Jahre. Der Personaltausch zwischen den beiden größten Vereinen der Basketball-Bundesliga (BBL) geht also weiter, vor kurzem hatte Bamberg den Münchner Kapitän Bryce Taylor verpflichtet. Die neueste Rochade stößt im Oberfränkischen indes nicht auf Begeisterung, wie man den Worten des Bamberger Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Stoschek entnehmen darf: "Wir sind doch sehr erstaunt über den Verein, dem sich Daniele Baiesi anschließt. Denn alles, was er in den vergangenen drei Jahren über den FC Bayern und dessen Geschäftsführer gesagt hat, ließ nicht darauf schließen, dass er nach München geht." Dass der Italiener sein zweifellos großes Knowhow ausgerechnet dem ungeliebten Konkurrenten zur Verfügung stellt, ist natürlich pikant, was Brose-Geschäftsführer Rolf Beyer bestätigt: "Dass er zu einem direkten Konkurrenten geht, ist eine besondere Situation. Bei der Rivalität, die wir untereinander haben, war diese Option auf den ersten Blick schon etwas irritierend. Aber damit können wir umgehen."

Ursächlich seien unterschiedliche Auffassungen in Sachen zukünftige Ausrichtung der Bamberger gewesen, so Beyer, weshalb Baiesi dem Klub mitgeteilt habe, dass er seinen Kontrakt nicht verlängern werde. Dem Vernehmen nach handelte es sich vor allem um Differenzen mit Bambergs Trainer Andrea Trinchieri, der Italiener verfügt bekanntermaßen über viel Temperament und kann sehr fordernd sein. Beyer will dem Wechsel indes nicht zu viel Bedeutung beimessen, sieht vielmehr nach einer dreijährigen Zusammenarbeit den Wunsch nach Veränderungen als nicht unüblich an. Der Brose-Geschäftsführer nutzte die Gelegenheit, um dem Gerücht, dass Taylor durch den Medizincheck in Bamberg gefallen sei, entgegenzutreten: "Das ist Unsinn", der ehemalige Bayern-Kapitän habe zwar ein paar Probleme mit seinem Knie, "aber das ist nichts Gravierendes und Bryce hat gezeigt, dass er liefern kann".

In München feiern sie diese Personalie natürlich als besonderen Coup, denn Baiesi gilt als absoluter Fachmann auf seinem Gebiet, was er in Bamberg eindrucksvoll beweisen hat. Der Italiener hatte an entscheidender Stelle mitgeholfen, nach dem Umbruch 2014 jenes fabelhafte Bamberger Team zu formen, das dreimal Meister wurde - nun soll er gleiches in München tun. Baiesi hat gute Kontakte in die NBA, was der Tatsache geschuldet ist, dass er vor seiner Bamberger Zeit fünf Jahre für das internationale Scouting des NBA-Klubs Detroit Pistons verantwortlich war. Eine ideale Ergänzung für den FC Bayern, der in Osteuropa bestens vernetzt ist - nicht zuletzt wegen Pesic und Trainer Aleksandar Djordjevic, der neben dem FCB auch die serbische Auswahl trainiert. Den Giftpfeilen aus dem Bamberger Aufsichtsrat jedenfalls begegnen die Münchner gelassen: "Ich kenne Daniele schon viele Jahre, er ist ein extrem gut vernetzter, erfahrener und kundiger Beobachter des Marktes. Als klar war, dass er seinen Vertrag nicht verlängert, habe ich sofort Kontakt zu ihm aufgenommen", sagte Pesic. Die bekannt guten Überredungskünste des FCB-Präsidenten dürften ebenfalls eine Rolle gespielt haben, wie Pesic erklärt: "Uli Hoeneß und ich hatten sehr gute Gespräche mit ihm und wir sind uns sicher, dass uns Daniele mit seiner Kompetenz und Persönlichkeit wertvoll unterstützen wird."

Baiesi war noch weitgehend für den aktuellen Kader der Bamberger zuständig, man darf gespannt sein, ob sich seine Arbeit bei den ausstehenden Verpflichtungen und Vertragsverlängerungen im Münchner Team schon niederschlagen wird. "Jetzt beginnt ein neues Kapitel beim FC Bayern Basketball, das motiviert mich extrem. Bayern ist eine Championship-Organisation, wobei wir meiner Meinung nach zunächst das Ziel haben sollten, die beste Version von uns selbst zu sein." Beim FCB wird Baiesi für Spielerakquise zuständig sein und den Kontakt zu den Nachwuchsmannschaften vertiefen. Und ein Auto wird er auch bekommen.

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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