Basketball:Russischer Riese

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Entwarnung: Reggie Redding ist wie auch die zuletzt angeschlagenen Danilo Barthel, Anton Gavel und Vladimir Lucic gegen Khimki wohl wieder einsatzfähig. (Foto: Andreas Burmann/imago)

Im ersten Heimspiel der Eurocup-Zwischenrunde empfängt der FC Bayern den BK Khimki Moskau. Der zweimalige Sieger des Wettbewerbs ist zwar nicht ganz so glamourös wie sein Nachbar ZSKA, zählt aber auch in diesem Jahr zu den Favoriten

Von Ralf Tögel, München

Es ist schon fast ungewöhnlich, dass die Basketballer des FC Bayern München innerhalb der nächsten sieben Tage nur zwei Pflichtspiele zu absolvieren haben. Am kommenden Wochenende ist Allstar Day in der Basketball-Bundesliga, am Samstag werden sich in Bonn ein Team National und ein Team International aus den besten Profis der Liga gegenüberstehen. Bei den Bayern betrifft das zwar nur Maxi Kleber und Danilo Barthel, die beiden deutschen Nationalspieler wurden von den Fans in die Mannschaft mit den deutschen Spielern gewählt. Langeweile ist freilich auch für ihre Vereinskollegen nicht zu befürchten, denn die beiden bevorstehenden Aufgaben haben es in sich: In Khimki Moskau und dem weniger bekannten litauischen Vertreter Lietkabelis Panevezys werden zwei Konkurrenten aus dem internationalen Wettbewerb im Audi Dome vorstellig. Der Vortritt an diesem Mittwochabend (20 Uhr) gebührt dem Promi: Der zweimalige Eurocup-Sieger aus Russland gehört auch im aktuellen Wettbewerb zu den Titelfavoriten.

Obwohl ein wenig im Schatten des deutlich glamouröseren Rivalen ZSKA, umgibt auch das zweite Team aus dem Verwaltungsbezirk Moskau die Aura des Starensembles. Zuvorderst liegt dies an Akteuren wie den ehemaligen NBA-Profis Alexej Shved, Jeremy Evans, Robbie Hummel oder Markel Brown. Daneben stehen zahlreiche europäische Spitzenspieler im Kader, denn Khimki ist einer jener Klubs, deren Etats im kontinentalen Vergleich weit oben rangieren. Im Vorjahr zog der in München bestens bekannte Spielmacher Tyrese Rice noch die Fäden im Spiel der Russen, den die Münchner 2013 (nach Tel Aviv) ziehen lassen mussten, weil er schlichtweg nicht mehr bezahlbar war.

Vor einem Jahr gewann Khimki den Eurocup, verpasste in der vergangenen Spielzeit dann denkbar knapp die Runde der letzten Acht in der Euroleague. Was dem Selbstverständnis des Klubs nahe kommt, denn die Moskauer fühlen sich auf höchster europäischer Ebene zu Hause. Dass es derzeit nicht in diese Richtung läuft, hat einen ähnlichen Grund wie die momentanen Schwankungen bei den Gastgebern vom Mittwochabend. Wie der FC Bayern hat auch Khimki Moskau den Großteil des Kaders ausgetauscht. Beleg für die Dellen in der Leistungskurve der Russen ist der momentan nur fünfte Platz in der hochrangig besetzten osteuropäischen VTB-League. Jüngst gab es eine 110:114-Niederlage bei Zenit St. Petersburg, jenem Team, das auch den Münchnern in unguter Erinnerung ist, denn die beiden Niederlagen in der Vorrunde mussten die Münchner gegen St. Petersburg einstecken.

Doch die Mannschaft von Sasa Djordjevic zeigte zuletzt aufsteigende Form. Die beiden Auswärtssiege im Eurocup in Ulm und am vergangenen Samstag in der Bundesliga bei den Riesen Ludwigsburg lassen den Bayern-Trainer zuversichtlich auf das Spitzenspiel der beiden ungeschlagenen Teams in der Gruppe F blicken. Ein Sieg im ersten Heimspiel der Top 16 wäre für die Bayern eminent wichtig, um den eingeschlagenen Weg zu befestigen. Noch vor Wochenfrist hatte der Bayern-Coach die Einstellung seiner Auswahl mit harschen Worten kritisiert. Vor allem das zuletzt physisch starke Auftreten seiner Spieler imponierte Djordjevic aber, zumal einige Akteure geschwächt oder angeschlagen auf dem Parkett standen. In dieser Hinsicht gibt es gute Neuigkeiten. Sowohl Reggie Redding, der in Ludwigsburg nach einem Schlag kurz vor dem Ende vom Feld musste, als auch die zuletzt durch eine Grippe geschwächten Danilo Barthel, Anton Gavel und Vladimir Lucic sind wieder in guter Verfassung.

Dennoch bleibt vor allem in der Offense reichlich Luft nach oben, gerade hier ist das Gros der Akteure im wahrlich nicht schlecht besetzten Kader der Bayern von der Bestform ein Stück weit entfernt. Im jüngsten Eurocup-Spiel in Ulm verwandelten die Münchner von 26 Dreier-Versuchen lediglich drei, was der unterirdischen Quote von 11,5 Prozent gleichkam. Angesichts der hohen Anzahl von starken Distanzschützen wie Kapitän Bryce Taylor, Anton Gavel oder Vladimir Lucic schwer zu erklären. Auch das Argument, dass sich die neu formierte Mannschaft und der neue Trainer erst noch finden müssen, ist nicht mehr lange zu halten. Nach mittlerweile 27 Pflichtspielen ist es an der Zeit, dass sich die Abläufe automatisieren. Wie das aussehen soll, hat das Team schon mehrfach demonstriert, nicht aber konstant nachgewiesen. Auch Nationalspieler Kleber hatte das nach der letzten Niederlage gegen Ulm moniert: Im Vergleich mit Spitzenmannschaften fehle den Bayern die Beständigkeit.

Ein Sieg nun könnte der nächste Schritt in diese Richtung sein. Auch wenn man sich finanziell nicht auf Augenhöhe mit Klubs wie Khimki befindet, wurde genau dafür diese Münchner Mannschaft gebaut: Um sportlich mit den Besten mitzuhalten.

© SZ vom 11.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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