Basketball:Giftige Grüße

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Maximilian Kleber, 23, gilt als größtes deutsches Talent unter dem Korb. Er kam vom spanischen Klub Obradoiro zum FC Bayern. (Foto: Imago)

Der FC Bayern startet am Freitag gegen Oldenburg in die 50. Bundesliga-Saison. Das Duell mit Bamberg ist bereits eröffnet

Von Ralf Tögel, München

Wenn Medienvertreter kurz vor Saisonbeginn zur offiziellen Präsentationsveranstaltung eines Vereins geladen werden, sind das in der Regel zahme Veranstaltungen. Die Kehlen der Offiziellen sind mit Kreide geschmiert, der letzte Stand wird verkündet, die Ziele sind in den meisten Fällen längst bekannt. So war das auch am Dienstag bei den Basketballern des FC Bayern München. Man fiebere dem Saisonstart entgegen, klar, die Mannschaft sei in einer guten Form, die Zugänge bereits gut integriert, und zur Konkurrenz gibt es wenig Substanzielles. Schon zum Abschluss der Vorsaison hatte Trainer Svetislav Pesic für die kommende Spielzeit, die an diesem Freitag (20.15 Uhr) mit der Partie gegen Oldenburg beginnt, den Titel versprochen. Auch, dass man international einen Schritt weiter kommen will als zuletzt, sprich: in die Runde der besten 16 Teams der Euroleague - geschenkt. Alles harmonisch also, bis zu dieser Frage: Ob denn Anton Gavel ein paar Streicheleinheiten mehr nötig gehabt habe, nach diesem schlimmen Sommer?

Nun rutschte Marko Pesic, neben Volker Stix Geschäftsführer der Basketball GmbH und in Abwesenheit von Uli Hoeneß so etwas wie die Abteilung Attacke im Klub, auf seinem Stuhl nach vorne, ganz nah ans Mikrofon: "Welcher schlimme Sommer?", wollte er mit etwas Gift in der Stimme wissen. Die Rede war vom Auftritt des Münchner Guards bei der Europameisterschaft in Berlin, wo Gavel einen eher unglücklichen Eindruck hinterlassen hat. Was auch Bundestrainer Chris Fleming nicht entgangen war. "Wenn diese Aussage so gefallen ist, dann ist das eine Unverschämtheit", blaffte Pesic, "eine Respektlosigkeit dem Spieler gegenüber." Der Sportdirektor erinnerte daran, dass sein Klub Gavel schließlich erst auf Bitten des Bundestrainers zur EM entsandt hatte, obwohl er nicht fit gewesen sei. Der Deutsch-Slowake hatte sich im zweiten Playoff-Finale gegen Bamberg an der Hüfte verletzt, "fast ein Muskelabriss", stellte Pesic klar. Es ist wenig ratsam, einen Spieler des FCB zu kritisieren, besonders wenn diese Kritik nach Ansicht Pesics nicht gerechtfertigt ist. Und dass die Einstellung des Basketballers Gavel über jeden Zweifel erhaben ist, wird niemand in Abrede stellen wollen. Zur EM war Gavel "nicht 100-prozentig fit", erinnerte Pesic deshalb, er werde also überlegen, ob es der FC Bayern in Zukunft wie die Baskets Bamberg handhaben werde: dass "wir unsere Spieler nicht abstellen".

Das war natürlich ein Gruß an den Meister, der Daniel Theis aus Verletzungsgründen zu Hause behielt, ihn aber noch während der EM zu Testspielen aufstellte. Pesic ließ sich aber nicht lange aus der Ruhe bringen, er schloss den kleinen Disput mit der Feststellung: "Nein, Anton hat keine Streicheleinheiten gebraucht, er ist fit und wird einen guten Sommer haben." Uff. Im Übrigen darf sich Fleming über einen Anruf des Sportdirektors freuen. Svetislav Pesic, Markos Vater und von Beruf Trainer des FC Bayern, fügte noch an, er sei sich nicht sicher, ob der Meister Bamberg heißen würde, hätte sich Gavel im Playoff-Finale nicht verletzt.

Willkommen zur Jubiläumssaison, zur 50. Spielzeit der Bundesliga, die aufgrund der Entwicklung, die der deutsche Basketball in den vergangenen Jahre genommen hat, einiges erwarten lässt. Zum Beispiel eine Neuauflage des Zweikampfs der beiden Vorjahresfinalisten. Denn neben den Bayern schickt Bamberg den nominell stärksten Kader ins Rennen. Dabei sind bei den bayerischen Konkurrenten Parallelen zu erkennen: Das Gerüst der Vorjahresteams wurde gehalten und punktuell mit hochkarätigen Zugängen ergänzt. In Bamberg sind das der griechische Nationalmannschaftskapitän Nikolaos Zisis und der italienische Nationalspieler Nicolo Melli.

Den Kader des FCB sollen Kelvin Creswell Rivers, Shooting Guard von Euroleague-Sieger Real Madrid, Rückkehrer Deon Thompson, der mit Hapoel Jerusalem israelischer Meister wurde, Spielmacher Alex Renfroe, der aus Berlin kam und auch schon in Bamberg das Spiel gestaltet hat, sowie der deutsche Nationalspieler Maximilian Kleber auf die nächste Stufe hieven. Auch Andreas Seiferth, Center aus der Insolvenzmasse der Artland Dragons, ist ein interessanter Akteur. Mit dem Kader ist Svetislav Pesic denn auch zufrieden, nicht aber mit dessen Zustand. Rivers sowie die Nationalspieler sind erst spät zum Team gestoßen, außerdem muss er am Freitag auf Kleber verzichten, der 23-Jährige wird nach seiner Knie-OP noch geschont, "die Saison ist lang". Man werde Zeit brauchen, um die Mannschaft zu justieren, aber das sei nichts Neues, sagt Pesic. Wo er sich das Spiel ansehen werde? "Im Fernsehen." Nach seinen verbalen Entgleisungen im fünften Finalspiel hatte ihn die Liga für ein Spiel gesperrt, Pesic darf am Freitag die Halle nicht betreten. Er lachte.

© SZ vom 30.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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