Basketball:Fragen über Fragen

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Was soll das? Bayern-Trainer Svetislav Pesic konnte sich auf den überheblichen Auftritt seiner Spieler am vergangenen Dienstag keinen Reim machen. (Foto: Imago)

Der FC Bayern liefert einmal mehr eine kaum erklärbare Leistung ab und bringt sich vor dem dritten Spiel gegen Ludwigsburg in Not

Von Matthias Schmid

Eine gewisse schauspielerische und sogar komödiantische Begabung werden Svetislav Pesic auch seine Kritiker nicht absprechen. Am Ende eines fast halbstündigen Monologs nahm der Basketball-Cheftrainer des FC Bayern am Donnerstag im Münchner Presseraum ostentativ einen kräftigen Schluck aus seiner Colaflasche, lehnte sich entspannt zurück und tippte genüsslich mit dem linken Zeigefinger auf das Vereinswappen an seiner schwarzen Trainingsjacke. Lächelnd sagte er dann: "Das reicht nicht."

Nach der deutlichen 74:93-Niederlage bei den MHP Riesen Ludwigsburg hatte der 66 Jahre alte Basketballlehrer eine Debatte über die Arroganz seiner Spieler in Gang gesetzt, an die er vor dem bereits ausverkauften dritten Playoff-Viertelfinalspiel an diesem Samstag (20.30 Uhr, Audi Dome) anknüpfte. Eine Debatte, die weit über das Maß hinausgeht, das nach überraschenden Niederlagen bisher üblich war. "Es reicht nicht, zu wissen, dass man besser ist", schimpfte Pesic, "man muss es auch umsetzen. Nur wer die eigene Arbeit und Anstrengung respektiert, kann auch die anderen respektieren."

Es war schon erstaunlich, wie deutlich Pesic nach der Niederlage mit beißender Ironie die eigenen Spieler attackierte: "Wir sind der FC Bayern. Schauen Sie doch, mit welchem Bus wir hier angekommen sind. Wir haben Geld, wir haben alles." Die Überheblichkeit seiner Akteure machte er als alleinigen Grund für die Niederlage aus, nach der es nun 1:1 in der Best-of-five-Serie steht. Es war nicht das erste Mal, dass Pesic die Fehler bei anderen sucht, in der Vergangenheit mussten mal das Reglement der Basketball-Bundesliga, mal die Schiedsrichter für Misserfolge der Mannschaft herhalten. Nicht nur ehemalige FC-Bayern-Spieler fragen sich zunehmend, warum einer der erfolgreichsten Trainer Europas bei seinen öffentlichen Fehleranalysen nicht auch seinen Beitrag genauer hinterfragt.

Stattdessen erhebt Pesic vor dem dritten Spiel die fraglos talentierte Ludwigsburger Mannschaft in den Rang eines Meisterschaftsfavoriten. "Sie sind eines der besten Teams der Liga", findet Pesic. Das ist übertrieben und sportlich nicht haltbar, denn die Bayern verfügen mit Ausnahme des deutschen Meisters Bamberg über die besten Einzelspieler. Profis wie Alex Renfroe, Dusko Savanovic oder John Bryant könnten sich die Ludwigsburger in ihrem Gehaltsgefüge niemals leisten. Dass die Ansprüche seines Klubs andere sind als die der Ludwigsburger, hatte Pesic anschaulich erklärt. Warum es den Bambergern aber im Gegensatz zu den Münchnern gelingt, vor allem in der Defensive über die gesamte Saison hinweg auf einem hohen Niveau zu spielen, darauf wollte Pesic nicht näher eingehen. "Da spielen viele verschiedene Gründe eine Rolle", meinte er lediglich.

Pesic spürt, dass das Vertrauen in seine Arbeit nach seiner 99,9-prozentigen Rücktrittserklärung im Bayern-Präsidium schwindet und er mittlerweile kritischer gesehen wird als davor. Ein frühes und unerwartetes Aus im Viertelfinale gegen Ludwigsburg würde in jedem Fall zu unerfreulichen Turbulenzen führen, Schuldzuweisungen wären unausweichlich.

Doch noch können Pesic und seine Spieler die Saison zu einem versöhnlichen Abschluss führen. In dieser Spielzeit haben die Münchner in den nationalen und internationalen Wettbewerben mehrmals bewiesen, dass sie auf höchstem europäischem Niveau wettbewerbsfähig sind: Immer dann, wenn sie ihre spielerische Begabung in der Offensive mit dem notwendigen Arbeitsethos in der Verteidigung in Einklang brachten. "Wir haben sehr gute Spiele abgeliefert", sagt Pesic zu Recht, "und Teams geschlagen, von denen wir es nicht erwartet haben." Wie zum Beispiel Bamberg im Pokal-Halbfinale oder Khimki Moskau in der Euroleague. Gleichzeitig war die Saison auch von aprilartigen Leistungsumstürzen gezeichnet, zu sehen beispielsweise in der Niederlage bei Absteiger Weißenfels.

"Wir müssen zeigen, dass wir auch besser sind", sagt Pesic nun vor dem Spiel gegen Ludwigsburg: "Die Spieler sollen sich nicht mit Dingen beschäftigen, die sie nicht beeinflussen können, wie die Atmosphäre in der Halle oder die Schiedsrichterentscheidungen. Sie sollen nicht zögern, sondern agieren." Der Serbe glaubt, dass seine Botschaft bei den Profis und den Zuschauern angekommen ist. Doch so richtig traut er dem Ganzen noch nicht. Deshalb appelliert er an die Öffentlichkeit, "nicht die Realität zu verlieren und uns mit den Fußballern vergleichen zu wollen". Noch fehle den Basketballern vieles zum großen Bruder im Verein, vor allem Geld und Einfluss. "Aber es muss unser Maßstab sein, die Fußballer irgendwann erreichen zu können", sagt Pesic. "Mit den aktuellen Trainern und Spielern. Oder eben mit anderen."

© SZ vom 14.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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