Basketball:Aus der zweiten Reihe

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Mann mit Überblick: Danilo Barthel (hinten) bearbeitet den Berliner Spielgestalter Peyton Siva, dem beim Debakel in München nicht viel gelang. Im Hintergrund schaut Vladimir Lucic interessiert zu. (Foto: imago/Sven Simon)

Nationalspieler Danilo Barthel wurde vom FC Bayern als Back-up für die großen Positionen geholt. Schon nach kurzer Zeit hat sich der 24-Jährige zu einer Konstante im Spiel der Münchner entwickelt

Von Ralf Tögel, München

Ein bisschen schüchtern wirkte Danilo Barthel schon, als er sich nun am Rande des Spielfelds erklären sollte. Gerade hatte der FC Bayern München den Gästen von Alba Berlin eine üble Abreibung verpasst. Barthel hatte eine gute Leistung gezeigt, einmal mehr. Dabei war die Idee der Münchner, in dem 24-Jährigen einen aufstrebenden Spieler für eine Back-up-Rolle auf den großen Positionen zu verpflichten; der gelernte Power Forward kann auch Center spielen. Mittlerweile verfestigt sich der Eindruck, dass er über den angedachten Status des Bankspielers hinausgewachsen ist. Dennoch gab er nach dem beeindruckenden 97:58-Triumph gegen Berlin die Lorbeeren artig an die Teamkollegen weiter: "Wir haben so viele gute Spieler in der Mannschaft, das macht es natürlich auch für mich einfacher."

Das ist schon fast ein bisschen viel Zurückhaltung für einen Akteur, dessen Spielzeit im Schnitt mehr als 15 Minuten beträgt, der wichtige Akzente setzt, wie etwa im bislang einzig engen Spiel in Gießen, als der 24-Jährige zweistellig punktete. Bemerkenswert ist auch Barthels Trefferquote aus dem Feld: In den vergangenen beiden Partien leistete er sich keinen einzigen Fehlwurf, alle sieben Versuche saßen. Auch gegen Berlin war Barthel ein Faktor: Als die Gäste beim 22:30 letztmals in Schlagdistanz zu den Bayern kamen, leiteten fünf Punkte des 2,08-Meter-Hünen, unterbrochen von einem krachenden Dunk von Maxi Kleber, das Berliner Debakel ein. Zur Pause führte der FCB 43:25, die Partie war praktisch durch.

Barthel hat einen klassischen Karriereverlauf hinter sich, bislang ohne Brüche. Als 17-Jähriger debütierte er in Heidelberg in der zweiten Bundesliga, wo er sich für die deutsche U20-Auswahl empfahl. 2011 wechselte Barthel nach Frankfurt, wurde behutsam an die erste Liga herangeführt, wo er zwei Jahre später den Durchbruch schaffte. Zeugnis für die gute Entwicklung war 2014 die Wahl zum "Most Improved Player", ein Prädikat, das sich die Bundesliga aus der NBA abgeschaut hat. Im selben Jahr debütierte er in der Nationalmannschaft. Nun also der nächste logische Schritt: der Wechsel zu einem Klub, der auch international eine Perspektive bietet. Dies habe auch den Ausschlag für seinen Wechsel nach München gegeben, sagt Barthel, den die Frankfurt Skyliners wenig verwunderlich unbedingt halten wollten; auch Alba Berlin hat sich um seine Dienste bemüht.

Im vergangenen Jahr hat Barthel mit Frankfurt seinen ersten Titel geholt, die Hessen gewannen den drittklassigen Europe Cup - nicht zu verwechseln mit dem eine Stufe höher einzuordnenden Eurocup, in dem er mit den Bayern derzeit engagiert ist. Das erklärte Ziel des Neuen: Titel. Neben Bamberg ist dafür der FC Bayern die erste Adresse hierzulande, zumal der neue Trainer Sasa Djordjevic genau das im Sinn hat, er will auch die Basketballer zur europäischen Topmarke formen. Und der Serbe glaubt in Barthel einen wirksamen Helfer in der Mannschaft: "Er kann ein dominierender Spieler werden."

Obwohl der Nationalspieler die meiste Zeit der Vorbereitung wegen der erfolgreichen EM-Qualifikation verpasst hat, kam er gut präpariert zu seinem neuen Arbeitgeber: "Ich habe mich schon bei der Nationalmannschaft vorbereitet, habe mir das Spielsystem angesehen", sagt Barthel, "der Coach hat es mir auch sehr leicht gemacht." Djordjevic war ebenfalls spät zum Team gestoßen, er stand mit Serbien im olympischen Finale von Rio. Die sommerliche Zusatzbeschäftigung hat Barthel nicht geschadet, wie sich Geschäftsführer Marko Pesic gern erinnert: "Er ist in einer Topverfassung bei uns eingestiegen."

Trotz des jüngsten Auftritts will der FCB-Trainer von Selbstzufriedenheit nichts wissen, dafür war auch der Gegner aus der Hauptstadt kein Gradmesser. Schon eher Sankt Petersburg, erster Kontrahent im Eurocup, bei dem die Russen den Münchnern eine Halbzeit lang Grenzen aufgezeigt haben. Die zweite Halbzeit ging zwar an die Bayern, das gute Ende blieb beim 77:80 aber aus. Barthel stellt diese 20-minütige Fehlleistung in Russland mit dem gelungenen Auftritt am Sonntag in direkte Verbindung: "Natürlich haben wir uns einiges vorgenommen nach Sankt Petersburg, wir wollten dieses Mal 40 Minuten voll durchziehen." Was gegen Berlin gelungen ist: "Die haben wohl nicht mit dieser Aggressivität gerechnet", glaubt Barthel.

Es läuft derzeit überraschend gut, wie er gerne zugibt: "Damit habe ich nicht unbedingt gerechnet." Seinem Selbstvertrauen, im Basketball ein nie zu unterschätzender Faktor, ist das offenbar zuträglich: "Ich weiß, was ich kann, und vertraue auf meine Fähigkeiten." Schon am Mittwoch kann er sie wieder einbringen, dann gastiert der spanische UCAM Murcia zum Eurocup-Heimdebüt (20.45 Uhr). Eine gute Gelegenheit für Barthel, etwas gerade zu rücken: "Für mich ist jede Niederlage ein Antrieb."

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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