Spielerberater Ludwig Kögl:Der Leisedribbler

Er war selbst Fußball-Profi, nun kümmert er sich um die Profis - allen voran um Bayern-Spieler Thomas Müller. Wiggerl Kögl zieht als Spielerberater im Hintergrund die Fäden. Wie er für Robben und Ribéry den Japaner Takashi Usami nach München holte, wie sein Geschäft funktioniert - ein Treffen.

Stefan Galler

Die Bilder aus Japan haben auch Ludwig Kögl zugesetzt. Die Macht der Naturgewalten, die immense Zerstörung, das unermessliche Leid der Menschen im Nordosten der Insel - all das machte ihn betroffen. Und der frühere Fußball-Profi sorgte sich im März auch noch ganz konkret um einen guten Freunde und Geschäftspartner: Ken Wakatsuki, lizensierter Spielerberater wie Kögl selbst, lebt und arbeitet in Tokio. Weil kein Flug nach Deutschland zu bekommen war, flog der Freund zunächst nach Hawaii aus, von dort kam er schließlich nach Deutschland. Kögl war erleichtert: "Er ist ein super Typ, wahnsinnig sympathisch", sagt er über den Asiaten.

Spielerberater Ludwig Kögl: Ludwig Kögl: Der ehemalige Fußballprofi arbeitet heute als Spielerberater unter anderem für Bayernspieler Thomas Müller.

Ludwig Kögl: Der ehemalige Fußballprofi arbeitet heute als Spielerberater unter anderem für Bayernspieler Thomas Müller.

(Foto: Robert Haas)

Kennengelernt hatten sich die beiden 2006, als der "Wiggerl", wie Kögl genannt wird, mit den FC-Bayern-All-Stars in Japan zu Gast war. Wakatsuki, der einst in Frankfurt am Main studiert hatte und perfekt Deutsch spricht, spielte den Fremdenführer für die Gäste aus München. Kögl und er bemerkten bald, dass sie im gleichen Metier arbeiten. Daraus entstand eine fruchtbare Zusammenarbeit, 2007 realisierte das bayerisch-japanische Tandem seinen ersten Transfer nach Europa. Seither hat Kögl diverse Wechsel eingefädelt, nun auch den ersten zum FC Bayern München.

Takashi Usami heißt das Juwel, ein 19-Jähriger, der 2010 zum besten jungen Spieler der J-League gewählt wurde und schon seit einem halben Jahr bei den Bayern ein Thema ist. Als man Kögl fragte, ob er einen geeigneten Stellvertreter für die verletzungsanfälligen Flügeldribbler Arjen Robben und Franck Ribéry wüsste, nannte er Usami. Seit der U17-Weltmeisterschaft 2009 in Nigeria hat der 45-Jährige Kontakt zu Usami, offizieller Berater ist zwar Kumpel Wakatsuki, jedoch in enger Kooperation mit Kögl.

"Takashi ist sehr selbstbewusst, intelligent und zielstrebig", so Kögl, dem auch Anfragen von Chelsea und Sporting Lissabon für das Talent vorlagen. Letztlich hat er sich für München entschieden. "Er ist der erste Japaner beim FC Bayern, obwohl es sogar mal eine Kooperation mit den Red Diamonds gegeben hat", sagt Kögl nicht ohne Stolz.

Es ist das einzige Mal im Laufe des Gesprächs, dass sich der sechsfache Deutsche Meister ein bisschen selbst lobt. Kögl ist genauso, wie er immer wieder beschrieben wird: bodenständig, authentisch, ehrlich und unglaublich freundlich, ohne sich anzubiedern. Und er wirkt sehr zufrieden mit sich und seiner Welt. Lange Urlaubsreisen braucht er dazu nicht: "Ich fahre im Sommer eine Woche weg und im Winter vier, fünf Tage - das genügt." Die malerische Umgebung, in der er lebt, sei Erholung genug. Im Penzberger Ortsteil Untermaxkron hat Kögl sein Haus gebaut, im Längental bei Arzbach, hinterhalb der Benediktenwand, gehört ihm eine unbewirtschaftete Almhütte. "Manchmal gehe ich ganz alleine rauf und übernachte oben", erzählt er. Sogar das Handy ist dann aus, einen Fernseher gibt es nicht, noch nicht einmal Strom. "Nur Wasser, das ist das wichtigste auf einer Hütte", sagt Kögl.

Wenn er an einem sonnigen Tag von seinem Wohnort nach München fährt, weil er entweder beim Bayern- oder Löwentraining zuschaut oder mit einem seiner Schützlinge aufs Kreisverwaltungsreferat muss, dann macht er oftmals am Starnberger See Halt. "Badesachen habe ich immer im Auto, wenn es sich ausgeht, schwimme ich eine Runde."

Wiggerl Kögl versteht es, zu leben. Er hat nach 19 Profijahren finanziell ausgesorgt, alles, was er mit der Beraterei verdient, ist ein willkommenes Zubrot. "Ich habe keinen Druck", sagt er. Dennoch oder gerade deshalb ist er erfolgreich. Nach dem Karriereende 2001 gründete er in der Schweiz die Agentur "Kögl und Partner", heute hat er 30 Spieler unter Vertrag. Zum Mitarbeiterstamm gehört sein Kompagnon, der Schweizer Finanzfachmann Pius Minder, Marketingexperte Christian Romberg und Talentscout Gerhard Thanner. "Allen geht es nicht schlecht", sagt Kögl augenzwinkernd.

Ungewollte Nebeneffekte

Der bekannteste Klient der Agentur ist Bayernprofi Thomas Müller. Kögls Firma koordiniert dessen Termine, hält Kontakt zu den Werbepartnern und bespricht mit dem Fußballer seine Auftritte im Internet. Die Entwicklung Müllers erstaunt sogar seinen Entdecker: "Seine Zielstrebigkeit und seinen Willen konnte man mit 14 schon erkennen", sagt Wiggerl Kögl, "aber solche Qualitäten haben auch andere, die dann nicht WM-Torschützenkönig werden". Der Erfolg bringt ungewollte Nebeneffekte, in Müllers Fall wurde die Privatsphäre durch das grenzenlose Interesse der Fans arg in Mitleidenschaft gezogen.

Wenn Kögl mit seinem Klienten beim Essen saß, wurden sie jedes Mal mindestens fünfmal gestört, mittlerweile mieten sie in öffentlichen Restaurants nur noch Séparées. Noch übler waren die Belagerungszustände vor dem Haus der Müllers in Oberhaching. Ging der Bayern-Profi mit seinem Hund Gassi, hatte er immer eine Traube Leute im Schlepptau.

Kögls Team organisierte den Umzug, mittlerweile wohnt der Bayern-Angreifer mit seiner Frau Lisa in einem beschaulichen Dorf. "Zwischen vielen Bäumen, nicht einsehbar", wie sein Berater versichert. Von Müllers Außendarstellung ist Kögl begeistert, Rhetorikkurse musste er für den Abiturienten aus Pähl im Landkreis Weilheim-Schongau jedenfalls nie buchen: "Er ist vor der Kamera besser, als man es ihm je hätte beibringen können." Ein echter Sympathieträger eben, genauso wie Kögl selbst einer war in seiner aktiven Laufbahn.

Dass ihm die Löwenfans 1984 seinen Wechsel zum FC Bayern nicht übelgenommen hätten, ist jedoch ein Märchen: "Ich bin ja auch danach noch zu den Heimspielen ins Grünwalder gefahren, aber das hat mich zwei Außenspiegel und eine Antenne an meinem Auto gekostet." Erst als er die Säbener Straße nach fünf Meistertiteln verließ und nach Stuttgart wechselte, war er bei den "Blauen" wieder wohlgelitten.

Dass Kögl Fußballer werden würde, zeichnete sich früh ab, obwohl er als Bub auch Tennis spielte und sogar oberbayerischer Meister seiner Altersklasse war. Doch Fußball war in seinem Leben immer die Sportart Nummer eins. Heute, nach acht Achillessehnenoperationen spielt er nur noch vier-, fünfmal im Jahr mit den Bayern-Allstars auf, weil er danach einige Tage kaum laufen kann. Kögl nimmt auch das sportlich. Es gibt schließlich Schlimmeres, das wissen nicht nur die Menschen in Japan.

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