Spektakulärer Diebstahl in München:Einbrecher schlachten Bürohaus aus - und keiner bekommt es mit

geplündertes Bürohaus in der Steinhauser Straße 1-3

Leer, aber in perfektem Zustand soll das Bürogebäude an der Steinhauser Straße gewesen sein, bis unbekannte Täter es plünderten.

(Foto: Florian Peljak)

Von Sebastian Krass

Schaut man durch die Fenster ins Erdgeschoss hinein, dann ist schnell klar, wie die Diebe gewütet haben. Aus der Decke sind Platten herausgebrochen. Die Kanäle, in denen Kabel verborgen waren, sind aufgebrochen, die Kabel fehlen. In einem Raum liegt ein Dutzend Plastikverkleidungen von Steckdosen auf dem Boden verstreut, in einem anderen liegen Scherben. Hinter einer Eingangstür steht ein Einkaufswagen - so ein Ding kann praktisch sein, wenn man allerhand Materialien zu transportieren hat. Und das sind nur Teile des Erdgeschosses. "Es ist dramatisch, wie es da drin aussieht", sagt Frank Schumm, Geschäftsführer von Classic Bautreuhand aus Heilbronn.

Wie die Diebe vorgingen

Das Immobilienunternehmen ist Eigentümer des leer stehenden, sechsstöckigen Bürogebäudes Steinhauser Straße 1 bis 3, in dem sich einer der spektakulärsten Diebstähle in München seit Langem ereignet hat. Unbekannte haben zwischen dem 1. und 13. August das komplette Gebäude geplündert: Sämtliche Kabel und Wasserhähne sind weg, ebenso Waschmaschinen und Geschirrspüler. Besonders kurios wird es dadurch, dass die Diebe offenbar ungestört arbeiten konnten.

Sie müssen auch mehrere Fahrzeuge oder Transportfahrten gebraucht haben, um das ganze Diebesgut wegzuschaffen. Der Straßenabschnitt, in dem es passierte, ist zwar ruhig, er ist aber auch kurz und verbindet die durchaus belebte Einstein- mit der Prinzregentenstraße. Trotzdem hat offenbar niemand direkt etwas mitbekommen, zumindest hat bisher niemand etwas gemeldet, wie die Polizei am Montag erklärte.

Wie die Polizei die Tat einstuft

Auf Anhieb denkt man bei dem Fall an die Diebstähle von Metallteilen und Baumaschinen auf Baustellen oder Bahnanlagen, von denen immer wieder zu lesen ist und bei denen Schäden oft Tausende oder auch Zehntausende von Euro betragen. Die Ermittlungen bei der Polizei leiten aber nicht die Experten für solche Diebstähle, sondern das Kommissariat für organisierte Einbruchskriminalität. Es ist ein besonderer Auftrag: Kriminalhauptkommissar Reinhold Bergmann sagt, dass man "in der überschaubaren Vergangenheit keinen vergleichbaren Fall" gehabt habe.

Wie die Angaben über die Schäden sich unterscheiden

Der Schaden am Gebäude beläuft sich nach Angaben der Polizei auf etwa eine halbe Million Euro. Eine Schätzung, die Frank Schumm für plausibel hält, "es wurden auch die doppelten Böden rausgerissen, um an die Kabel zu kommen". Über den Wert der entwendeten Gegenstände gibt es sehr unterschiedliche Angaben. Die Polizei spricht von "etwa 400 000 Euro Beuteschaden". Das ist noch eine eher grobe Schätzung.

Schumm hingegen beziffert den Wert der Kabel und Wasserhähne auf "5000 bis 10 000 Euro", hinzu komme der Wert der gebrauchten Haushaltsgeräte. Für ihn steht fest, dass der Schaden am Gebäude um ein Vielfaches über dem Beuteschaden liegt. Die Polizei erwartet aber ohnehin noch eine genaue Aufstellung, was alles weg ist, außerdem würden vermutlich noch Gutachter die Schäden bewerten.

Wer schon Mieter in dem Haus war

Die Classic Bautreuhand habe das Gebäude im Juni 2014 übernommen, erzählt Schumm. Früher einmal waren ein Unternehmen aus dem Burda-Konzern und die Deutsche Telekom hier Mieter. Die Firmennamen stehen noch auf einem Schild neben der Einfahrt zur Tiefgarage. Doch inzwischen macht das Haus einen ziemlich verlassenen Eindruck. Im Hinterhof sprießen Pflanzen zwischen den Steinritzen, manche Fenster sind fast blind vor Schmutz.

Die Büroräume seien zwar leer, aber "in perfektem Zustand" gewesen, betont Schumm. Deshalb sei die Geschichte auch "hoch ärgerlich". Man habe eigens den Winter über geheizt, damit das Haus in Schuss bleibt. Es gebe auch einen Hausmeister. Der sei aber zuletzt krankheitsbedingt nicht dazu gekommen, sich um das Gebäude zu kümmern. Das haben sich die Diebe offenbar zunutze gemacht.

Welche Spuren die Polizei aufgenommen hat

Wie sie vorgingen, ist noch mysteriös. Einbruchsspuren haben die Ermittler bisher nicht gefunden. Hatten die Diebe einen Dietrich oder gar über Komplizen einen Schlüssel? Oder haben sie sich auf anderem Wege Zugang verschafft? Die Polizei weiß es noch nicht. Frank Schumm hat auch keine Erklärung. "Wir haben die Schlüssel vom vorigen Eigentümer bekommen und seitdem keine externen Unternehmen im Haus gehabt." Wie gut die Chancen sind, den Fall aufzuklären, das sei "schwer zu prognostizieren", sagt Ermittler Bergmann.

Man habe am Tatort einige Spuren - darunter Fingerabdrücke und DNA - gefunden und werde diese nun mit den Einträgen in Datenbanken abgleichen. Es sehe sehr danach aus, dass es "nicht nur zwei Täter" waren, sondern eine größere Gruppe. Sonst wäre ein Diebstahl dieses Ausmaßes kaum zu schaffen gewesen.

Welche Pläne die Eigentümer auf dem Grundstück haben

Wie es mit dem Haus weitergeht, das steht nach Angaben von Frank Schumm nicht fest. Klar sei nur, dass sein Unternehmen auf dem Grundstück 300 Studentenapartments schaffen will. Die Baugenehmigung dafür liegt schon vor. "Ob wir das Haus abreißen oder umbauen, wissen wir noch nicht hundertprozentig", sagt Schumm. Ist jetzt, nach den Verwüstungen, ein Abriss wahrscheinlicher geworden? Nein, das habe nichts miteinander zu tun. Man müsse erst einmal klären, ob die Versicherung für den Schaden aufkommt.

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