Spektakuläre Überfälle in München:Glänzende Beute

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Bei der Uhren- und Schmuckmesse Inhorgenta werden Schmucksteine gezeigt. (Foto: Catherina Hess)

Münchner Uhren- und Schmuckmessen ziehen Tausende Besucher an - und gewiefte Diebe aus aller Welt, die dafür extra nach Bayern reisen. Ihr jüngstes Opfer: ein Händler aus Taiwan.

Von Susi Wimmer, München

Der Räuber hatte gepflegte Manieren und war seriös gekleidet: schwarzer Anzug, weißes Hemd, Lederschuhe, teure Armbanduhr am Handgelenk. Ein 39-jähriger Uhrenhändler aus Taiwan, der zur Uhrentechnikbörse im Hotel Westin Grand in Bogenhausen weilte, schöpfte keinerlei Verdacht, als ihn der Unbekannte in der Lobby ansprach. Wenig später lagen der Uhrenhändler und sein Vater gefesselt, geknebelt und mit verbundenen Augen auf dem Boden eines Hotelzimmers, der Gentleman-Räuber und seine Komplizen klauten mehr als 100 000 Euro Bargeld, Kreditkarten und Pässe. Einer der spektakulärsten Überfälle der jüngsten Zeit - aber kein Einzelfall.

Denn offenbar suchen international agierende Täter München gezielt auf, um Händler und Publikum von Uhren- und Schmuckbörsen zu berauben. So erwischt es die Uhrentechnikbörse fast jährlich mit teils spektakulären Diebstählen. "Wir versuchen abzusichern, was wir können", sagt Johannes Armborst, Organisator der Uhrentechnikbörse. "Aber alles geht halt nicht." Achtmal im Jahr lädt Armborst zur Uhrenbörse nach München. Und jedesmal kommen gut 200 Aussteller aus aller Welt angereist, ebenso Hobbysammler, Juweliere, Uhren-Freaks oder Chronophile, wie sie sich nennen.

Es wird gekauft, gefeilscht, gefachsimpelt, getauscht - und geklaut. 2012 etwa legte ein Kaufmann aus Tokio seine eben erworbenen Prachtstücke im Wert von 25 000 Euro in seinen Hotelsafe und verließ das Zimmer. Als er wiederkam, waren die Uhren weg. Ein Mal wurden einem italienischen Uhrensammler Armbanduhren im Wert von 150 000 Euro gestohlen, ein anderes Mal ließ im Ausstellungsraum ein Interessent bei einem kanadischen Händler eine außergewöhnliche Audemars Piguet mitgehen.

Polizei hält Straftaten für "nicht überdimensional"

Sieben Wachleute hat Veranstalter Johannes Armborst im Saal platziert, natürlich gibt es eine Videoüberwachung. Und Aussteller sowie Gäste, die meisten kennen sich untereinander seit Jahren, haben die Möglichkeit, im Hotel ein Zimmer zu buchen, dessen Gang von einem Wachmann in Auge behalten wird. "Aber der Raub auf die Händler aus Taiwan fand schon am Freitagmittag statt", erzählt Armborst. Die Messe hingegen startete erst vergangenen Sonntag. Bei der nächsten Messe, sagt er, werde man die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal verschärfen. Allerdings sei auch er machtlos, wenn sich Händler und Interessenten außerhalb der Messe treffen.

Die Polizei hält die Straftaten der vergangenen Jahre für "nicht überdimensional". Polizeioberrätin Andrea Ortmayr, Leiterin der Polizeiinspektion Bogenhausen, spricht von einem "Schutzauftrag", den ihre Beamten während den Messen haben. In bestimmten Zeitabständen patrouillieren Polizeiautos im Bereich der Cosimastraße am Westin Grand vorbei. Außerdem sind vom Fachkommissariat für Sachfahndung auch Kripobeamte im Einsatz. Sie halten zwar in erster Linie nach Hehlerware Ausschau, zeigen aber auch Präsenz.

Ausspioniert, verfolgt, ausgeraubt

Auch die Inhorgenta der Messe München, also die Schmuckmesse, wird von gewieften Räubern ebenso angesteuert wie die Mineralientage. Letztere waren Ausgangspunkt für einen spektakulären Raub: Fünf Kolumbianer spionierten dort einen Edelstein-Händler aus Idar-Oberstein aus, folgten ihm in sein Feldkirchner Hotel und klauten aus seinem Zimmer zwei Pilotenkoffer voll mit Juwelen im Wert von 360 000 Euro.

Der Mann hatte die Taschen mit Fahrradschlössern an einen Heizkörper gekettet. Die Räuber kamen nicht weit. In Nürnberg rasten sie in eine Radarfalle, wurden gestoppt - und festgenommen. Messen können aber auch dazu dienen, etwas wiederzufinden: Einem Mailänder Geschäftsmann waren 2010 bei einem Einbruch Liebhaber-Uhren im Wert von sechs Millionen Euro gestohlen worden. Er entdeckte sie wieder, bei der Uhrenmesse in München. Eine am Handgelenk des Verkäufers, eine andere in einer Vitrine. Die Polizei nahm vier Verdächtige fest.

© SZ vom 05.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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