Spektakuläre Flugeinlagen:Echt cool

Beim Ice-Cross-Downhill rasen die Athleten auf Schlittschuhen durch einen 370 Meter langen Eiskanal den Olympiaberg hinunter - im Ziel warten Eisbeutel auf die Waghalsigen

Von Christian Bernhard

Hat Euch das gefallen, München?", hallt es laut durch den Olympiapark, dann ist der Sprecher auch schon nicht mehr zu hören: Das Gejohle der Menge ist Antwort genug auf die rhetorische Frage. Sekundenbruchteile zuvor war ein martialisch gepolsterter Athlet auf Schlittschuhen durch den Münchner Abendhimmel geflogen und hatte sich dabei mehrfach in der Luft gedreht, ehe er unsanft auf seinem Hinterteil gelandet war. Ein schlimmer Sturz? Nein, business as usual beim Ice-Cross-Downhill. Im Ziel lachte der Läufer nur - und das Gejohle wurde noch einmal lauter. Die "Uuuh"'s und "Aaah"'s bestimmten das vergangene Wochenende im Münchner Olympiapark, im Mittelpunkt stand dabei ein 370 Meter langer Eiskanal, der sich vom Olympiaberg in den Olympiasee schlängelte. "Red Bull Crashed Ice" war in München zu Gast und lieferte das, was es angekündigt hatte: spektakuläre Bilder.

Dass es beim Ice-Cross-Downhill in erster Linie um spektakuläre Flugeinlagen geht, wurde schon bei den ersten Trainingsläufen deutlich. Reihenweise rutschten, flogen oder stolperten die Athleten über die Ziellinie - und wurden dafür von ihren Kollegen im Zielraum gefeiert. Beim Verlassen des Eises bekamen sie auch einen Eisbeutel in die Hand gedrückt, dieser kam in den meisten Fällen auch gleich zum Einsatz: Irgendwo am Körper mussten trotz der Schutzkleidung blaue Flecken gekühlt werden. "Nur die Crashs lassen erahnen, wie schnell man am Ende wirklich ist", erklärte Daniel Bergeson aus den USA, einer der waghalsigen Läufer.

23 500 meist junge Zuschauer tummelten sich am Freitag und Samstag am Olympiaberg, die Finales am Samstagabend, als die 64 schnellsten Männer und 16 schnellsten Frauen die Sieger im Einzelwettbewerb kürten, verfolgten 16 000 Besucher im Nieselregen. Unter ihnen der 26-jährige Manuel, der mit Freunden im Zielbereich stand. Warum? "Weil es cool ist." Die Stimmung unter den Zuschauern, die auf die Videowände starrten und auf die nächste Flugeinlage warteten, war gut, dafür sorgte am Samstag auch die Münchner Brassband Moop Mama, die in einer Pause musizierend durch die Menge marschierte.

Dass bei den Zuschauerzahlen aber noch Luft nach oben ist, macht ein Blick nach Nordamerika klar: Dort kommen regelmäßig 140 000 Zuschauer zu den mehrtägigen Rennen. "Da tun wir uns in Deutschland sehr schwer", sagte Martin Niefnecker aus Garmisch-Partenkirchen, der auch im Jahr 2011 beim Rennen in München am Start war. Niefnecker wünscht sich, dass das Rennen nun wieder jährlich in München stattfindet, das wäre für die Popularität der Sportart in Deutschland hilfreich, sagte er. Auch der Olympiapark profitiert vom Eis-Spektakel, schließlich gehört der Ski-alpin-Parallelslalom am Olympiaberg, der wegen Schneemangels immer wieder abgesagt werden musste, ebenso wie der Eishockey-Deutschland-Cup, der mittlerweile in Augsburg ausgetragen wird, der Geschichte an.

Die Streckenbauer waren in München dem Motto "schneller, extremer, spektakulärer" treu geblieben. "Dieser Track ist definitiv der schnellste, den wir jemals gefahren sind", sagte Fabian Mels aus Köln, der im Teamwettbewerb Platz zwei erreichte. Für die Zuschauer besonders attraktiv war laut Mels der "unglaubliche" Sprung kurz vor dem Ziel, bei dem mit 25 Metern ein Weitenrekord aufgestellt wurde. Mit mehr als 80 km/h gab es auch einen neuen Geschwindigkeitsrekord. "Dieser Kurs war richtig schnell, so viel Angst hatte ich noch nie bei einem Rennen", betonte der US-Amerikaner Cameron Naasz, der Gewinner des Männerrennens. Und so gab es am Ende staunende Gesichter - nicht nur im Publikum. Auch bei jenen Läufern, die in der Qualifikation versucht hatten, als Amateure in die Finalläufe zu gelangen. "Ich spiele schon sehr lange Eishockey, aber die Jungs hier sind eine andere Nummer", sagte einer von ihnen - und schüttelte lachend den Kopf.

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