SPD, Linke und Grüne:Bedingt koalitionsbereit

SPD, Linke und Grüne: Nicole Gohlke (Linke), Bernhard Goodwin (SPD) und Dieter Janecek (Grüne) diskutieren über "progressive Politik", moderiert von Sabine Pusch (2.v.r.).

Nicole Gohlke (Linke), Bernhard Goodwin (SPD) und Dieter Janecek (Grüne) diskutieren über "progressive Politik", moderiert von Sabine Pusch (2.v.r.).

(Foto: Stephan Rumpf)

Rot-Rot-Grün auf Bundesebene halten die Politiker Nicole Gohlke (Linke), Bernhard Goodwin (SPD) und Dieter Janecek (Grüne) durchaus für eine gute Idee. Aber Trennendes zu überwinden, dürfte anstrengend werden

Von Dominik Hutter

Ja, sie wollen. Beteuern sie zumindest, diverse Notausgangstürchen inklusive. Denn prinzipiell halten Nicole Gohlke (Linke), Bernhard Goodwin (SPD) und Dieter Janecek (Grüne) Rot-Rot-Grün auf der Bundesebene für eine gute Idee. "Wir würden es machen, wenn wir eine stabile Grundlage finden", versichert Janecek - wobei das anschließende Gespräch deutlich zeigt, dass etwaige Koalitionsgespräche nach der Wahl 2017 ziemlich anstrengend werden könnten: Steuern, soziale Umverteilung, die EU, das Militär und natürlich das Verhältnis zu Russland - vor allem Gohlke hat da manchmal etwas andere Vorstellungen als ihre potenziellen Mitstreiter. Sie hat auch den höchsten Anspruch: Eine neue links-progressive Bundesregierung müsse garantieren, dass wirklich Neues geschieht. Dass auf gar keinen Fall so weitergemacht wird wie bisher.

Falls ein rot-rot-grünes Bündnis dies nicht einlösen kann, drohe endgültig der Durchmarsch der Rechten. Hehre Ziele also für ein Projekt, das die drei Münchner Politiker am Dienstagabend schon einmal öffentlich im Kleinen durchspielten. Zwei - Gohlke und Janecek - sitzen bereits im Parlament, Goodwin kandidiert erstmals im Münchner Westen. Ihre Ausgangsposition könnte unterschiedlicher nicht sein: Gohlke als Mitglied einer noch nie regierenden Partei kann am überzeugendsten die Oppositionskarte ziehen, sie genießt offenkundig die Sympathie der rund 50 Zuhörer im "Neuraum" an der Arnulfstraße, macht Pluspunkte für Mobilisierung und neue Ideen. Goodwin hat es da schwerer. Seine Partei regiert bekanntlich aktuell mit der Union - und dann gibt es ja auch noch diese ewige Bürde mit den bei den Linken so verhassten Hartz-Reformen. Pluspunkte für Nehmerqualitäten und Besserungswillen also, und vielleicht auch für seine Rolle als Gute-Laune-Bär ("wir schaffen es, wenn wir wollen").

Janecek, von den dreien der rhetorisch geschickteste, punktet vor allem mit Realitätssinn und dem Mut, auch das zu sagen, was im Publikum keiner hören will. Radikal höhere Löhne für alle? "Da gehen die Unternehmen pleite." Ein Ende aller Auslandseinsätze der Bundeswehr? "Wir können uns nicht rausziehen und sagen: Soll es der Rest der Welt doch alleine machen." Janecek haftet oft auch innerhalb der eigenen Partei ein Hauch von Opposition an: Er steht weniger auf linke Utopien als auf knallharten Wirtschaftsrealismus mit ökologischer Komponente. Vor der letzten Wahl hat er noch für Schwarz-Grün getrommelt, jetzt beschreitet er neue Bündnispfade.

Es gibt durchaus Verbindendes unter den Dreien, die sich auf der Bühne freundschaftlich duzen. Ein Ja zur Besteuerung von Erbschaften und/oder großen Vermögen etwa, ein Ja zu einer weltoffenen und progressiven Gesellschaft sowie ein klarer Schulterschluss gegen rechts. Wobei, da geht es schon los: Janecek warnt dringend davor, sich im Wahlkampf thematisch von den Rechten treiben zu lassen. Gohlke dagegen fürchtet, die Gefahr von rechts werde nicht ernst genug genommen.

Nicht ganz unerwartet verlaufen die Konfliktlinien vor allem zwischen dem bündniserprobten Double Rot-Grün und den Linken. Goodwin bevorzugt Außenpolitik nach dem Steinmeier-Modell, Janecek setzt eher auf die Nato als auf ein Bündnis mit der aggressiven Macht Russland. "Ich möchte nicht in Frage stellen, dass wir eine Armee brauchen." Gohlke erwartet hingegen von R2G, wie ein rot-rot-grünes Bündnis im Digital-Kürzel heißt, eine völlig andere Außenpolitik: keine Aufrüstung in Europa, ein Neustart bei der Europäischen Union und ein "kollektives Sicherheitssystem unter Einbindung Russlands".

Auf der Bühne im "Neuraum" konnten sich die drei noch nicht auf eine Koalition verständigen. Ob dies im Großen hinhaut, muss sich 2017 erweisen - falls das Wahlergebnis ein solches Bündnis überhaupt zulässt. Die Angst davor ist offenbar groß: Die Junge Union, aufgeschreckt von dem Treffen der Konkurrenz, veröffentlichte bereits im Jargon der Weimarer Republik ein Foto der neuen "Linksfront für München".

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