SPD-Fraktionschef im Münchner Stadtrat:Reissl steht alleine da

Das Deutsche Theater in München nach der Sanierung, 2014

SPD-Fraktionschef Alexander Reissl - hier in der Künstlergarderobe des Deutschen Theaters - erntet für seinen jüngsten Vorstoß keinen Applaus.

(Foto: Robert Haas)

Der Vorstoß von Alexander Reissl war gewagt: Der SPD-Fraktionschef hatte vorgeschlagen, den Grünen in einem Dreierbündnis mit der CSU einen Bürgermeisterposten zu verweigern. Doch damit stößt er auf Kritik - vor allem aus der eigenen Partei.

Von Silke Lode

Eigentlich sollte es eine Vorstoß ganz im Sinne der SPD werden. Den Sozialdemokraten droht der Verlust eines Bürgermeisterpostens, wenn sie sich tatsächlich auf ein Dreierbündnisses mit der CSU und den Grünen einlassen. Deshalb hat der bisherige Chef der Rathaus-SPD, Alexander Reissl, eine neue Rechnung auf Kosten der Grünen aufgemacht: Da Dieter Reiter direkt zum OB gewählt wurde, seien nur zwei Ämter zu vergeben, und die müssten an die stärksten Fraktionen gehen - also an CSU und SPD. Doch selbst innerhalb seiner Partei erntet Reissl für diesen Vorschlag keinen Applaus. Im Gegenteil.

Nach außen bemüht sich die SPD um Geschlossenheit, auch um den äußerst erfahrenen Kommunalpolitiker Reissl nicht zu stark zu beschädigen, ehe endlich ein Bündnis im Rathaus geschmiedet und ein neuer Fraktionschef gewählt ist. Trotzdem geht der neu gewählte Oberbürgermeister Dieter Reiter, der kommende Woche vereidigt wird, öffentlich auf Distanz: "Mich wundert schon, wie leichtfertig da im Vorfeld von verschiedenen Seiten Bürgermeister-Ämter ,vergeben' werden, ohne überhaupt miteinander geredet zu haben", teilte Reiter am Donnerstag mit. Reiter bemüht sich um Diplomatie, auch auf Nachfrage will er nicht direkter werden. Unterstützung oder auch nur ein Anflug von Sympathie für Reissls Vorschlag sehen jedoch anders aus.

Die Grünen sind inzwischen gelassen

Das hat die SPD offenbar auch den Grünen vermitteln können, die sich am Donnerstag betont gelassen geben. Am Vortag wurden sie von dem Versuch, sie bei den Gesprächen mit der CSU bereits im Vorfeld auszubooten, völlig überrascht. Nun aber straft die Grüne Spitzenfrau Sabine Nallinger Reissls Forderung schlicht mit Missachtung: "Wir sind von höherer Stelle informiert worden, dass das die Meinung einer Einzelperson ist, nicht der gesamten SPD." Dieter Reiter hingegen scheint inzwischen das Vertrauen der Grünen gewonnen zu haben, für ihn findet Nallinger nur lobende Worte: "Er geht die Verhandlungen genau in der richtigen Reihenfolge an. Erst werden wir mit der CSU über Inhalte reden. Und nur, wenn sich da eine Einigung abzeichnet, müssen wir überhaupt über Personal sprechen."

In der SPD wird Reissls Vorstoß auch als Auswuchs der Neuorientierung interpretiert, die für die Partei gerade erst begonnen hat. Mit dem Wechsel an der Stadtspitze ist nicht nur die Ära Ude zu Ende gegangen- die Partei muss auch einen massiven Einbruch bei der Stadtratswahl verarbeiten und damit zurecht kommen, dass im Rathaus keine klaren Mehrheitsverhältnisse mehr herrschen. Zumindest nicht für das langjährige rot-grüne Bündnis.

Reissls Zugehen auf die CSU dürfte damit zumindest in Teilen der Partei auch auf Zustimmung stoßen. Doch gerade in der Münchner SPD, die stark durch die seit 24 Jahren andauernde Kooperation mit den Grünen geprägt ist, gilt eine große Koalition nicht als nachhaltiger Ausweg aus der derzeitigen Krise. Aufmerksam haben viele Genossen beobachtet, dass die Grünen mit ihren Themen konstant bei Kommunalwahlen zulegen. Auch Dieter Reiter liebäugelt nach wie vor mit einer linken Mehrheit: "Die Tür für Gespräche ist nach wie vor offen", ließ er am Donnerstag die ÖDP wissen. Wie stark der Rückhalt in der SPD für Reissl und damit für einen Kurs in Richtung CSU ist, dürfte sich in den nächsten Wochen zeigen - spätestens bei der Wahl des Fraktionschefs.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: