Sparkurs:Beim ADAC sollen 400 Stellen wegfallen

ADAC

Der ADAC will 170 Millionen Euro einsparen, auch durch den Abbau von Stellen.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Der ADAC will 170 Millionen Euro einsparen, um ein Defizit zu vermeiden.
  • Europas größter Autoclub will in seiner Münchner Zentrale mehrere Hundert Stellen streichen.
  • Nun beginnen die Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan.

Von Heiner Effern und Uwe Ritzer

Als er vor vielen Jahren beim ADAC zu arbeiten begann, habe ihm sein Vater stolz gratuliert, erzählt der Mann am Telefon. Der Sohn habe damit schließlich eine Lebensstellung angetreten und bislang sei das ja auch immer so gewesen, sagt die Stimme, die nun immer lauter wird, weil wütender. Stellenabbau und Entlassungen beim ADAC - das habe es noch nie gegeben, zumindest nicht in München in der Zentrale. Also habe er sich wie alle anderen entsprechend eingerichtet - Familie, Eigentumswohnung, Sportverein.

Nun aber ist auf einmal alles anders und dementsprechend schlecht sei die Stimmung in dem Hochhauskomplex an der Hansastraße unweit vom Sendlinger Westpark, erzählen Mitarbeiter. Von Angst, Frust und Zorn ist die Rede. "Die Ungewissheit ist für viele Kolleginnen und Kollegen schlimm", formuliert Betriebsratsvorsitzender Bernd Hapke diplomatisch.

Bis zu 400 von 2500 Stellen sollen fast ausschließlich in München und zu einem kleinen Teil im Landsberger Technikzentrum bis Ende 2020 abgebaut werden, um 170 Millionen Euro einzusparen und ein entsprechendes Defizit zu vermeiden. So hat das ADAC-Geschäftsführer Alexander Möller auf einer Betriebsversammlung Mitte September angekündigt.

Seither liefen Vorgespräche mit dem Betriebsrat; nun geht es ans Eingemachte. In dieser Woche beginnen die konkreten Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan. Ziel sei es, so Bernd Hapke, dass beides bis Ende November steht, weil dann die Amtszeit des Betriebsrates endet. "Es wird Veränderungen geben, aber unser Ziel ist es, so viele Stellen wie möglich zu halten", sagt der Betriebsratschef. Die Arbeitnehmervertreter haben Wirtschaftsprüfer und Anwälte engagiert und mit ihnen Gegenvorschläge ausgearbeitet.

Wobei nicht nur Stellen gestrichen werden sollen, wie die SZ erfuhr. Auf dem Verhandlungstisch liegt auch ein Vorschlag des ADAC, einen Großteil der gut 200 Sachbearbeiter im Mitgliederservice aus München weg zu verlagern. Die Stadt sei als Standort zu teuer, argumentieren die Manager des Automobilklubs. Und wohin mit den Leuten? "An einen Standort irgendwo in Deutschland, wo die Lohn- und Nebenkosten niedriger sind", sagt ein Insider. Für das Mitglied, das sich online oder telefonisch an den ADAC wende, sei es egal, wo sein Anliegen bearbeitet werde.

Der ADAC-Zentrale droht ein Aderlass

Betroffene Beschäftigte sehen dies naturgemäß anders. Sei es doch gerade der Mitgliederservice gewesen, wo die Kritik vieler ADAC-ler unmittelbar aufschlug, als 2014 die Manipulationen um die Autowahl "Gelber Engel" und im Nachgang einiges mehr an fragwürdigem Geschäftsgebaren öffentlich wurden. "Das ist die Abteilung, die aufgearbeitet hat, was das Präsidium verbockt hat", sagt einer. Ganz abgesehen davon sei die Servicesparte "das Herzstück" des Vereins mit seinen 20 Millionen Mitgliedern.

Der für 325 Millionen Euro erbauten ADAC-Zentrale in der Hansastraße droht damit sechs Jahre nach ihrem Bezug ein Aderlass. Schließlich stehen unterm Strich fast ein Fünftel der Arbeitsplätze hier zur Disposition. 950 Menschen arbeiten hier für den Verein ADAC, der ausschließlich von den Kürzungen betroffen ist. Weitere 1600 Mitarbeiter sind bei der ADAC SE angestellt, der Aktiengesellschaft, in der die kommerziellen Geschäfte gebündelt sind. Sie sind ebenso wenig von den Kürzungsplänen betroffen wie die Handvoll Mitarbeiter bei der ADAC-Stiftung. Bekanntlich hat sich der ADAC im Nachgang zur Krise 2014 in diese drei Einheiten aufgespaltet, um seinen Rechtsstatus als Idealverein nicht zu verlieren.

Nun sollen manche Bereiche, wie etwa die hauseigene Druckerei, ganz geschlossen und die Aufträge künftig an Fremdfirmen vergeben werden. Auch in der Telefonzentrale, der Werbeabteilung, einem sogenannten Letter-Shop und in der Touristikabteilung sollen Stellen wegfallen, ebenso vereinzelt in der klassischen Verwaltung. Die meisten über natürliche Fluktuation, die Nichtbesetzung frei werdender Stellen und Abfindungsprogramme. Reicht das nicht, stehen auch betriebsbedingte Kündigungen im Raum, von denen alle Seiten betonen, man wolle sie unbedingt vermeiden.

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