Spargelsaison:Schau an, der Spargel ist da!

Spargelernte in Bayern

Spargelstechen geht auch ohne Minister oder Ministerin. In Wirklichkeit holen meistens Saisonarbeiter das Gemüse aus der Erde.

(Foto: Armin Weigel / dpa)

Über eine verspätete Inszenierung auf dem Viktualienmarkt

Von Franz Kotteder

Die Münchner sind zwar große Skeptiker, die nicht an letzte Gewissheiten glauben. Eines aber dürfte feststehen: Könnte man auf dem Mond Spargel anbauen und wäre der früher reif als Spargel von anderswo, dann gäbe es unweigerlich demnächst Spargel vom Mond. Schließlich wird Spargel schon seit ein paar Jahren aus Peru eingeflogen. Bei manchen Discountern kann man ihn schon ganz früh im Jahr kaufen.

Saisonales Edelgemüse, das in höchster Qualität vor der Haustür wächst, von der anderen Seite der Erdkugel kommen zu lassen - das kann man schon pervers finden. Schließlich ist es ja schon fragwürdig, Spargel aus Griechenland und Spanien einzuführen, nur weil der etwas früher da sein kann und billiger ist. Wobei in Zeiten des Klimawandels und der industrialisierten Landwirtschaft der Zeitpunkt der ersten Ernte im Jahreslauf sowieso immer weiter nach vorne rückt.

Da ist man fast beruhigt, dass wenigstens das bayerische Landwirtschaftsministerium dem Wahnwitz der Zeitläufte trotzt und alle Jahre wieder auf dem Viktualienmarkt die Spargelsaison offiziell eröffnet. Und zwar nicht dann, wenn sich die Auslagentische an den einzelnen Marktständen schon längst unter der Stangenware aus Abensberg und Schrobenhausen biegen und kaum ein Kunde noch das Areal ohne das obligatorische Plastiksackerl verlässt. Sondern unverrückbar erst um die Aprilmitte herum.

An diesem Donnerstag ist es wieder soweit. Die neue Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) wird exakt um 11.30 Uhr vor dem Liesl-Karlstadt-Brunnen jene leicht alberne Inszenierung absolvieren, die ihr Vorgänger Helmut Brunner jedes Jahr wieder mit beeindruckendem Gleichmut über sich ergehen hat lassen. Man steht dann nämlich als oberste Amtsperson gemeinsam mit der Schrobenhausener Spargelkönigin - in diesem Jahr Lena Hainzlmair - sowie weiteren Würdenträgern des Spargelanbauverbands auf einer Bühne vor einem Erdhügel und tut so, als ob man gerade frischen Spargel sticht. In Wahrheit machen das viele Hundertschaften osteuropäischer Saisonarbeiter, aber die kann man ja schließlich nicht auch noch auf den Viktualienmarkt karren.

In ein, zwei Jahrzehnten hat der Christkindlmarkt vielleicht gerade zu gemacht und gleich danach beginnt die Spargelsaison. Da wird es dann doch tröstlich sein zu wissen: Fürs Landwirtschaftsministerium geht alles erst im April los, und Spargelsilvester ist unweigerlich am 24. Juni.

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