Spa in Geretsried gescheitert:Der Kampf der Wellness-Bäder

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Edelsteinbäder, Blütentempel, Unterwasser-Musik: Im Münchner Süden sollte das größte Day-Spa der Welt entstehen - nach dem Scheitern der Pläne ist die Erleichterung groß. Vor allem bei der Konkurrenz. Denn: Der Markt ist auch ohne Spaladin eng genug.

Silke Bigalke

Märchenhaft waren die Pläne für die alte Kiesgrube in Geretsried. Das "größte Day-Spa der Welt" sollte dort entstehen, so kündigte Wellness-Pionier Heinz Schletterer sein "Spaladin" Anfang 2008 an. Edelsteinbäder, Blütentempel, Solestollen und Unterwasser-Musik sollten 600 000 Besucher im Jahr anlocken und Geld und Arbeitsplätze nach Geretsried bringen. Ein echter Scheich, Adnan Zainy aus Saudi-Arabien, wollte den Großteil der bis zu 120 Millionen Euro für Spa und Hotel zahlen.

Wie in der Welt von Tausendundeiner Nacht sollten sich die Gäste im Spaladin fühlen. Nun ist das Projekt wohl endgültig gescheitert. (Foto: Schletterer)

Lange hat die Stadt für das Megaprojekt gekämpft, nun wird es wohl ein Märchen bleiben. Die Baugenehmigung hat Zainy im Herbst 2010 noch im Landratsamt abholen lassen, seither tut sich nichts. Das Grundstück hat die Stadt inzwischen selbst gekauft. Zwar hat der Investor bis Frühjahr 2013 die Option zu bauen. Aber selbst Projektentwickler Andreas Neumann hält es für "sehr unwahrscheinlich", dass er das tut.

Für Geretsried ist das ein großer Verlust, bei der Konkurrenz ist die Erleichterung groß. Der Markt ist auch ohne Spaladin eng genug. "In Bayern gibt es viele Bäder, die um Besucher kämpfen", sagt Hans-Jürgen Gensow vom Deutschen Saunabund.

Alle Anlagen im Dunstkreis des Spaladin hätten Gäste verloren, selbst die etablierte Therme Erding mit ihren 1,5 Millionen Besuchern im Jahr. Das sieht Felizitas Romeiß-Stracke ähnlich. Die Tourismuswissenschaftlerin hält den Markt für große Bäder in Bayern für gesättigt. "Von 600.000 Besuchern auszugehen war unrealistisch", sagt sie. Am meisten hätten das Trimini in Kochel und das Alpamare in Bad Tölz unter der Konkurrenz gelitten.

Solange das Spaladin nicht kommt, ergeben sich in Bad Tölz neue Möglichkeiten. Gerade entwickelt die Stadt ein Konzept, um ihr Kurviertel aufzumörteln. Sie will Hotels vernetzen und mit Gesundheitskongressen mehr Wellness-Gäste locken. Das Alpamare soll dabei eine wichtige Rolle spielen. "Unser Wellness-Angebot würde wesentlich verändert und mehr in die Richtung gehen, die auch das Spaladin geboten hätte", sagt Geschäftsführer Stefan Anselm. Geplant sind Dampfbäder, Hamam-Anwendungen und Saunen. Sollte es sich der Scheich doch noch anders überlegen, müsste Bad Tölz wieder umdenken.

Anselm entwickelt Wasserparks, vor allem in der Schweiz und Osteuropa. Ein Spaladin hätte "massive Auswirkungen auf die Branche, auch auf die Day-Spas in München", sagt er. Die Spaladin-Pläne hielt er schon immer für utopisch. Um die hohe Investition zu rechtfertigen, hätte nach seiner Rechnung ein jeder der 600.000 Besucher 100 Euro im Spaladin lassen müssen. Das Alpamare hatte früher auch einmal so viele Gäste, in den neunziger Jahren, vor dem großen Bäder-Boom. Heute kommen halb so viele und lassen im Schnitt jeweils 25 Euro da. Das Spaladin, schätzt Anselm, hätte ihn weitere 50.000 Besucher gekostet.

Die Kommunen finanzieren die Defizite

Die Konkurrenz wächst, auch weil immer mehr kommunale Bäder einen Wellnessbereich haben. "Das wäre kein Problem, wenn die verlustreichen Bäder Pleite gehen würden", sagt Anselm. Das tun sie aber nicht. Denn die Kommunen finanzieren die Defizite.

So schreibt das Trimini in Kochel schon lange rote Zahlen, zuletzt musste die Gemeinde etwa 400 000 Euro im Jahr zuschießen. Auch hier haben sich die Besucherzahlen halbiert, auf 160 000 im Jahr. Jetzt soll es ein privater Betreiber, die Kristall Bäder AG, richten. Gemeinsam mit der Gemeinde investiert sie zwölf Millionen Euro, um das Trimini zu sanieren und den Wellnessbereich zu erweitern.

Auch die Therme Erding hat die Spaladin-Pläne kritisch beobachtet. Zehn Prozent der Gäste in Erding kommen aus Österreich, sie wären an Geretsried vorbei gefahren und womöglich im Spaladin hängengeblieben. "Wenn wir gesehen hätten, dass das Projekt realisiert wird, hätten wir rechtzeitig reagiert und unseren Standort gegen den Wettbewerber geschützt", sagt Prokurist Uwe Barth selbstbewusst.

Die Therme wird regelmäßig erweitert, bis 2013 für insgesamt 100 Millionen Euro. Dann soll, ähnlich wie beim Spaladin, ein Hotel dazukommen. 2007 wurden bereits 64 Millionen Euro investiert, unter anderem in das Spaßbad Galaxy und in eine dreimal größere Saunalandschaft.

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Schon länger als die Wellnessbäder setzen die bayerischen Kurorte auf Saunen und Thermen. "An vielen Orten sind Heilbäder entstanden", sagt Klaus Holetschek, Vorsitzender des Bayerischen Heilbäder-Verbands. Seine 47 Mitglieds-Kurorte bieten vor allem medizinische Behandlungen an.

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Beim Spaladin wurde spekuliert, ob das Bad auch medizinische Anwendungen anbieten würde. Schließlich lassen sich wohlhabende Saudis gerne von bayerischen Ärzten behandeln und hätten danach die orientalische Therme besuchen können. Von einem solchen Medizintourismus leben auch die Kurbäder, sagt Holetschek.

Eine der neusten Thermen in der Region ist die in Bad Aibling bei Rosenheim. Sie wurde 2007 eröffnet und fischt dem Tölzer Alpamare die Gäste aus Rosenheim und Salzburg weg. Dennoch schafft Bad Aibling gerade mal die schwarze Null. "Die ersten Jahre eines Bades sind eigentlich seine besten", stichelt Alpamare-Chef Anselm. Die Konkurrenz ist groß - auch ohne Spaladin.

© SZ vom 02.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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