Sozialreferat:Brigitte Meier muss um ihren Job kämpfen

Brigitte Meier, 2015

Brigitte Meier bei einer Infoveranstaltung zur Arbeit von Dolmetschern mit Flüchtlingen.

(Foto: Robert Haas)
  • Das Stadtjugendamt hat über Jahre hinweg die Kosten für die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge nicht abgerechnet - nun könnten 178 Millionen Euro verloren sein.
  • Deshalb wollen die Grünen die Wiederwahl von Sozialreferentin Brigitte Meier verhindern.
  • Im Rathaus fand eine Krisensitzung nach der anderen statt.

Von Heiner Effern

Die Grünen wollen die Wiederwahl von Brigitte Meier (SPD) zur Sozialreferentin an diesem Mittwoch vorerst verhindern. "Sie trägt zu viel Ballast mit sich, um sich zur Abstimmung zu stellen", sagt Fraktionsvorsitzende Gülseren Demirel.

Ein Bericht des Revisionsamtes habe bestätigt, dass das Sozialreferat über Jahre hinweg versäumt hat, die Kosten für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge rechtzeitig geltend zu machen. Der Stadt könnte deshalb laut Revisionsamt ein Verlust in mindestens zweistelliger Millionenhöhe drohen. "Diese Missstände und ihre gesamte Dimension müssen auf den Tisch, bevor sich die amtierende Sozialreferentin zur Wiederwahl stellt - alles andere wäre unseriös", sagt Demirel. Ihre Fraktion hat deshalb für die Vollversammlung einen Dringlichkeitsantrag eingereicht, Meiers Wahl zu verschieben.

Wieso Meier den Bericht für überholt hält

Das Sozialreferat ist für die Betreuung von jugendlichen Flüchtlingen zuständig, die ohne Eltern und Familie ankommen. Allein 2015 waren es mehr als 5000. Die Kosten muss erst einmal die Stadt übernehmen, die sich das Geld dann über komplizierte Verfahren erstatten lassen kann. Werden solche Anträge zu spät gestellt, verjähren die Ansprüche. Genau das drohe in vielen Fällen zu passieren, heißt es vom Revisionsamt. Das hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) im November eingeschaltet. In dem Papier ist ein möglicher Schaden mit 178 Millionen Euro beziffert.

Sozialreferentin Meier hält den Bericht für überholt. "Die Kernaussagen sind veraltet, es gelten neue Regelungen, die uns bis Ende 2016 Zeit geben, fristgerecht abzurechnen", teilt sie schriftlich mit. Der Stau bei der Abarbeitung sei "sehr ärgerlich", liege aber unter anderem in der enormen Beanspruchung des Jugendamtes begründet. Nun arbeite eine Taskforce alle liegen gebliebenen Fälle ab. "Ich bin zuversichtlich, dass wir zum Jahresende keine nennenswerten Einbußen bei der Rückerstattung der Kosten haben werden."

Was OB Reiter dazu sagt

Trotz dieser Aussagen fand am Dienstag im Rathaus eine Krisensitzung nach der anderen statt. Bis zum Abend blieben die Aussagen vage. Oberbürgermeister Reiter erklärte, dass ihm an Aufklärung gelegen sei. "Ich habe Frau Meier und die Leiterin des Revisionsamts gebeten, in der Vollversammlung den aktuellen Sachstand zu berichten."

Dass er trotzdem bei der Wahl an seiner Referentin, einer langjährigen SPD-Stadträtin, festhalten wolle, schreibt der OB nicht. Er weist aber den Vorwurf der Grünen zurück, schon seit November von den Missständen gewusst, diese aber im Stadtrat nicht bekannt gegeben zu haben. Er wolle "vollständige Transparenz", erklärt Reiter. "Deshalb habe ich das Revisionsamt um einen Zwischenbericht gebeten und diesen allen Fraktionen zukommen lassen." Das ist bei einem Zwischenbericht nicht üblich.

Auch die CSU-Fraktion gibt sich sehr distanziert. "Mit großer Sorge haben wir den Zwischenbericht des Revisionsamts über die Versäumnisse des Sozialreferats vernommen", schreibt Fraktionschef Hans Podiuk. Der Vorstand seiner Fraktion werde sich am Morgen vor der Vollversammlung zu einer Sondersitzung treffen. "Wir werden darüber beraten, welche Konsequenzen nach der derzeitigen Sachlage aus dem Vorfall zu ziehen sind. Wir fordern jedenfalls die zügige Aufklärung des Sachverhalts."

Für die SPD-Fraktion weist Sozialsprecher Christian Müller alle Vorwürfe gegen Meier zurück. Sie habe schnell reagiert, als sie über die Probleme bei den Abrechnungen im Jugendamt erfahren habe, sagt Müller. Die Grünen wollten der Sozialreferentin ohne Substanz "an den Karren fahren".

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