Sorgerechtsstreit:Schießerei in der Maxvorstadt: Mann soll auch auf Polizisten gefeuert haben

April 19 2016 Shootout in Munich Maxvorstadt One person wounded and transported to the hospital

Die Zentnerstraße ist am Dienstag stundenlang gesperrt gewesen. Ein Großaufgebot an Polizisten versuchte, den Schützen zum Aufgeben zu bewegen.

(Foto: imago/ZUMA Press)
  • Hassan A. soll in der Zentnerstraße erst auf seinen Nebenbuhler geschossen haben und dann auch noch auf eine Zivilstreife.
  • So entwickelte sich ein wahres Gefecht: Mehrere in der Zentnerstraße geparkte Autos wiesen Einschusslöcher auf.
  • Die Staatsanwaltschaft beantragte nun Haftbefehl gegen den 40-Jährigen.

Von Martin Bernstein

Gegen Hassan A., der am Dienstagabend in der Zentnerstraße versucht haben soll, den neuen Freund seiner Frau zu ermorden, wird jetzt zusätzlich wegen möglicher Schüsse auf zwei Polizisten ermittelt. Der 40-jährige Münchner hat sich vor seiner Festnahme in der Maxvorstadt offenbar ein Feuergefecht mit zwei Zivilpolizisten geliefert. Polizeisprecher Marcus Da Gloria Martins sagte am Donnerstag, der Mann habe mindestens sechs Schüsse aus seinem Revolver abgegeben. Da dieser nur fünf Patronen in der Trommel haben kann, müsste der Schütze einmal nachgeladen haben.

Zwei Schüsse trafen den 24 Jahre alten Freund der Frau, der am Donnerstag noch immer im künstlichen Koma lag. Zudem wurde der 24-Jährige von einer Polizeikugel getroffen - wie dies geschah, ist noch unklar. Dass er gezielt auf die zwei Polizisten geschossen habe, bestritt Hassan A. bei einer ersten Vernehmung. Gleichwohl wurde gegen den 40-Jährigen Haftbefehl erlassen wegen versuchten Mordes an seinem Nebenbuhler sowie zweifach versuchten Totschlags an den Polizeibeamten, wie die Staatsanwaltschaft München I mitteilte.

Wie es zur Schießerei kam

Der 40-Jährige, seine Frau und deren Freund trafen sich nach neuesten Erkenntnissen der Polizei zufällig am Dienstagnachmittag an der Zentnerstraße, wo die beiden Noch-Eheleute getrennte Termine bei einer Gutachterin hatten. Es ging um das Sorgerecht für die beiden elf Monate und vier Jahre alten Kinder. Schon bei dieser Begegnung sei es zu ersten, noch verbalen Auseinandersetzungen gekommen.

Während die 24-jährige Frau dann ihren Termin wahrnahm, gingen die beiden Männer in ein Café, das Hassan A. später wieder verließ - wie man jetzt weiß, um nach Hause nach Pasing zu fahren und dort die Waffe zu holen. Den umgebauten Schreckschussrevolver der Marke Arminius vom Kaliber 38 Spezial hatte sich der 40-Jährige nach eigenen Angaben illegal in Tschechien besorgt.

Derart bewaffnet kehrte er in das Café zurück. Dem Freund seiner Frau schwante offenbar Übles. Jedenfalls benachrichtigte er seine Freundin, sie solle die Polizei rufen. Als kurz nach 18 Uhr eine Zivilstreife eintraf, hatten die beiden Männer das Café verlassen und waren gerade in die Zentnerstraße eingebogen.

Als die Zivilpolizisten die Männer ansprachen, habe der Pasinger unvermittelt seine Waffe gezogen und auf seinen 24-jährigen Nebenbuhler geschossen, sagte Da Gloria Martins. Danach entwickelte sich eine "Kombattantensituation", in der die Polizisten in Deckung gingen und insgesamt 15 Schüsse aus ihren achtschüssigen Dienstwaffen abgaben. Nach Erkenntnis der Ermittler feuerte der Tatverdächtige seinerseits in Richtung der Beamten - oder versuchte es zumindest, wie Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte.

Das genaue Geschehen müssen Ballistiker noch rekonstruieren. Dass A. seinen Revolver nachladen konnte, könnte aber ein Indiz dafür sein, dass er ebenfalls zunächst Deckung gesucht hatte. Mehrere an der Zentnerstraße geparkte Autos wiesen nach dem Feuergefecht Einschusslöcher auf. Das schwer verletzte 24-jährige Opfer konnte sich während der Schießerei aus eigener Kraft aus der Gefahrenzone schleppen. A. wurde von einer Polizeikugel im rechten Oberschenkel getroffen. Er kauerte gehunfähig fast drei Stunden auf dem Gehsteig und drohte damit, sich zu erschießen, ehe einem Spezialeinsatzkommando der Zugriff gelang.

Wann Polizeibeamte zur Waffe greifen dürfen

Dass bei einem Polizeieinsatz 15 Schüsse fallen, ist ungewöhnlich viel. Das heißt aber nicht automatisch, dass die beiden Polizisten, die unverletzt blieben, falsch gehandelt haben. Ob ihr Vorgehen gerechtfertigt war, sollen nun die internen Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) klären. Polizisten dürfen laut Gesetz ihre Pistolen dann verwenden, wenn "das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist". Auf Personen dürfen sie nur schießen, um sie "angriffs- oder fluchtunfähig zu machen". Das heißt: Die Polizisten müssen das Feuer in dem Moment beenden, in dem sich der Täter nicht mehr fortbewegen kann. Die internen Ermittler des LKA treten immer dann in Aktion, wenn jemand durch einen Schuss aus einer Polizeiwaffe getroffen worden sei, erklärt Behördensprecherin Claudia Vodermaier die Standardprozedur. Das sei kein Hinweis auf ein mögliches Fehlverhalten. Laut erster Einschätzung durch die Staatsanwaltschaft vom Mittwoch bestehen "keine Zweifel" an der Rechtmäßigkeit des polizeilichen Schusswaffengebrauchs in der Zentnerstraße.

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