Sophie Scholl: 90. Geburtstag:Gesicht des Widerstands

Sie lehnte sich gegen den NS-Terror auf - und wurde deswegen im Namen des Regimes ermordet. Sophie Scholl steht seither für den Widerstand gegen die Nazi-Diktatur. Ihr Leben in Bildern.

9 Bilder

Ehemalige Hinrichtungsraum im Münchner Gefängnis Stadelheim, 1956

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Es ist der 22. Februar 1943: Nach langen Verhören und einer viertägigen Verhandlung vor dem Volksgerichtshof werden Sophie Scholl, ihr Bruder Hans und Christoph Probst zum Tode verurteilt. "Wegen landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung", heißt es in der Urteilsbegründung des obersten NS-Richters Roland Freisler.

Noch am selben Tag werden die Urteile im Münchner Gefängnis Stadelheim vollstreckt.

Sophie Scholl, die an diesem Montag 90 Jahre alt geworden wäre, ist das Gesicht der Münchner Widerstandsgruppe der "Weißen Rose".

(Im ehemaligen Hinrichtungsraum im Gefängnis Stadelheim wurden während des Dritten Reiches 140 Menschen ermordet. Später wurde der Raum als Autowerkstatt der Gefängnisverwaltung genutzt.)

Hans und Sophie Scholl als Kinder mit Vater und Geschwistern

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Sophie Scholl wird am 9. Mai 1921 im württembergischen Forchtenberg geboren. Dort lebt sie bis 1930 mit ihren Eltern und den vier Geschwistern Inge, Hans, Elisabeth und Werner.

(Hans und Sophie Scholl als Kinder mit Vater und Geschwistern vor dem Schloss Favorite in Ludwigsburg)

Sophie Scholl

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Noch vor ihrem Abitur, das Sophie Scholl 1940 ablegt, rückt sie vom NS-Regime ab. Immer mehr beschäftigt sie sich mit Fragen der Religion, Philosophie und Malerei - ein Versuch der Abgrenzung.

Nach dem Abitur arbeitet sie zunächst als Kindergärtnerin und absolviert den Kriegsdienst, bevor sie im Mai 1942 zu ihrem Bruder Hans nach München ziehen kann. An der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität studiert sie Biologie und Philosophie. Privat führt ihr Bruder Hans sie in seinen regimekritischen Freundeskreis ein.

Hans Scholl

Quelle: Geschwister-Scholl-Archiv

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Hans Scholl lebt schon länger als seine Schwester in München, studiert Medizin. Ihre geistige Prägung erfahren die regimekritischen Freunde vor allem durch die katholischen Publizisten Carl Muth und Theodor Haecker. Mentor der Gruppe ist jedoch der Philosophieprofessor Kurt Huber, dessen Vorlesungen sie oft gemeinsam besuchen und mit dem sie auch privat viel über die Frage diskutieren: Wie kann man sich während der Nazi-Diktatur seine geistige Unabhängigkeit bewahren?

Flugblatt der Widerstandsgruppe 'Weiße Rose', 1943

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Vor allem Hans Scholl und sein Freund Alexander Schmorell wollen nicht nur im Privaten diskutieren. Sie rufen in mehreren Flugblättern zum passiven Widerstand gegen das Regime auf. Zwischen Juni und Juli 1942 erscheinen vier Flugblätter, die die Freunde unter dem Namen "Weiße Rose" veröffentlichen.

Hans Scholl, Sophie Scholl, Willi Graf und Alexander Schmorell auf dem Münchner Verladebahnhof, 1942

Quelle: AKG-Images

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Als Mitte Januar 1943 das fünfte Flugblatt erscheint, gehören auch Christoph Probst, Willi Graf, Sophie Scholl und Professor Kurt Huber aktiv der Widerstandsgruppe an.

Sophie Scholl soll zwar von den Aktivitäten ihres Bruders und dessen Freunden gewusst haben. Ob sie bei der Formulierung und Verbreitung der ersten vier beteiligt war, ist ungewiss.

Als sicher gilt jedoch, dass sie bei der Produktion und Verteilung der letzten beiden Flugblätter eine aktive Rolle gespielt hat.

(im Bild: Hans Scholl (2. v. li.), Sophie Scholl, Willi Graf (mi.) und Alexander Schmorell am Münchner Verladebahnhof 1942. Der Zaun, der ein Areal am heutigen Ostbahnhof in der Orleansstraße begrenzt, steht heute noch an dieser Stelle)

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Quelle: Catherina Hess

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Mit Hilfe von Freunden wird ihr fünfter Aufruf in München und anderen Städten in Süddeutschland verteilt. "Mit mathematischer Sicherheit führt Hitler das deutsche Volk in den Abgrund", ist darin zu lesen. "Hitler kann den Krieg nicht gewinnen, nur noch verlängern! Seine und seiner Helfer Schuld hat jedes Maß unendlich überschritten. Die gerechte Strafe rückt näher und näher!"

(im Bild das Denkmal am Geschwister Scholl Platz in München: eine Skulpur im Boden, die die Flugblätter der Weißen Rose darstellt)

Sophie Scholl

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Mit diesem Flugblatt wird die Gestapo auf die Widerstandgruppe aufmerksam und beginnt, die Urheber ausfindig zu machen. Vom 9. Februar 1943 an überwacht die Gestapo das Unigebäude.

Die deutsche Niederlage in Stalingrad ist für die Gruppe Anlass für das sechste Flugblatt. Dieses wird von Professor Huber verfasst. Am 18. Februar legt Sophie gemeinsam mit ihrem Bruder Flugblätter im Lichthof der LMU aus, wirft etwa 80 bis 100 Blätter in den Innenhof. Ein Hausmeister beobachtet und verrät sie. Die jungen Widerständler werden von der Gestapo verhaftet.

Noch am gleichen Abend wird auch Willi Graf verhaftet, zwei Tage später Christoph Probst und in der Folge auch Alexander Schmorell sowie Freunde aus dem Umfeld der Widerstandgruppe.

Gedenktafel in München, Franz-Joseph-Straße 13

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Während der Verhöre durch die Gestapo bekennt sich Sophie Scholl mutig zu den Zielen der "Weißen Rose": "Ich war mir ohne weiteres im Klaren darüber, dass unser Vorgehen darauf abgestellt war, die heutige Staatsform zu beseitigen und dieses Ziel durch geeignete Propaganda in breiten Schichten der Bevölkerung zu erreichen."

Für die Machthaber der Nazi-Diktatur war der Aufstand des Gewissens ein Schwerverbrechen. Mehr als 60 Menschen werden bis 1945 wegen der Flugblattaktionen verfolgt, inhaftiert oder in den Tod getrieben.

In der Ludwig-Maximilians-Universität erinnert eine Gedenktafel und eine Ausstellung an die Geschwister Scholl und ihren politischen Widerstand.

Die Katholische Akademie veranstaltet am heutigen Montag, den 9. Mai, um 19 Uhr in der Mandlstraße 23 einen Abendvortrag "Die Weiße Rose im Widerstand. Gesicherte Deutungen - strittige Fragen". Der Münchner Historiker Hans Günter Hockerts geht dabei den Fragen nach: Welche Bedeutung hatte die Religion im Geflecht der Motive, welche Rolle spielten die Kriegs- und Fronterfahrungen? Wieso ließen die Geschwister Scholl am Tag ihrer Verhaftung im Lichthof der Münchner Universität alle Vorsicht fallen?

© sueddeutsche.de/bica
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