Sommerfestival:Auf dem Tollwood kämpft man für das Gute

Un loup pour l'homme à Tremblay en France

Sein "blaues Wunder" kann man in vielen der 690 Veranstaltungen erleben, etwa bei der Darbietung von " Face Nord".

(Foto: Milan Szypura)

Umwelt, Tierschutz, Weltpolitik: Für seinen Dauerkampf hat das Tollwood sogar schon einen Preis bekommen. Die Wut der Festivalmacher merkt man auch am Programm.

Von Michael Zirnstein

Die Betonung war ein bisschen daneben - und gerade deshalb richtig: So erklärte die Meeresbiologin Sandra Schöttner im Vorfeld des Festivals die Greenpeace-Aktion "Wellemachen" auf "Tollwut". Nicht Wood sondern Wut. Toll! Angesichts der Misere auf diesem Planeten braucht es Menschen, die sich nicht nur ein bisschen empören, sondern richtig in Rage geraten. Und angreifen.

Wie den an sich sanftmütigen Liedermacher Werner Schmidbauer, der beim Pressetermin kurz die Staats- und Konzernbosse der Welt abkanzelte, ehe er sein Loblied auf "einen der letzten ernst zu nehmenden globalen Friedenspolitiker" anstimmte: "Mandela" (mit Martin Kälberer und Wolfgang Buck tritt Schmidbauer am 16. Juli in der Tollwood-Arena auf).

Auch und gerade beim Vortrag von Stephanie Weigel über die Tollwood-Projekte für "Mensch und Umwelt" spürte man die Wut. Was sie auch mit dem Aktionsbündnis "Artgerechtes München" täten fürs liebe Tier - "es reicht anscheinend nicht", betonte sie immer wieder. Aber die Tollwood-Akteure bleiben hartnäckig. Sie springen nicht auf schicke Umwelttrends auf und wieder ab, sie tragen Themen wie eben die Tierrechte vom Festivalgelände hinaus in die Stadt, vors Rathaus und zur Demo nach Berlin. Für diesen Dauerkampf hat Tollwood heuer im niederländischen Groningen bei den European Festival Awards den "Green Operations"-Preis gewonnen.

Vor allem verankern die Festivalmacher ihren gerechten Zorn auch im Kulturprogramm. Das kann sehr offensichtlich sein beim diesjährigen Motto "Dein blaues Wunder", das sich dem Schutz der Meere und ihrer Bewohner verschrieben hat. Wie bei der Kunst am Platz: Da baut Adam Stubley einen Wal aus 4000 Plastikflaschen und füllt ein Aquarium mit geangeltem Unrat, so wie auch drei portugiesisch-spanische Künstler für ihre "Skeleton Sea"-Skulpturen aus Fischdosen von der Küste Kapstadts recyceln. Und in einer begehbaren Thunfisch-Dose erfahren die Besucher, wie sie selbst - etwa mit den richtigen Kosmetika - die Ozeane reinhalten.

Das "blaue Wunder" kann man in vielen der 690 Veranstaltungen aber auch sehr subtil erleben - denkt man etwa bei "Smoke On The Water" der Altrocker Deep Purple an brennende Ölplattformen (19. Juli). Oder bei DJ Dolphin Boy an in Geisternetzen verendende Delfine, wenn er die Großprojektions-Performance der russischen Malerin Maria Rud beschallt (29. Juni bis 2. Juli).

Ist das Ziel erst einmal gefasst, sieht man überall Wege: Zum Beispiel bei der französischen Kompanie Face Nord, die in einem Boxring akrobatisch miteinander ringt. Das könnte dann für den Kampf für das Gute stehen und der türkisfarbene Boden für sauberes Wasser. Selbst der Name der Gruppe - übersetzt: Eigernordwand - ergibt dann einen wunderbaren Sinn: Auch die Alpen waren einmal Meeresgrund. Alles entstammt dem Ozean.

Tollwood, Mi., 29. Juni, bis So., 24. Juli, Mo.-Fr. 14-1 Uhr, Sa./So. 11-1 Uhr, Olympiapark Süd, Tickets: 089 21837300, Informationen: 070038385024

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