Sommer in München:Meilenlange Langeweile

Kinder - Richter müssen entscheiden: Darf Pumuckl heiraten?

"Langeweile, lang die Meile, meilenlang man weilen kann." Das sagt Pumuckl zu der Problematik.

(Foto: dpa)

Die einen würden sich so gerne langweilen und können es nicht mehr. Den anderen fallen vor lauter Langeweile nur Dummheiten ein. Und was sagt der Münchner Philosoph Pumuckl dazu?

Kolumne von Christiane Lutz

Die Langeweile muss ein seliger Zustand sein. Besonders im Sommer. Denn gerade jetzt verfassen traurige Erwachsene jede Menge traurige Facebook-Posts und Artikel zu diesem Thema. Erwachsene, die sich so gern selbst mal wieder langweilen würden, das aber nicht dürfen, weil sie arbeiten müssen. So sollen wenigstens ihre Kinder mehr Zeit mit ziellosem Chillaxen verbringen, weil das so viel kreatives Potenzial freisetze.

Doch auch die Kinder wissen schon gar nicht mehr, wie das geht, sich langweilen, weil sie vom Sylt-Urlaub mit Oma und Opa direkt ins Adventure-Camp im Münchner Umland verfrachtet werden. Dort ist dann alles reiswaffelhaftige Pädagogik, der Langeweile am nächsten kommt das Kinder-Yoga, bei dem der kleine Joel-Sturmhard aber sofort einschläft.

Dabei ist die Verherrlichung der Langeweile selbst schon langweilig und übertrieben. "Langeweile, lang die Meile, meilenlang man weilen kann" schrieb der Münchner Philosoph Pumuckl zu der Problematik. Der aber hat bekanntlich sehr viel Zeit auf einer Schiffschaukel verplempert. Langeweile ist keine romantische Schifffahrt, sie ist eher wie eine lange Busreise zu Schulzeiten: am Anfang ganz lustig, doch irgendwann fällt immer einer betrunken vom Sitz. Das belegt auch der Fall eines 13-jährigen Jungen aus München.

Während andere Jugendliche nämlich im Freibad nach ihrer Würde suchen, wie man das eben so macht mit 13, war diesem einen vergangene Woche so fad, dass er in den Mercedes seiner Mutter stieg und mit 180 Stundenkilometern die A 8 hinunter bretterte. Auf der Rückbank saßen drei Kumpels, die den Ausflug mit dem Handy filmten. Es kam zur Verfolgungsjagd mit der Polizei, quietschende Reifen, große Action - bis der 13-Jährige in einer Sackgasse strandete.

Welch lähmende Wirkung Langeweile außerdem haben kann, sieht man am Wahlkampf. Der ist ein paar Wochen vor der Bundestagswahl so schnarchig, dass die meisten schon wieder vergessen haben, was da eigentlich gewählt werden soll. Ein pfiffiger Bürger wollte wohl etwas Schwung in die Bude bringen und hat in Ottobrunn ein Wahlplakat von Hans-Dietrich Genscher von 1987 aufgehängt.

Dieser FDP-Nostalgiker lacht möglicherweise genau jetzt aus dem Gebüsch über die Vorbeigehenden, die entweder gar nicht mehr wissen, wer der Herr im Sakko ist, oder so verwirrt blinzeln, als hätten sie gerade ein Kind im Mercedes vorbeirasen sehen.

Von diesen aus Ödnis geborenen Aktionen bleiben folgende Fragen: Woher kann ein 13-Jähriger so irre gut Auto fahren? Und: Wer sitzt hinter Genscher im Gebüsch? Wer also wider alle Norm diesen Sommer Fadheit verspüren sollte, kann sich gern der Klärung dieser Fragen annehmen.

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