Solln:Stamm-Bäume

Solln: Die Angst geht um: Auf diesem Grundstück in Solln an der Ecke Ascholdinger-/ Bichlerstraße sollen die alten Bäume für einen Neubau gefällt werden.

Die Angst geht um: Auf diesem Grundstück in Solln an der Ecke Ascholdinger-/ Bichlerstraße sollen die alten Bäume für einen Neubau gefällt werden.

(Foto: Robert Haas)

In Solln fürchtet man um rund 20 uralte Laub- und Nadelgewächse

Von Jürgen Wolfram, Solln

In die ältesten der knorrigen, vielastigen Riesen haben sich zwei Jahrhunderte gekerbt, ihr Stammumfang misst mehr als vier Meter. Prächtigere Bäume als auf dem Grundstück an der Bichler Straße 35 dürften sich in Solln kaum finden lassen. Doch die wertvollen Gehölze, Linden und Eichen vor allem, sind durch Pläne bedroht, die eine Bebauung des Areals mit drei Mehrfamilienhäusern vorsehen. Diese Entwicklung hat Anwohner auf den Plan gerufen, und auch der Baumschutzbeauftragte des Bezirksausschusses schlägt Alarm. Oft macht Jürgen Gerhards das nicht, denn er weiß aus langjähriger Erfahrung: "Es ist nun mal so, dass Baurecht den Baumschutz schlägt." Im Fall der Bichler Straße aber will er dem Verlust trotz allem nicht einfach tatenlos zusehen, denn: "Solche Bäume kriegen wir in diesem Stadtteil so schnell nicht wieder."

Mit Schaudern stellt sich auch Ernst Gucker, einer der Grundstücksnachbarn, vor, "wie da Betonklötze reingestellt, wie alles versiegelt wird, wo jetzt noch die schönsten Linden stehen". Nach Recherchen Guckers ragen aus dem Areal 23 kartierte Laub- und Nadelbäume empor; nicht weniger als 20 davon wären von der Fällung bedroht, sollten die gegenwärtigen Neubaupläne zum Tragen kommen. Jürgen Gerhards sieht nicht nur das als Problem, sondern darüber hinaus befürchtet er einen neuen "Bezugsfall". Mit anderen Worten: Andere Bauherren könnten dem negativen Beispiel folgen und ihrerseits die Axt anlegen.

Wegen der Entwicklung an der Bichler Straße hat auch die Untere Naturschutzbehörde schon Bedenken angemeldet. Der Bezirksausschuss Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln lehnte eine Bebauung "in dieser Größe" rundweg ab. Kompromisse müssten her, um möglichst viele Bäume zu erhalten, hieß es von dieser Seite. Empfohlen wird eine Umplanung, eine verträglichere Situierung der Baukörper oder eine andere Verteilung der baurechtlich gesicherten Geschossflächenzahl auf die Gebäude. So könnte ein Teil des kostbaren Baumbestandes möglicherweise geschont werden. Die Lokalpolitiker haben einen Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) geschrieben, um aufzuzeigen, wie wichtig ihnen diese Angelegenheit ist.

Einig wissen sie sich dabei mit dem Bund Naturschutz (BN), Kreisgruppe München. Die Naturschützer haben erst auf die Bedeutung der Bäume "für Mensch und Natur in Stadtlandschaften" hingewiesen. Es wäre wünschenswert, wenn Bäume auch in München mehr Gewicht hätten, erklärte Angela Burkhardt-Keller, BN-Referentin für Naturschutz in München. In einer der am stärksten versiegelten Städte Deutschlands seien sie "unverzichtbare Frischluftlieferanten und Schattenspender". Als "tragende Säulen im System des Stadtklimas" bezeichnet der Vorsitzende der BN-Kreisgruppe, Christian Hierneis, die Bäume in München. Er erinnert daran, dass viele Linden wegen ihres hohen Alters zu Naturdenkmalen wurden. Der Bund Naturschutz führt die Linde sogar als Vereinslogo.

Die Eigentümerin des Grundstücks an der Bichler Straße in Solln, Franziska-Fernanda Gräfin von Oppersdorff, hält die Aufregung um ihre Baupläne zumindest für verfrüht. "Da ist noch alles in Bearbeitung und nichts endgültig", versicherte sie. Gegenwärtig warte sie ab, wie die Lokalbaukommission zu dem Projekt steht. Seit ihrer Kindheit lebt Gräfin von Oppersdorff in Solln und ist vor diesem Hintergrund an einer verträglichen Lösung interessiert, betont die Grundeigentümerin.

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