Solln:Angst um ein Sahnestück

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Beliebter Treffpunkt: Das Café Kustermann, belebt wie eh und je. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Nachricht vom drohenden Abriss des Cafés Kustermann hat in Solln eine Schockwelle ausgelöst. Ein Antrag auf Aufnahme in die Denkmalliste soll den 1951 errichteten Pavillonbau an der Wolfratshauser Straße retten

Von Jürgen Wolfram, Solln

Ein Stadtteil wehrt sich gegen den Verlust seines beliebten Treffpunktes und architektonischen Kleinods: Die Nachricht vom bevorstehenden Ende des Cafés Kustermann im April 2016 und sein drohender Abriss hat in Solln eine wahre Schockwelle ausgelöst. Sie erreichte inzwischen den Bezirksausschuss (BA) 19, der jetzt in seltener Einmütigkeit einen Rettungsversuch für den 1951 errichteten Pavillonbau an der Wolfratshauser Straße unternahm. Angestoßen durch einen Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion, erging an das Landesamt für Denkmalpflege und das städtische Planungsreferat die Aufforderung zu prüfen, ob "das elegante Zeugnis der Architektur der Fünfzigerjahre" in die Denkmalliste aufgenommen werden könnte. Beim Planungsreferat angesiedelt ist die Untere Denkmalbehörde.

Zur Begründung des Vorstoßes wird in dem SPD-Antrag auf die "baulich-ästhetische Komponente" des Pavillons mit dem geschwungenen Vordach hingewiesen. Das Café werte die heterogene Wolfratshauser Straße auf, die bei einem Abriss des Kustermann "gesichtsloser" würde. Überdies befinde sich das 1997 behutsam renovierte Bauwerk in einem guten Zustand. Der BA Thalkirchen-Obersendling-Fürstenried-Forstenried-Solln erinnert in seinem Beschluss auch an die soziale Komponente der traditionsreichen Confiserie. Sie sei bei Jung und Alt gleichermaßen beliebt und lade zum Verweilen ein, ihr Verschwinden würde Solln "eines gut frequentierten Treffpunkts berauben". In der Debatte um das markante Kaffeehaus kam auch zur Sprache, dass eine benachbarte Villa an der Frans-Hals-Straße bereits unter Denkmalschutz steht.

Mit seiner Initiative für die Aufnahme der Sollner Institution Café Kustermann in die Denkmalliste will der BA etwaigen Plänen für eine Nachfolgebebauung zuvorkommen. Nach Recherchen von Michael Kollatz (SPD), dem Sprecher des BA-Unterausschusses Bau und Planung, liegt bei der Stadtverwaltung zwar noch kein Bauantrag vor, nicht mal eine Bauvoranfrage. Allerdings habe es bereits Vorgespräche in der Lokalbaukommission darüber gegeben, was auf dem betreffenden Areal an der Wolfratshauser Straße 224 - zu ihm gehört auch ein Nebengebäude mit dem Restaurant "Al Pino" - an Neubauten vorstellbar sei. Bekannt ist, dass die Eigentümer, eine Erbengemeinschaft, das Anwesen mieter- und pächterfrei verkaufen wollen.

Auf die ungewisse Zukunft des pralinensüßen Pavillons und damit seines eigenen Betriebs hat unlängst Konditormeister Thomas Ritz hingewiesen. Er ist seit 1994 Pächter des Cafés, eines seit vielen Jahren florierenden Ablegers des traditionsreichen Kustermann-Stammhauses an der Lindwurmstraße. Ritz hat hier selbst seinen Beruf erlernt und den Familienbetrieb später übernommen. Der Pachtvertrag für das Café in Solln endet im April 2016. Doch noch hofft der 49-Jährige, dass es für ihn und sein 35-köpfiges Mitarbeiterteam eine Nachfolgelösung gibt, wie auch immer die aussehen könnte.

Thomas Ritz schätzt den Anteil seiner Stammkunden in Solln auf 80 Prozent. Leute sind das, die für Kustermann-Kuchen oft Schlange stehen, sich an der Kaffeehaus-Tischen des Vorplatzes regelmäßig treffen, dem Viertel Geselligkeit einhauchen. Sie alle wünschen sich gemeinsam mit dem Konditor sowie dem Gewerbeverein "Wir Sollner", dem Ritz als Vorstandsmitglied angehört, dass die bevorstehende "markante Veränderung" doch noch irgendwie glimpflich abgeht.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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