Skischaukel am Riedberger Horn:Schnöder Mammon zählt mehr als die Natur

Skischaukel am Riedberger Horn: Naturschutz oder Wirtschaftsinteressen - die Pläne für das Riedberger Horn bleiben höchst umstritten.

Naturschutz oder Wirtschaftsinteressen - die Pläne für das Riedberger Horn bleiben höchst umstritten.

(Foto: Imago)

Die Pläne der Staatsregierung verärgern SZ-Leser

"Fragwürdiges Tauschgeschäft" vom 9. August und weitere Berichterstattung über das Riedberger Horn:

Wider geltendes Recht

Wie seriös handelt eine Staatsregierung, wenn sie die Verantwortung für eine rechtlich fragwürdige Veränderung von Landschafts- und Natur-Schutzgebieten nun auf die Bürger verlagern will? Und wenn sie sich im Falle der Zustimmung darauf berufen sollte: Die Bürger wollten es ja so? Wären es dann die Bürger, die gegen geltendes Bundes- und bayerisches Naturschutz-Recht verstoßen würden? Oder gegen die international ratifizierte Alpenkonvention. Nun beurteilt Heimatminister Söder die Diskussion darüber als "etwas überzogen" - und folglich auch die grundlegende Arbeit von früheren Kollegen im Staat und vor Ort als unzulänglich: Die Grenzen seien "früher einfach mal quer durchgezogen worden. . ." und nun werde er "den Plan den Realitäten" anpassen. Endlich? Zuvor hatte der Heimatminister schon oberbayrischen Landräte und Bürgermeister für sich eingenommen, mit der Erklärung: Infrastruktur-Projekte sollen öfter an Ort und Stelle entschieden werden und "weniger den korsettartigen Vorgaben aus München unterliegen". Eigentlich müssten sie ja alle gemeinsam nach Recht und Gesetz arbeiten - und weniger nach Korsett-Größen. Hans Jürgen Menge, Rottach-Egern

"Heimatzerstörer" Söder

Das Theater sehe ich nicht als eine fachliche, demokratische Entscheidungsbildung herkömmlicher Art. Sie erinnert mich sehr an einen diktatorischen Entscheidungsdruck des Ministerpräsidenten und seiner Gehilfen. Es ist ein völlig absurder Versuch, fachliche Hindernisse und das Recht durch Macht zu ersetzen. Stattdessen sollte immer wieder betont werden, dass Schutzgebiete nicht als Verschiebemasse anzusehen sind. 1972 wurde im Rahmen des "Alpenplans" dem Riedberger Horn mit der Ausweisung als "Schutzzone C" ein sehr hoher Schutzstatus zuerkannt. Umweltverbände und Naturschutzbehörden lehnen das "Skischaukel Projekt" strikt ab, weil sie wissen, dass es hier um ein einzigartiges Zentrum der Biodiversität geht. Wenn der Wannenkopf genauso schützenswert ist wie das Riedberger Horn, dann sollte man ihn doch einfach zusätzlich in das Schutzgebiet mit aufnehmen. Die Grundlage für die Ausweisung von Schutzgebieten sind meines Wissens immer wissenschaftlich fundierte und sich oft über Jahre hinziehende Bestandserhebungen von Flora und Fauna auf den infrage kommenden Flächen. Dies trifft sicher auch für die strengen Schutzzonen vom Riedberger Horn zu.

Das sollte der ehemalige Umwelt- und jetzige Heimatminister Söder eigentlich schon wissen. Er sollte wegen totaler Unfähigkeit sofort abtreten. Rein wirtschaftliche Interessen, skrupellos und willkürlich zurecht gebogene Argumente sollten die in staatlichem Auftrag getroffenen, fachlichen Entscheidungen im Fall Naturschutz Riedberger Horn nicht blamierend aushebeln; denn die derzeitigen Roten Listen werden dann noch größer werden. Bernhard Uffinger, Augsburg

Wissenschaft wird missachtet

Nicht von ungefähr wurde 1972 dem Riedberger Horn mit der Ausweisung als "Schutzzone C" ein sehr hoher Schutzstatus zuerkannt. Schließlich ist dieser Berg in der bayerischen Alpenwelt aus landschaftlicher und naturschutzfachlicher Sicht ein Kleinod der Sonderklasse, oder - etwas fachlicher ausgedrückt - ein einzigartiges Zentrum der Biodiversität. Grundlage für die Ausweisung von Schutzgebieten sind generell, und für strenge Schutzzonen wie das Riedberger Horn erst recht, wissenschaftlich fundierte und oft über Jahre sich hinziehende Bestandserhebungen von Flora und Fauna. Das weiß Heimatminister Söder. Hier biegt sich ein Politiker im Sinne rein wirtschaftlicher Interessen skrupellos und willkürlich Argumente zurecht, wohl wissend, dass er damit in staatlichem Auftrag getroffene fachliche Entscheidungen desavouiert. Diese Art von "Diskussion" zeigt zudem, welchen politischen Stellenwert der Artenschutz in Bayern hat. Eberhard Pfeuffer, Augsburg

Juristen ersetzen Politiker

Dass der regelmäßige Konsum von Starkbier oder Maibock durchaus negative Auswirkungen haben kann, demonstrieren zwei führende Vertreter der bayerischen Staatsregierung, also Seehofer und Söder, derzeit wieder eindrucksvoll. In ihren Volksreden werden sie nicht müde, die Schöpfung als höchstes Gut und deren Schutz als großes Ziel zu preisen. Wenn es in Konfliktfällen aber darum geht, Farbe zu bekennen und dieses hehre Ziel politisch auch durchzusetzen, versagen sie kläglich. Und so soll es in der Frage der umstrittenen Skischaukel am Riedberger Horn im Allgäu offensichtlich so laufen, wie es nahezu immer zu laufen scheint in unserem wunderschönen Bayernlande. Wieder einmal soll nicht die Schöpfung für nachfolgende Generationen bewahrt werden, sondern die kurzfristige Abschöpfung weniger Tourismus-Unternehmer soll gesichert werden. Jetzt werden auch noch die Bürger der betroffenen Allgäuer Gemeinden an der Nase herumgeführt, sprich: sie werden "verarscht". Die Staatsvertreter tun so, als würden die Bürger mit ihrem Votum diese Grundentscheidung treffen und sie würden letzten Endes Volkes Wille nur umsetzen. Es wird wohl so kommen, dass Juristen dafür sorgen müssen, dass gesetzliche Schutzbestimmungen und geltendes Recht eingehalten werden. Aber wenn selbst christliche Politiker ihrer ureigensten Aufgabe nicht mehr nachkommen, weil sie einmal mehr den Mammon höher bewerten als den Schutz einer intakten Landschaft, dann müssen Richter das übernehmen. Helmut Schneider, Holzkirchen

Keine lokale Angelegenheit

Der Balderschwanger Bürgermeister Konrad Kienle irrt, wenn er meint, es gehe nur die beiden Gemeinden an, ob die Skischaukel am Riedberger Horn gebaut werden soll oder nicht. Sein Gemeindegebiet ist Teil der Alpen, die als Erholungsraum und ökologischer Lebensraum für Millionen Menschen, Tiere und Pflanzen ihre Funktionen erfüllen. Wenn zwischen diesen Funktionen Konflikte auftreten, dann müssen diese im Blick auf den Gesamtraum gelöst werden. Was am Riedberger Horn geschehen soll, ist daher von überörtlicher Bedeutung und muss mit Blick auf die überörtliche Ordnung des Raumes entschieden werden. Ob eine bestimmte Autobahn gebaut wird, hängt auch nicht vom Willen der Gemeinden ab, die an dieser Autobahn liegen. Das weiß Seehofer auch, aber er gibt sich "volksnah", indem er die Bevölkerung der beiden betroffenen Gemeinden abstimmen lässt. Vielleicht befragt er demnächst nur die Einwohner seines Wohnorts, ob er weiter Ministerpräsident bleiben darf oder nicht. Hans-Joachim Schemel, München

Verschaukelt

"Der Alpenraum ist kein Denkmal" vom 20. Juli:

Die Natur wird mit der geplanten Skischaukel am Riedberger Horn, entgegen den Schutzaussagen der bayerischen Staatsregierung in Hochglanz-Broschüren über unsere bayerische Heimat und ihren Tourismus, wieder einmal rücksichtslos vermarktet! Das Ganze riecht schon sehr nach den derzeitigen Machenschaften in der Türkei, nach dem Motto: Einer schafft an . . . So bleibt mir nur noch zu hoffen, dass diesem unverzeihlichen Verhalten der bayerischen Staatsregierung von den Bürgern in Balderschwang und Obermaiselstein keine Zustimmung erteilt, oder die Natur sich wieder rächen wird. Bernhard Uffinger, Augsburg

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