Skirennläufer Neureuther zum Olympia-Aus:"Es herrscht eine große Angst vor Veränderungen"

Felix Neureuther

Felix Neureuther ist enttäuscht, dass die Winterspiele 2022 nicht nach München kommen. (Archivbild von 2011).

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die Münchner Olympiabewerbung ist gescheitert: Skirennläufer Felix Neureuther macht dafür vor allem die "zu große Zufriedenheit" der Deutschen verantwortlich. Doch Bequemlichkeit bringe eben nicht weiter - wenn es nach Neureuther geht, muss sich deswegen jetzt einiges ändern.

Von Kathrin Steinbichler

SZ: Herr Neureuther, Sie haben sich für die Münchner Olympiabewerbung stark gemacht, haben aber jetzt gerade erfahren, dass die Bewerbung für die Winterspiele 2022 von den Bürgern der Stadt und der im Konzept eingebundenen Gemeinden abgelehnt worden ist. Wie tief sitzt bei Ihnen die Enttäuschung?

Felix Neureuther: Es ist traurig, weil es für unsere Jugend eine extrem große Chance gewesen wäre. Deutschland hätte sich bei Winterspielen positiv präsentieren können, deshalb, ja, ist es extrem schade.

Sind Sie überrascht von der klaren Ablehnung der Bürger?

Ich muss ehrlich sagen: Das hat mich schon überrascht. Leider Gottes ist es bei Bürgerentscheiden meist so, dass die Gegner zahlreicher zur Abstimmung gehen als die Befürworter. Aber wir müssen die Entscheidung jetzt hinnehmen und weiterkämpfen für unseren Sport.

Trifft es Sie, dass auch in Ihrer Heimatgemeinde Garmisch-Partenkirchen, in der die alpinen Ski-Wettbewerbe hätten stattfinden sollen, die Mehrheit der Bürger mit Nein gestimmt hat?

Ich liebe Garmisch, das ist meine Heimat, wo ich gerne bin und lebe. Und zum Teil verstehe ich auch die Bedenken der Leute, die dagegen sind. Aber da muss man sich eben zusammensetzen und drüber reden und aufzeigen, welche Chancen Olympische Spiele bedeuten. Ich glaube, dass den Bürgern gar nicht bewusst ist, was die Abstimmung jetzt für Auswirkungen hat. Die Spiele wären für Bayern und für Deutschland eine extrem große Chance gewesen, um ein bisschen moderner zu werden und positiv in die Zukunft zu schauen.

Muss man auch einmal etwas wagen

Woher, glauben Sie, kommt die Skepsis?

Es herrscht allgemein in Deutschland gerade eine fast schon zu große Zufriedenheit mit dem, wie es gerade ist. Und Zufriedenheit ist zwar gut und recht, aber sie bringt einen nicht weiter. Denn um sich zu entwickeln, muss man auch einmal etwas wagen und vielleicht auch Risiken eingehen. Nur dann kann man etwas weiterentwickeln und auch unserer Jugend eine Riesenchance für die Zukunft ermöglichen. Dieses Festhalten am Hier und Jetzt, das ist schon sehr verankert in den Köpfen derzeit, und das muss sich ändern, wenn Deutschland sich weiterentwickeln will.

Wenn Sie bei Skirennen fahren, kommen die deutschen Fans zu Tausenden an den Berg und schauen zu Millionen vor den Fernsehern zu. Olympische Spiele vor der eigenen Haustür aber wurden jetzt abgelehnt. Wie passt das für Sie zusammen?

Das passt nicht gut zusammen. Erinnern Sie sich an die Fußball-WM 2006? Da gab es vorab auch negative Stimmen und Befürchtungen. Die Weltmeisterschaft ist dann trotzdem gekommen und hat bis heute positive Auswirkungen. Es kommen unheimlich viele Menschen in die Stadien, die seitdem modernisiert sind. Da sieht man, dass beim deutschen Sportpublikum sicher auch eine Begeisterung da wäre, wenn bei uns Olympia stattfinden würde. Aber es herrscht offenbar eine große Angst vor Veränderungen, da ist es schwer, so eine Veranstaltung durchzusetzen.

Befürchten Sie, dass Deutschland mit diesem ablehnenden Votum auf absehbare Zeit keine Chance mehr hat auf Olympia?

Die künftigen Chancen sind jetzt mit Sicherheit nicht gerade gestiegen. Vielleicht versucht es Deutschland irgendwann noch einmal, ich würde es mir wünschen. Jetzt muss aber erst einmal analysiert werden, woran es lag, dass man die Menschen nicht begeistern konnte.

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