Simbach am Inn:Münchner Salafisten gefasst

Moschee in München

Die Moschee an der Rupperstraße in München soll Salafisten als Plattform gedient haben.

(Foto: Robert Haas)

Sie saßen in einem Reisebus in Richtung Salzburg: In Niederbayern sind zwei Salafisten festgenommen worden. Der 21-Jährige wird verdächtigt Söldner zu sein - sein 24-jähriger Begleiter soll versucht haben, in München Dschihad-Kämpfer anzuwerben.

Von Susi Wimmer und Mike Szymanski

Die Sicherheitsbehörden sprechen von einer "angespannten Situation" und einer "abstrakt hohen Gefährdungslage": Vergangene Woche hat die Polizei in Simbach am Inn zwei Salafisten aus München festgenommen, die angeblich unterwegs in den Nahen Osten waren. Einer von ihnen, ein 24-Jähriger, soll versucht haben, in München Dschihad-Kämpfer anzuwerben. Sein 21-jähriger Begleiter soll einer von jenen Söldnern gewesen sein, die in Syrien oder im Irak in den Krieg ziehen wollten.

Immer häufiger gelingt es Salafisten in Bayern, Anhänger zu rekrutieren, sie zu radikalisieren und für den Krieg zu gewinnen. Drei Männer aus Bayern wurden bereits bei Kampfhandlungen in Syrien getötet. Die Kämpfer, die zurückkehren, stellen laut dem Landesamt für Verfassungsschutz eine Gefahr für die innere Sicherheit dar: "Die Hemmschwelle für die Anwendung von Gewalt gegen Menschen ist dann deutlich gesunken", sagt Sprecher Markus Schäfert.

Die beiden gefassten Salafisten saßen in einem Fernreisebus in Richtung Salzburg, als sie nahe der österreichischen Grenze kontrolliert wurden. Gegen den 24-Jährigen, der aus dem Kosovo stammt, lief bereits ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft München I. "Es besteht der Verdacht, dass der Mann Personen für fremden Wehrdienst angeworben hat", sagt Judith Henkel von der Staatsanwaltschaft. Dieses Anwerben sei strafbar.

Und der 21-jährige Begleiter, ein gebürtiger Türke, sei mit einem Ausreiseverbot belegt gewesen, das das Kreisverwaltungsreferat (KVR) im Juli gegen ihn ausgesprochen habe. Auch wenn beim KVR bislang "Ausreiseuntersagungen im unteren einstelligen Bereich" ausgesprochen wurden, berichtet eine Sprecherin doch von einem "neueren Phänomen, das steigende Tendenzen aufweist".

Seit eineinhalb Jahren tauchen Infostände in der Fußgängerzone auf, an denen jugendliche Mitglieder der sogenannten "Lies!"-Gruppen den Koran verteilen. Sie sprechen junge Männer an, die Antworten auf Grundfragen des Lebens suchen, die nach Selbstbestätigung streben. "Ihnen bietet der Salafismus eine vermeintlich klare Orientierung", sagt Schäfert. Dazu gehöre Schwarz-Weiß-Denken, kein Entscheidungsdruck, sondern viele Gebote und Verbote.

Etwa 200 Personen werden in München der salafistischen Szene zugerechnet. Im Verfassungsschutzbericht werden die Moscheen El-Salam an der Schöttlstraße sowie Darul-Quran an der Ruppertstraße als Plattformen für die Verbreitung des Salafismus genannt. Während einige nur Macht gewinnen wollen und ihre Weltanschauung weiterverbreiten, zeigen sich andere Mitglieder radikaler. Der Verfassungsschutz stuft sie als gewaltbereit ein.

Herrmann hält Rückkehrer für gefährlich

Etwa 40 Salafisten aus Bayern sind bereits nach Syrien ausgereist oder planen dies, so der Verfassungsschutz. "Aktuell halten sich 18 Personen in Syrien und im syrisch-türkischen Grenzgebiet auf", sagt Sprecher Schäfert. Wie schnell Salafisten auf junge Menschen Einfluss nehmen können, zeigt ein Fall aus dem Allgäu: Ein 17-Jähriger aus Kempten geriet in die Fänge von Salafisten. Eineinhalb Jahre später zog er in den Krieg nach Syrien - und starb.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) stufte die beiden verhafteten Männer als "Gefährder " ein. "Es ist ganz offenkundig, dass die Salafisten und Scharia-Leute ganz provokativ in der Öffentlichkeit auftreten. Wir versuchen alle, die wir für gefährlich halten, unter Beobachtung zu halten." Zwölf aus Bayern kommende Kriegsbeteiligte sind mittlerweile zurückgekehrt, zehn von ihnen nach Deutschland. Fünf Rückkehrer befinden sich momentan in Haft. Dabei geht es um Straftaten wie Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung.

Herrmann hält diese Rückkehrer für gefährlich. Daher müsse man auch die Diskussion über Wiedereinreiseverbote führen. "Die Bedingungen sind relativ hoch. Aber wenn wir wissen, dass jemand mehrere Menschen in Syrien getötet hat, dann stellt sich die Frage, ist es wirklich sinnvoll, dass wir den erst wieder in unser Land einreisen lassen und ein Gerichtsverfahren durchführen?"

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