Siemens-Gelände in Obersendling:Der Gipfel der Skyline

Siemens-Hochhaus in München, 2011

Der 75 Meter hohe Siemens-Turm an der Baierbrunner Straße wird die Umgebung als künftiges Wohnhaus weiterhin deutlich überragen.

(Foto: Catherina Hess)
  • Auf dem "Campus Süd", den Siemens-Restflächen zu Füßen des Hochhauses, baut die Patrizia AG bis Ende des Jahrzehnts eine Anlage aus sieben dreizehngeschossigen Punkthäusern.
  • Derzeit peilt der Immobilienkonzern mit Augsburger Stammsitz 1270 Wohnungen an, mehr als 1000 Einheiten werden es auf jeden Fall.

Von Julian Raff, Obersendling

Der 75 Meter hohe Siemens-Turm an der Baierbrunner Straße wird die Umgebung als künftiges Wohnhaus weiterhin deutlich überragen, allerdings nicht mehr als Solitär, sondern als Gipfel einer Skyline, die künftig auch nach Westen reicht: Auf dem "Campus Süd", den Siemens-Restflächen zu Füßen des Hochhauses, baut die Patrizia AG bis Ende des Jahrzehnts eine Anlage aus sieben dreizehngeschossigen Punkthäusern, die sich über fünfgeschossige geschwungene Häuserzeilen erheben. Derzeit peilt der Immobilienkonzern mit Augsburger Stammsitz 1270 Wohnungen an, mehr als 1000 Einheiten werden es auf jeden Fall.

Siemens-Gelände in Obersendling: Kompakt, doch aufgelockert wirkt der Entwurf, den die Architekturbüros Rapp+Rapp/Lützow entwickelt haben. Visualisierung: Rapp+Rapp

Kompakt, doch aufgelockert wirkt der Entwurf, den die Architekturbüros Rapp+Rapp/Lützow entwickelt haben. Visualisierung: Rapp+Rapp

Für das Hochhaus-Ensemble als westliches Pendant zu den Türmen der "Südseite" hat sich die Jury des Planerwettbewerbs entschieden. Städtische Planer, Bauherren und Architekten stellten den Siegerentwurf des Büros Rapp und Rapp am Montagabend auf dem Campusgelände öffentlich vor. Zugleich präsentierte der Immobilienunternehmer Hubert Haupt seine Pläne für die Umwandlung des Siemens-Hochhauses. Mit dem Büro Meili und Peter steht hierfür ebenfalls ein Wettbewerbssieger fest. Der in Amsterdam tätige, aus München stammende Architekt Christian Rapp setzte sich in der Schlussrunde gegen vier Konkurrenten durch, die zuvor aus 22 Teilnehmern ausgewählt worden waren.

Borstei als architektonische Inspiration

Rapp, von dem auch das Konzept für die Nachnutzung des Paulaner-Geländes in München stammt, bezieht seinen Campus-Süd-Entwurf unter anderem auf historische Bauleitpläne, die angrenzende Waldgebiete als prägend ausweisen. Ein Relikt bildet heute das westlich gelegene "Siemenswäldchen". Als wichtigste Inspirationsquellen nannte Rapp aber die Borstei mit ihren parkartigen Innenhöfen, sowie die nördlich der Boschetsrieder Straße gelegene Siemens-Siedlung mit den denkmalgeschützten "Sternhäusern". Anders als in der Borstei umschließen Rapps Häuserzeilen die Höfe nicht komplett, sondern laufen als Mäander kreuz und quer durch das fast elf Hektar große Gelände. Kein Gebäudesegment ist dabei länger als 60 Meter, was dem Eindruck monotoner Riegel entgegenwirken soll.

An sieben Eckpunkten hat der Architekt Punkthäuser gesetzt, die mit 13 Geschossen zwei Etagen niedriger ausfallen als die Türme der Südseite. Gegenüber der früheren Planfassung fielen zwei Türme weg, womit er der Jury, aber auch den Anwohnern entgegenkam, die sich im Rahmen der informellen Bürgerbeteiligung zum vierten Mal trafen. Die zahlreichen Hochhaus-Kritiker unter den rund 90 Teilnehmern konnte Rapp nicht restlos überzeugen, so gut seine horizontale Gebäudegliederung auch ankam.

Der Einheitslook hat System

Lebhaften Applaus erhielt ein Anwohner mit seiner Kritik an "blumigen Architektenworten", mit denen sich die Jury "über die Belange der Nachbarschaft hinweggesetzt" habe. Andere Besucher ließen dagegen das Argument einer flächensparenden und damit besser durchgrünten Bebauung grundsätzlich gelten, auch wenn sie sich eine abwechslungsreichere Gestaltung der Türme à la Südseite gewünscht hätten. Der Einheitslook hat, laut Rapp, System: Die Türme würden Proportionen und Ausrichtung des Siemens-Hochhauses im Kleinen wiederholen, nach dem Prinzip "Flaggschiff und Flotte", oder "Hai und Pilotfische".

Andere Anwohner zeigten sich besorgt, den Alpenblick und die Sonne auf ihren Balkonen zu verlieren. Sie verlangten, einzelne Hochhäuser wenigstens anders zu platzieren. "Wir werden die Türme noch überall hinschieben" gab der Architekt eine Vorschau auf die weitere Planung.

In den Beifall für die Erhaltung und Einbindung des Siemenswäldchens mischte sich Sorge um die Artenvielfalt. Rapp habe aber vor allem auf diesem Gebiet überzeugt, berichtete Susanne Ritter vom Planungsreferat aus der Jury-Sitzung. Gerungen wird überdies um ausreichende Verkehrs- und Bildungskapazitäten für das Wohnquartier. Schulbau-Pläne für den Ratzingerplatz und die "Südseite" hinkten der Realität hinterher, so die Kritik der Anwohner. Eine Kita und ein "Mehrgenerationen-Center" sind immerhin im Sockelgeschoss des Siemens-Hochhauses geplant. Auch sonst interessierten sich die Besucher für die öffentliche Nutzung im Turm. Unter anderem sieht das Sieger-Konzept eine Bar auf der Dachterrasse vor, so dass nicht nur betuchte Wohnungskäufer das spektakuläre Alpen- und Stadtpanorama genießen können. Investor Haupt sagte zum Schluss, die Rufe nach einem Abriss des Turms würden nun aus Vorfreude auf die neuen Aussichten wohl verstummen.

Zu sehen sind die Entwürfe für Hochhaus und Campus-Süd bis Pfingstmontag, 25. Mai, im Siemens-Gebäude 1749, Hofmannstraße 63 (Zugang über Zufahrt Siemensallee). Die Ausstellung ist Montag bis bis Freitag von 15 bis 19 Uhr geöffnet, am Wochenende und an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr.

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