Sicherheitswacht:Vorbeugen, helfen, hinschauen

Sicherheitswacht für Neuhausen

Sie sind dabei: Stefan Sigl, Peter Rickheit, Christoph Renner (von links).

(Foto: Florian Peljak)

Nach anfänglichem Widerstand gehen nun auch in Neuhausen und Nymphenburg sieben Ehrenamtliche als Sicherheitswachtler auf Streife. Die Polizei freut sich über die Unterstützung

Von Sonja Niesmann

Nach den massenhaften Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln habe das Sicherheitsgefühl doch ein bisschen gelitten - das von Freunden und Bekannten, aber auch das eigene, stellen Stefan Sigl und Peter Rickheit fest. Deshalb wollen sie etwas unternehmen gegen die Ängste und dazu beitragen, "dass München so sicher bleibt, wie es ja ist". Und auch etwas tun gegen die Mentalität des Wegschauens, schiebt Rickheit nach. Die beiden Männer werden durch Neuhausen und Nymphenburg streifen und gehören zu den 13 neuen Mitgliedern der Sicherheitswacht in München. Acht von ihnen - allesamt einheitlich gewandet in ein schwarzes Poloshirt mit Wappen am Ärmel und dem Schriftzug "Sicherheitswacht" auf dem Rücken, allesamt recht hochgewachsen - stellten der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä am Dienstag im Polizeipräsidium vor.

Vorbeugen, helfen, Gefahren abwehren - so umschreiben der Minister und der Polizeichef die Aufgabe der Ehrenamtlichen. Die Sicherheitswachtler fungieren als "verlängerter Arm der Polizei", sind Ansprechpartner für besorgte Bürger, können bei verdächtigen Wahrnehmungen, bei Vandalismus oder anderen Zwischenfällen schnell über Funk die Dienststellen alarmieren. Selbst Aufgaben der Polizei übernehmen sollen sie nicht, dazu fehlt ihnen auch die Befugnis.

Das Projekt, durch ihre Präsenz auf den Straßen das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken, wie die Polizei gerne postuliert, begann in Bayern 1994; in München ein Jahr später, angedockt an die Inspektionen Schwabing, Perlach, Milbertshofen und Moosach/Olympiapark. 2010 waren zunächst 25 Männer und Frauen dabei, 2015 dann 31. Mit den jetzt neu Dazugekommenen in Neuhausen-Nymphenburg und Ottobrunn, das zur Zuständigkeit des Polizeipräsidiums gehört, sowie der Aufstockung in Schwabing zählt die Sicherheitswacht in München nun 44 Mitglieder.

In Münchens zweitgrößtem Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg gestaltete es sich eher mühsam, dieses Bindeglied zwischen Bürgern und Polizei zu installieren. Dem ersten Vorstoß des Inspektionsleiters Ulrich Rothdauscher erteilte der Bezirksausschuss im vergangenen Jahr noch eine Absage, erst in der zweiten Runde im April dieses Jahres war Rothdauschers heftiger Überzeugungsarbeit Erfolg beschieden. Die Gegner argumentierten vor allem damit, dass Polizeiaufgaben von gut ausgebildeten Beamten wahrgenommen werden sollten. Manche fürchteten auch, dass dann Zeitgenossen mit Sheriff-Allüren durchs Viertel ziehen würden. Polizeipräsident Hubertus Andrä nennt es "beleidigend und ehrenrührig, wenn dieses Engagement in die Nähe von Blockwarttum gerückt wird". In all den Jahren seit der Einführung hätten ihn, betonte er, keine Beschwerden über die Sicherheitswacht in München erreicht. Welch hohen Maßstab die Polizei an ihre freiwilligen Helfer anlege, zeige diese Zahl: Von 60 Bewerbern heuer habe man nur 13 als passende Kandidaten ausgewählt. Einen einwandfreien Leumund mussten sie unter anderem haben, kommunikativ und verantwortungsbewusst sein. Auch nach der Einstellungsprüfung werde man weiter genau hinschauen: Wenn bei Gesprächen oder durch Dritte herauskomme, dass jemand sich gravierend daneben benimmt, "ist das Verhältnis beendet", versprach Andrä.

In ihrer Freizeit in Neuhausen unterwegs sein werden künftig ein knapp 66-jähriger pensionierter Berufssoldat, ein Angestellter der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (56 Jahre), eine Angestellte der Bundeswehr (27 Jahre), ein Reisekaufmann (39 Jahre), ein Projektleiter bei BMW (56 Jahre), ein bei der Hochschule für Film und Fernsehen für die Budgetverwaltung Zuständiger (41 Jahre) und ein Mitarbeiter der Buchhaltung der Stadtwerke (45 Jahre). Sie alle durchlaufen eine 40-stündige Schulung bei der Inspektion, mit Theorie und Rechtskunde, Kommunikations- und Streitschlichtungstraining. Besonders hilfreich aber seien die praktischen Beispiele aus dem Polizistenalltag gewesen, vor allem "über deeskalierendes Vorgehen haben sie uns viel mitgegeben", erzählt Christoph Renner. Stefan Sigl pflichtet ihm bei: "Ich bin dadurch sehr sicher geworden."

Am 1. September werden die Neuen ihren Einsatz beginnen, immer zu zweit, wie viele Stunden, steht noch nicht fest. Die Sicherheitswachtler wählen ihre Route nicht nach eigenem Gusto, sondern im Auftrag der Inspektion. "In Neuhausen werden wir sie sicher an die Plätze schicken, an den Rotkreuzplatz oder den Leonrodplatz, bei gutem Wetter auch in den Hirschgarten", kündigt Thomas Sorgalla von der Neuhauser Dienststelle an. Eventuell auch mal unter die Donnersbergerbrücke: "Da schlagen einige ein Nachtlager auf, das soll sich nicht ausweiten." Auch so mancher Bürgerbeschwerde könnte die Sicherheitswacht nachgehen - "mal nachschauen, ob das wirklich so ist, wie geschildert". Dadurch könne man besser filtern, was wirklich "polizeirelevant" ist.

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