Sicherheitskonferenz:Was die Siko für München bedeutet

Sicherheitskonferenz: Die Teilnehmer der Sicherheitskonferenz bringen auch Kauflust in die Stadt.

Die Teilnehmer der Sicherheitskonferenz bringen auch Kauflust in die Stadt.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Die Sicherheitskonferenz ist für München eine Art Konjunkturprogramm.
  • Zahlreiche Hotels sind ausgebucht und die Gastronomie rund um den Bayerischen Hof macht ein gutes Geschäft.
  • Sogar die Gegner können dem etwas Positives abgewinnen.

Von Silke Lode und Katja Riedel

Als Ban Ki Moon vor fünf Jahren zu Gast auf der Münchner Sicherheitskonferenz war, stellte der UN-Generalsekretär mit einer Bemerkung am Rande seinen Status als Diplomat von Weltrang unter Beweis: "Die Münchner Sicherheitskonferenz ist das blanke Gegenstück zum Oktoberfest", lobte er das Ambiente der Konferenz im Allgemeinen und das des traditionellen Empfangs in der Residenz im Besonderen. Im selbstbewussten München nimmt man das als Kompliment - was Ban Ki Moon tatsächlich über das Oktoberfest denkt, wird er mit Sicherheit nie in die Welt hinausposaunen.

Eines zeigt seine doppeldeutige Höflichkeit aber ohne Zweifel: Es gibt in München genau zwei Veranstaltungen, die in der ganzen Welt wahrgenommen werden: Die Sicherheitskonferenz und - ja, das Volksfest auf der Theresienwiese. Während das Oktoberfest schon lange in einem Ausmaß als identitätsstiftend für diese Stadt begriffen wird, das viele Münchner aus purem Trotz zu Wiesn-Hassern macht, verhält es sich bei der Sicherheitskonferenz etwas anders.

Früher waren es nur 100 bis 200 Teilnehmer - heute 5000

Der Pressesprecher der Konferenz, Oliver Rolofs, erinnert sich noch gut an Zeiten, als 100 oder 200 Experten in den Sälen zusammensaßen, die dann abends in den Münchner Fasching ausschwärmten. "Bis Anfang der Neunzigerjahre war das eine kleine Runde", sagt Rolofs. "Heute haben wir 600 Konferenzteilnehmer, 700 Medienvertreter, und es wird drei Tage nonstop getagt."

Mit der Konferenz wächst auch die Bedeutung, die das Treffen für München hat. Fünf komplette Hotels mit etwa 1000 Betten blocken die Veranstalter bereits im Vorfeld, die Entourage kommt in weiteren Hotels unter. Der Bayerische Hof, wo die Tagung selbst stattfindet, ist komplett ausgebucht, das Hausrecht übernimmt Siko-Chef Wolfgang Ischinger.

Etwa 900 Mitarbeiter sind im Bayerischen Hof mit der Tagung beschäftigt, 260 von ihnen werden eigens für die Siko-Tage engagiert. Auch Gaststätten und Einzelhandel spüren laut Sprecher Rolofs das solvente Klientel: "Die schönen Wirtschaften rund um die Frauenkirche sind immer sehr beliebt", berichtet er. "Bayerische Gastfreundschaft und Küche haben einen Namen in der Welt."

Herrenausstatter, BMW-Welt und die Porzellanmanufaktur profitieren

Und wenigstens für ein oder zwei Stunden würden viele Gäste auch einen Einkaufsbummel durch die Stadt machen. "Ich kenne zum Beispiel einen US-Senator, der gerne bei einem bekannten Herrenausstatter einkauft", sagt Rolofs. Der Bayerische Hof bietet den Begleitungen der Delegierten auch ein "Damenprogramm": Museen würden besucht, die BMW-Welt, die Porzellanmanufaktur Nymphenburg.

Ein jährliches Konjunkturprogramm ist die Siko auch für die linke Szene. 2003, kurz vor Beginn des Irak-Krieges und auf dem Höhepunkt der Globalisierungskritik, protestierten Tausende in der Innenstadt gegen die Veranstaltung. Die Polizei kesselte die Demonstranten am Marienplatz ein - und die Händler beklagten sich, dass aufgrund der Proteste kaum mehr Kundschaft in ihre Läden entlang der Fußgängerzone gekommen sei; ein Effekt, der bis heute anhalte, sagt Wolfgang Fischer von der Innenstadtvereinigung City Partners. Zwar könne man sich inzwischen während der Konferenz längst wieder ohne Einschränkungen in der Fußgängerzone tummeln. Doch viele Kunden, gerade aus dem Umland, würden ihren Einkaufsbummel lieber vertagen.

Das Sicherheitsaufgebot ist seit Anfang 2000 so gestiegen wie die potenzielle Bedrohung durch den internationalen Terrorismus. Zwar wurde laut darüber nachgedacht, die Konferenz an den Stadtrand, zur Messe etwa, zu verlegen.

Mit der Siko in der Innenstadt sind alle zufrieden

Doch Siko-Chef Wolfgang Ischinger ist überzeugt: Auch wenn er mit seiner Konferenz auf die Grüne Wiese ginge, würden die Demonstranten am Marienplatz protestieren. "Der Unterschied wäre nur, dass die amerikanischen oder japanischen Teilnehmer nicht mehr in der Innenstadt einkaufen oder dort mal Weißwurst essen könnten", sagte er 2011 in einem SZ-Interview.

Selbst Kritiker können der Sicherheitskonferenz etwas Positives abgewinnen: "Für uns ist das eine Herausforderung und Gelegenheit, inhaltliche Gegenpositionen zu präsentieren", sagt Thomas Rödl, Sprecher der parallel stattfindenden Friedenskonferenz. "Wenn die Siko nicht hier wäre, sondern in Wildbad Kreuth oder in Kanada, wäre auch nichts gewonnen", meint er.

So habe die Friedenskonferenz immerhin die Möglichkeit, Beobachter zur Siko zu schicken, Informationen zu sammeln und Redner vorzuschlagen. Um das unerwartete Lob wieder einzufangen, schiebt Rödl deutliche Worte hinterher: "Wir dürfen aber nicht vergessen, dass sich hier Kriegstreiber und Kriegsverbrecher treffen, die Hunderttausende Menschenleben auf dem Gewissen haben. Ob das förderlich ist für das Image der Stadt, weiß ich nicht." Ein Diplomat ist Rödl eben nicht.

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