Sicherheit:Schutz vor Anschlägen: Auch der Viktualienmarkt wird mit Trögen gesichert

  • An insgesamt sechs Weihnachtsmärkten hat das Kreisverwaltungsreferat etwa 45 Betonelemente aufgebaut.
  • Auch den Viktualienmarkt sollen von Dienstag an Pflanzentröge vor Lkw-Attentaten schützen.
  • Die Zahl der Polizisten, die auf den Christkindlmärkten patrouillieren, wird dagegen nicht aufgestockt.

Von Thomas Schmidt

Kübel, Polizei und eine Eisengießerei: Sie alle sollen in München mehr Sicherheit während der Weihnachtszeit bringen. Nie zuvor hat die Stadt einen solchen Aufwand betrieben, um ihre Christkindlmärkte vor einem Anschlag mit einem Lastwagen zu schützen. Der Lkw-Terror von Nizza, Berlin, Stockholm und Barcelona hat das Denken der Sicherheitsbehörden nachhaltig verändert.

Deswegen blockiert die Stadt in diesem Jahr erstmals Zufahrtswege mit wuchtigen Pflanzentrögen, wie man sie längst von der Wiesn kennt - von diesem Dienstag an auch am Viktualienmarkt. Außerdem testet die bayerische Polizei derzeit in München, Nürnberg und Augsburg ein - mehr oder weniger - mobiles System.

Das Werbe-Video auf der Internetseite des Herstellers aus Mecklenburg-Vorpommern zeigt spektakulär, wie ein Lastwagen auf ein paar graue Stelzen zufährt und wie er dort aufgespießt, in die Luft geschleudert und gründlich in seine Einzelteile zerlegt wird. "CitySafe" heißt die mobile Lkw-Sperre der Eisengießerei Torgelow, die nun rund um den Marienplatz erprobt wird. Unter "mobil" ist in diesem Fall aber lediglich zu verstehen, dass die Sperren mithilfe eines Hubwagens mühsam zur Seite gewuchtet werden können, um dem Lieferverkehr oder Rettungsdienst Platz zu machen. An jeder Sperre stehen deswegen mehrere Bereitschaftspolizisten parat, sozusagen die Torwächter des Weihnachtsmarkts. Wenn der vorbei ist, sollen auch die Stelzen wieder verschwinden.

Der personelle Aufwand für dieses System ist enorm, deswegen blockiert das Kreisverwaltungsreferat (KVR) die Zufahrtswege zu den Weihnachtsmärkten in aller Regel so, dass man im Zick-zack-Kurs um die Betonkübel herumkurven kann. Lastwagen kommen zwar durch, müssen aber stark abbremsen und können nicht mit Vollgas in eine Menschenmenge rasen. An sechs Weihnachtsmärkten hat das KVR etwa 45 Betonelemente aufgebaut. Die grauen Klötze befinden sich ohnehin im Besitz der Stadt, weil sie seit Jahren rund um das Oktoberfest eingesetzt werden. Zusätzliche Kosten entstehen also nur durch den Transport.

Weihnachtsmarktbesucher sollen sich sicherer fühlen

Vor Kurzem beschwerten sich Händler des Viktualienmarkts, dass die Stadt zwar die Christkindlmärkte schütze, bei ihnen aber keine Kübel aufstelle. Zunächst hieß es vom KVR, das sei an dieser Stelle nicht notwendig. Nun aber sollen an diesem Dienstagmorgen doch Pflanzentröge am Rosental und an der Blumenstraße aufgestellt werden. An einer Veränderung der sogenannten abstrakten Gefährdungslage liegt das freilich nicht. Der Polizei liegt weiterhin kein Hinweis vor, dass irgendwer irgendwann irgendwas in Sachen Terroranschlag in München plant.

Doch die Sicherheitsbehörden lernten von konkreten Erfahrungen aus anderen Ländern, sagt Polizeisprecher Sven Müller. Ob das Sicherheitskontrollen an Flughäfen seien oder Lkw-Sperren an belebten Plätzen: Wenn neue Formen des Terrors auftreten, "dann müssen wir reagieren". Natürlich könne es nie hundertprozentige Sicherheit geben - aber deswegen nichts tun?

"Zufahrtssperren können ihren Teil dazu beitragen, die Sicherheit im öffentlichen Raum zu erhöhen", sagt KVR-Chef Thomas Böhle. Das Thema sei jedoch komplex. Theoretisch gibt es in der Stadt sehr viele Standorte, die für einen Anschlag infrage kämen, nicht nur die Weihnachtsmärkte. Wo fängt man an, wo hört man auf? "Wir prüfen in einer Risikoabwägung zusammen mit der Polizei laufend die Gefährdungssituation für Gebäude, Plätze, Straßen und Veranstaltungen", sagt Böhle.

Mit den Pflanzentrögen wolle die Stadt dazu beitragen, "dass sich die Weihnachtsmarktbesucher sicherer fühlen können". Im kommenden Jahr will der Stadtrat entscheiden, ob an besonders exponierten Plätzen dauerhafte Schutzmaßnahmen, zum Beispiel im Boden versenkbare Poller, angeschafft werden sollen. Das allerdings würde erheblich mehr kosten, als ein paar Betonkübel aufzustellen.

Während die vielen Sperren dieses Jahr ein Novum sind, sei die Zahl der Polizisten, die auf den Weihnachtsmärkten patrouillieren, nicht aufgestockt worden, erläutert Polizeisprecher Müller. Die Einsatzstärke habe man zuletzt im Winter 2015 erhöht, nach den Terroranschlägen von Paris. "Auf diesem Niveau", sagt Müller, "befinden wir uns nach wie vor."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: