Seoul:Crashkurs Korea

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Das Seoul bietet authentische koreanische Küche. Gäste können sich so eine neue Palette der asiatischen Küche erobern.

Matthias Weitz

Es gibt ja nicht so viele Nischen und Ecken in München, deswegen stößt man auf gastronomische Entdeckungen oft in etwas unwirtlichen Gegenden. In der nördlichen Leopoldstraße beispielsweise, wo der Schwabinger Boulevard zwischen der Münchner Freiheit und dem Mittleren Ring zur trostlosen Ausfallstraße mutiert.

Authentische koreanische Küche bietet das Lokal in der Leopoldstraße. (Foto: Foto: rob)

Dort ist das Restaurant SEOUL im Erdgeschoss des Hotels Arcor Mercure untergebracht. Erst einmal im Lokal, sollte man über die schwarzen Rohrstühle und die Polster im ICE-Muster hinwegsehen. Immerhin bekommt man hier authentische koreanische Küche, und die ist eine Seltenheit in Deutschland.

Überhaupt haben die weltweiten Asienwellen und Fusion-Food-Moden die koreanische Küche bisher nur am Rande gestreift. Das liegt vor allem an einer Beilage, die allgegenwärtig auf koreanischen Esstischen steht und bei Nichtkoreanern einen ähnlich unberechtigten Schrecken verbreitet wie früher die mexikanische Paprika bei Gringos - Kimchi. Böse Vorurteile verbinden sich mit diesem unscheinbaren Gericht, das in flachen Porzellanschüsselchen gereicht wird. Kimchi gilt als das Sauerkraut des asiatischen Kontinents, und die bayerische Beilage ist ja auch weltweit Grundlage für antideutsche Witzeleien.

Das klassische Kimchi sind Chinakohlblätter, die in einer Marinade aus Chili, Knoblauch, Fischsoße und Ingwer fermentieren. Allerdings gibt es unzählige Variationen. Eine ganze Palette solcher Schüsselchen legt die freundliche Wirtin im Seoul auf. Neben dem fermentierten Kohl finden sich da auch gleichermaßen eingelegte Gurken, Zucchini oder Seetang. Das kleine Buffet mit Kimchi-Gemüsen ist gratis, weil es in Korea genauso fest zum Standardgedeck gehört, wie Brot, Salz und Pfeffer in Europa.

Ungewohnt hefitges Geschmackserlebnis

Ursprünglich erfanden die Koreaner Kimchi als Vitaminspeicher für die langen Wintermonate der nordostasiatischen Halbinsel. Für Europäer kann das erste Geschmackserlebnis ungewohnt heftig sein. Die säuerliche Schärfe des fermentierten Gemüses lässt sich mit nichts vergleichen, was die europäische oder auch die bei uns bekannte asiatische Küche zu bieten hat. Die Kimchischüsseln im Seoul sind da sicherlich ein guter Einstieg. Vor allem das klassische Kimchi ist relativ milde geraten. Allerdings erweckte es den Eindruck, jemand habe da den Fermentierungsprozess einfach früher unterbrochen, denn die Geschmacksnoten des Chili, des Kohl und des Knoblauch, die sonst eine ungewöhnliche Einheit ergeben, sind noch herauszuschmecken.

Auch die anderen Kimchisorten waren nicht besonders scharf. So viel Vorsicht ist verwunderlich, richtet sich das Seoul doch offensichtlich an Durchreisende und Exilanten - die Webseite des Lokals ist jedenfalls in koreanischer, japanischer und englischer, nicht aber in deutscher Sprache gehalten.

Weil es in der koreanischen Küche keine festgelegte Reihenfolge der Speisen und Gänge gibt, sollen hier die Hauptspeisen zuerst besprochen werden. Damit sich die Wirkung des Kimchi wirklich entfaltet, sollte man von den Tschigen erst einmal absehen, den scharfen Eintöpfen, die man im Seoul mit mariniertem Rindfleisch (29,50 Euro), Rippchen (30,50) oder Schweinefleisch (30,50) bekommt. Auch vom Fischfilet Sangson (15,00) mit Ananas und süßsauerer Soße, denn es erinnert zu stark an gängige chinesische Küche.

Zwei der koreanischen Volksgerichte sind zu empfehlen. Das sind Bibimbap (15,00) und Bulgogi (16,60). Beide Gerichte entsprachen solider Hausmannskost. Das Bibimbap ist ein Eintopf mit verschiedenen Gemüsen und einem Spiegelei, die auf ein Reisbett sortiert, dann mit scharfer Gochujang Chilipaste und einer klaren Brühe überschüttet, anschließend vermengt und wechselweise mit Stäbchen und einem Löffel verspeist werden. Im Seoul schmeckte dieses Gericht winterlich rund mit einem leichten Stich ins Scharfe.

Bulgogi dagegen sind dünne Rindfleischscheiben, die in einer Marinade aus Sojasauce, Frühlingszwiebeln und Gewürzen einen sanft würzigen Geschmack annehmen. Mit Zwiebeln und Glasnudeln wird das Gericht im Seoul am Tisch gebraten und dann frisch dampfend auf Reis serviert. Die in der Pfanne aufgekräuselten Fleischscheiben erinnerten optisch und geschmacklich an das japanische Sukiyaki. Der koreanische Beigeschmack ergab sich vor allem im Zusammenspiel mit dem Kimchi.

Bei den Vorspeisen schwächelte die Küche etwas. Die Teigtaschen Chungun (4,50) sahen aus wie eilig aus der Tiefkühlung aufgebraten. Der Teig war zu trocken und die Füllung zu flüssig. Hepari (9,50 Euro), ein Salat aus Quallen und Gurken, gelang schon besser. Was sich sonderbar anhört, war von sehr angenehmer, leicht kaufester Konsistenz, litt allerdings unter einem zu großen Schuss Essig in der Soße.

Vor allem ist das Seoul für Leute zu empfehlen, die sich eine neue Palette der asiatischen Küche erobern wollen. Wer sich schon länger mit koreanischer Küche beschäftigt hat, den könnte das eine oder andere Gericht vielleicht enttäuschen. Das aber wird von der Entdeckerfreude aufgewogen, in München einen wirklich authentischen Koreaner gefunden zu haben.

SEOUL, Leopoldstraße 120, Telefon: 34 81 04. www.seoulrestaurantmunich.com. Geöffnet täglich von 12 bis 15 und von 18 bis 23 Uhr.

© SZ vom 06.10.2008/jh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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