Senioren:Die Jahrhundert-Münchner

Senioren: Ihren 100. Geburtstag feierte Auguste Ehard bereits vor zehn Jahren. Mit 110 ist sie nun die älteste Münchnerin.

Ihren 100. Geburtstag feierte Auguste Ehard bereits vor zehn Jahren. Mit 110 ist sie nun die älteste Münchnerin.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die älteste Bürgerin der Stadt wird 110 Jahre alt. Fitte Hochbetagte wie Auguste Erhard gibt es in München immer mehr.

Von Sven Loerzer

Der Gratulant hat zwar auch schon das Alter von Mitte 50 überschritten, aber die Glückwünsche, die Oberbürgermeister Dieter Reiter an diesem Dienstag überbringt, gehen an eine Frau, die fast doppelt so alt ist wie er: Auguste Ehard feiert ihren 110. Geburtstag. Damit ist sie nicht nur die älteste Münchnerin, geboren in dem Jahr, als München die ersten Taxis und den ersten elektrischen Hendlgrill auf der Wiesn bekam. Sie ist wohl auch die älteste Bayerin und die viertälteste Deutsche, wie ihre Pfarrei St. Michael in Perlach mitteilt.

Sie werden älter - und sie werden immer mehr

Immer mehr Münchner erreichen ein sehr hohes Alter. Waren 1997 erst 93 Münchner - 15 Männer und 78 Frauen - 100 Jahre oder älter, verzeichnete das Statistische Amt der Stadt ein Jahrzehnt später schon 253 Münchner mit einem dreistelligen Alter. Ende 2014 waren es bereits 331 Bürger: 56 Männer und 275 Frauen.

Für die älteste Münchnerin nimmt sich der OB Zeit für einen Besuch. In der Regel überbringen Stadträte sowie ab und zu auch Reiters Ehefrau die Glückwünsche aus dem Rathaus. 222 Münchner im Alter von 100 oder mehr Jahren erhielten die Glückwünsche nach vorheriger Absprache persönlich überbracht. Wollte der OB dies immer selbst tun, hätte er im vergangenen Jahr im Durchschnitt fast an jedem Werktag einen Besuch absolvieren müssen.

Keine Gefahr der Überalterung - trotz immer mehr Lebensjahren

Die Landeshauptstadt gratuliert ihren Bürgern erstmals zum 90. und dann wieder zum 95. Geburtstag. Sie bekommen per Post ein Geschenkpaket und ein Glückwunschschreiben, erläutert die Leiterin der Protokollabteilung im Rathaus, Gabriele Schwaiger. Wer den 100. Geburtstag erreicht, erhält dann zu diesem Termin und jedes weitere Jahr das Paket, einen Blumenstrauß und die Glückwünsche, dann auch mit persönlicher Gratulation.

Weil immer mehr Münchner immer älter werden, hat auch die Protokollabteilung erheblich mehr Arbeit mit den Glückwünschen insgesamt bekommen: Die Zahl der Alters- und Ehejubilare, die es zu feiern gilt, stieg von 2623 im Jahr 2007 auf jetzt 3776. Und sie wird weiter wachsen: Auch die jüngste Bevölkerungsprognose der Stadt geht davon aus, dass die Zahl der Hochbetagten noch deutlich zunimmt.

So rechnet die Stadt damit, dass die Zahl der über 75-Jährigen von 2013 bis 2030 um 30 000 auf fast 150 000 klettern wird. Dennoch wird sich der demografische Wandel in München wohl nicht so dramatisch bemerkbar machen wie in anderen Städten, weil die Zuwanderung viele jüngere Menschen in die Stadt bringt. Deshalb lautet auch das Fazit der Münchner Bevölkerungsprognose: "Eine Überalterung zeichnet sich auf der Ebene der Gesamtstadt nicht ab, ist aber für Teilräume nicht auszuschließen."

Fit bis ins hohe Alter - auch mit dem Rad

Obwohl die Altersstruktur der Bevölkerung weitgehend stabil bleibt, wird die Stadt aber ihr Angebot für alte Menschen ausbauen müssen, weil ihre absolute Zahl steigt. Denn das hohe Alter ist oft auch mit körperlichen und geistigen Gebrechen verbunden. Bis zum Alter von 75 Jahren ist die Selbständigkeit noch eher selten bedroht, aber im Alter von mehr als 80 Jahren häufen sich die Probleme.

Das Risiko, pflege- und hilfsbedürftig zu werden, steigt dann erheblich an, bei den über 90-Jährigen sind etwa 60 Prozent betroffen. Dennoch gibt es auch immer wieder Beispiele dafür, dass Menschen ziemlich fit ein hohes Alter erreichen, wie Gabriele Schwaiger betont. "Es gibt 95-Jährige, die mit dem Rad ins Rathaus kommen und auch die Treppen raufsteigen, um sich persönlich bei uns für die Glückwünsche zu bedanken."

Rudern, Skirennen - und von 70 bis 90 Langlaufski

Auch Auguste Ehard, die aus Trostberg stammt, war lange Zeit sportlich aktiv. Erst im Rudern, da saß sie im Doppelvierer und im Doppelachter. Später, bis zu ihrer Heirat, fuhr sie Skirennen mit. "Sie hat alles mögliche ausprobiert", erzählt ihre einzige Tochter Franziska Blümel. Im Alter von 70 Jahren stieg ihre Mutter von den Abfahrts- auf die Langlaufski um. Erst mit 90 gab sie diesen Sport auf.

Mit 99 Jahren zog sie ins Caritas-Altenheim St. Michael in Perlach, wo sie sich körperlich und geistig in Bewegung hielt und nun zusammen mit ihrer Familie feiert. Als langjährige SZ-Abonnentin gehörte die Lektüre zum festen Tagesablauf. "Sie hat die Zeitung von A bis Z gelesen", berichtet die Tochter. Dafür zog sich die Mutter im Altenheim am Nachmittag zurück. Erst als ihre Augen vor zwei Jahren schlechter wurden, hat sie ihre Lektüre aufgeben müssen.

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