Senioren abgezockt:Zum neunten Mal als Betrüger verurteilt

Ein 51-jähriger Spielsüchtiger, der mit rührseligen Geschichten Senioren um ihr Geld brachte, muss viereinhalb Jahre in Haft

Von Christian Rost

Seit 27 Jahren ist Martin M. als Betrüger unterwegs. Vorwiegend auf das Geld von Senioren hat es der 51-jährige gebürtige Hamburger abgesehen. Achtmal stand er deswegen bereits vor Gericht und hat auch schon einige Knasterfahrung. Von seinen krummen Touren hat er sich dadurch aber nicht abbringen lassen. Am Donnerstag wurde er erneut zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, diesmal zu viereinhalb Jahren. Die 12. Strafkammer am Landgericht München I sah es als erwiesen an, dass er von April bis Juni 2013 sieben ältere Leute in München und einen Senior in Berlin um insgesamt fast 2000 Euro gebracht hat.

Angesichts seiner Biografie stellte sich die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer die Frage, wie ernst es der Angeklagte mit seiner tränenreichen Entschuldigung bei einem der Opfer meinte und wie glaubhaft seine angebliche Therapiebereitschaft ist. Man solle sich von Martin M. "nicht blenden lassen", sagte die Anklägerin, schließlich habe er schon diverse Therapien erfolglos durchlaufen und sogar fünf Jahre in der geschlossenen Psychiatrie zugebracht, ohne dass sich etwas bei ihm geändert habe.

Auf die Tränendrüse drückte M. auch, wenn er Senioren auf der Straße oder in öffentlichen Verkehrsmitteln ansprach und behauptete, ein naher Verwandter sei gestorben, weshalb er dringend Geld für die Beerdigung benötige. Wenn er dann neben ein paar hundert Euro von seinen Opfern auch noch die Telefonnummer bekam, rief er wenig später bei ihnen an, gab sich als Polizist aus und forderte sie auf, mehrere tausend Euro auf sein Konto zu überweisen. Mindestens einmal hatte er damit Erfolg: Ein älterer Münchner überließ ihm 1000 Euro. In Berlin brachte M. laut eigenem Geständnis einen Senior dazu, ihn mit in seine Wohnung zu nehmen. Dort sperrte der Angeklagte das Opfer kurzerhand auf dem Balkon aus und durchsuchte die Wohnung. 280 Euro erbeutete er bei dieser Tat. Der ausgesperrte Senior musste eine Glasscheibe eintreten, um sich aus der Zwangslage zu befreien. Das Landgericht wertete diesen Fall als Raub. Und einer Münchnerin, die M. ohnehin bereits 100 Euro überlassen hatte, entwendete er noch die Handtasche, in der sich 75 Euro befanden.

Mit dem Geld finanzierte der Mann seine Spielsucht, die der psychiatrische Sachverständige Matthias Hollweg als pathologisch bezeichnete. Die Sucht sei aber auch nicht so ausgeprägt, dass sie beim Angeklagten zu einer verminderten Schuldfähigkeit führen würde, so der Experte. Verteidiger Tobias Ponath betonte, dass sich M. in den vergangenen Jahren immerhin etwas gebessert hätte. Bei seinen früheren Betrügereien hatte er seine Opfer noch um Beträge von 15 000 Euro und mehr gebracht. Es fehle einfach an einer geeigneten Therapieform für seinen Mandanten, so Ponath.

Dem Gericht unter dem Vorsitz von Thomas Hense blieb nichts anderes übrig, als M. erneut ins Gefängnis zu schicken. Eine andere Form der Unterbringung oder eine Sicherungsverwahrung sieht das Gesetz für solche Fälle nicht vor. Es bleibt also abzuwarten, wie sich M. nach der Verbüßung seine Strafe verhalten wird, wenn er mit ein bisschen Übergangsgeld in der Hand, ohne Wohnung und Perspektive wieder auf der Straße steht.

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