Sendling/Westpark:Lautes Schweigen

Sendling/Westpark: Leerstand: Die Bananenhalle am Bauernbräuweg weicht neuen Wohnungen.

Leerstand: Die Bananenhalle am Bauernbräuweg weicht neuen Wohnungen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Bahn lässt lärmgeplagte Anwohner und Investoren über ihre Pläne am Distlhofweg hartnäckig im Dunkeln

Von Berthold Neff, Sendling/Westpark

Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass: Mit diesem Spruch könnte man beschreiben, was die Bewohner der Häuser am Distlhofweg, unweit des S-Bahnhofes Mittersendling, davon halten, wie die Deutsche Bahn AG (DB) mit ihnen umgeht. Sie finden es sehr befremdlich, dass die Bahn - beziehungsweise deren frühere Tochter Aurelis - Teile des einstigen Betriebsgeländes für den Wohnungsbau zu gutem Geld versilberte, nun aber auf den verbliebenen Gleisen gleich nebenan so viel Lärm produziert, dass in manchen Nächten an Schlaf nicht zu denken ist. Nun, im zweiten Bauabschnitt, geht es unter anderem darum, diesem Treiben einen Riegel vorzuschieben.

Genau das aber, so wurde am Mittwochabend bei einem öffentlichen Erörterungstermin deutlich, ist alles andere als einfach. Das liegt vor allem daran, dass es höchst schwierig ist, mit den DB-Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen. Selbst die mächtige Büschl-Unternehmensgruppe, die auf dem Gelände ein neues Quartier mit etwa 150 Wohnungen, einer Kindertagesstätte und einem Lebensmittelgeschäft entwickeln will, tut sich schwer. Es waren, so ließ Büschl-Geschäftsführer Gerald Purucker vor etwa 40 Zuhörern im Sozialbürgerhaus an der Meindlstraße durchblicken, sogar Kontakte zur DB-Spitze in Berlin nötig, um die richtigen Ansprechpartner in München an den Tisch zu bekommen.

Problematisch für die Planungen, die vom Architekturbüro Pesch & Partner aus Stuttgart stammen, ist vor allem das, was die Bahn irgendwann mit den Flächen und Zufahrten vorhat, die sie nicht veräußern mochte. Das Problem an dieser Stelle ist offenbar weniger der Verkehrslärm der vorbeifahrenden Züge. Philip Schmal vom Büro Pesch & Partner sagte, die bis zu vier Geschosse hohe Lärmschutzwand aus Glas Richtung Gleise solle vor allem jenen Krach mildern, den möglicherweise die Lkw verursachen, wenn sie über die DB-Rampe Betonschwellen oder ähnliches anliefern. Ob die Bahn das tatsächlich macht, steht in den Sternen. Bislang jedenfalls, so versichern es die Distlhofweg-Bewohner, sei dort noch kein einziger Lastwagen gesichtet worden.

Offenbar ist der Begriff "bahnspezifische Nutzung" recht dehnbar. Günter Keller (SPD), der als Vorsitzender des Bezirksausschusses Sendling-Westpark die Erörterung leitete, forderte die Stadt auf, Klarheit zu schaffen. Zum einen, ob die Bahn dort auch Wartungsarbeiten unter freiem Himmel erledigen dürfe. Bewohner hätten geklagt, dass vor allem nächtliche Arbeiten eine hohe Belastung darstellten. Keller sagte, er habe dies in mehreren Briefen an die Bahn angesprochen, "aber null Antworten bekommen". Einer der Zuhörer plädierte dafür, "der Bahn die Daumenschrauben anzusetzen". Mit einer verkehrsberuhigten Zone am Beginn der Rampe könnte man es der Bahn "aktiv verleiden", hier einen "Güterverladebahnhof" einzurichten.

Sollte die Bahn darauf ohnehin verzichten, "wäre der von uns geplante Lärmschutz überdimensioniert", sagte Gerald Purucker von der Büschl-Gruppe. Er sei aber nötig, um vor Überraschungen gefeit zu sein. Sobald der Bebauungsplan rechtskräftig ist, wollen die Investoren mit dem Projekt starten und die bereits aufgegebene Fruchthalle abreißen. An der Ecke Bauernbräuweg/Distlhofweg soll ein acht Geschosse hoher Wohnturm den Auftakt setzen, die anderen Bauten werden nur halb so hoch. Viel mehr Grün wird es auf dem Areal, das derzeit zu 91 Prozent versiegelt ist, nicht geben. Allerdings werden die Hausdächer begrünt. Eher grau bleiben die Schotterflächen entlang der Gleise, sollen aber ökologisch aufgewertet werden - als Heimat der Blauflügeligen Ödlandschrecke.

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