Sendling/Laim:Stochern im Pulverdampf

Silvesterfeier am Münchner Marienplatz, 2016/17

Feuer frei: An Silvester hing eine dicke Feinstaubwolke über München.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Nach der Luftverschmutzung in der Silvesternacht diskutieren mehrere Bezirksausschüsse über ein Feuerwerks-Verbot

Von Birgit Lotze, Andrea Schlaier, Sendling/Laim

Seit die Fraktion Grüne/Rosa Liste im Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt Ende Januar ein Böllerverbot an der Isar angeregt hat, mehren sich auch in anderen Stadtvierteln die Stimmen für feuerwerksfreie Zonen in München. In Allach haben sich Bürger für die nächste Sitzung angekündigt, in Sendling, Pasing und Laim beschäftigten sie mit ihrem Anliegen bereits die Gremien. Was bislang feststeht: Entschieden ist noch nichts, die Diskussion geht weiter. Bislang kann jeder in der Stadt Feuerwerk anzünden, wo er will. Verboten ist Ballern lediglich in der Nähe von Krankenhäusern, Kirchen und Heimen.

Eine Sendlingerin sagte im Bezirksausschuss, sie empfinde die Art und Weise, wie Silvester beispielsweise am Harras gefeiert werde, nicht als zeitgemäß. Die wilde Ballerei sei weder optisch noch akustisch schön. Sie sprach von Krach, herumliegendem Dreck und einem hohen Gefahrenpotenzial. "Wer hat da eigentlich Spaß dran?", fragte sie. Man solle, wenn man das neue Jahr begrüße, etwas ohne negative Folgen anbieten: "Vielleicht ein großes, zentrales Feuerwerk auf der Theresienwiese, und am Harras eine Lichtorgel?"

Elisabeth Robles-Salgado (Grüne) ergänzte, dass die Feinstaubbelastung beim Jahreswechsel außerordentlich hoch gewesen sei und viele Feiernde sich nicht an die Regel gehalten hätten, wonach Raketen und Kracher nur in der Silvesternacht abgefeuert werden dürften. Wegen der extremen Hochdrucklage Anfang des Jahres soll die Knallerei die Feinstaubkonzentration in der Stadt dramatisch erhöht haben. Die Messstation des Landesamtes für Umweltschutz eruierte am Stachus in der Neujahrsnacht 1346 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft. Seit 2008 gilt ein Grenzwert von 50 Mikrogramm.

Hier setzt man auch im Laimer Bezirksausschuss an. Der Feinstaub, der deutschlandweit in dieser Nacht freigesetzt wird, liegt nach Schätzungen des Umweltbundesamtes bei rund 4000 Tonnen. Karin Brieger (SPD) erinnerte daran, dass das 15 Prozent der Menge entspreche, die Autos und Lkw im ganzen Jahr erzeugten. "Das ist kein Klacks!" Die 15 Prozent seien ein "gewichtiges Argument", befand auch Grünen-Sprecher Ingo Westcombe-Benn. Die Stadt solle einmal klären, was in der Hinsicht rechtlich überhaupt zulässig sei. Neben dem Dunst solle aber auch die Müllbelastung nicht außer acht gelassen werden, die durch das Silvesterfeuerwerk entstehe, mahnte Alexander Schöttl (CSU). Trotz der allgemeinen Sympathie im Gremium für ein einziges zentrales Feuerwerk in München stellte sich für Schöttl die Frage nach der Umsetzbarkeit: "Wie soll man denn die Leute daran hindern, sich ihre eigenen Böller zu kaufen? Sich neben Sie beim Kauf an die Kasse stellen?"

In Sendling und Pasing will man vor einer weiteren Diskussion eine Stellungnahme des Gesundheitsreferates einholen und die Kosten für die Reinigung und Entsorgung nach Silvester beim Baureferat erfragen. Das Kulturreferat soll Anregungen für alternative Veranstaltungen geben. Die Grünen haben in Sendling vorerst den Antrag ihrer Kollegen aus dem Nachbarbezirk Ludwigs- und Isarvorstadt eingebracht. Er soll bis zur Sitzung Anfang März noch ergänzt werden. Fraktionssprecher Rene Kaiser sprach davon, ihn unter Umständen zu modifizieren. Falls sich herausstelle, dass Isarbrücken nur schwer als böllerfreie Zonen deklariert werden könnten, wolle man in Sendling auf diesen Teil verzichten, um ihn nicht zu Fall zu bringen. In der Ludwigs- und Isarvorstadt würden die Grünen/Rosa Liste nicht nur das Isarufer, sondern gerne auch die Brücken, auch die bei Feiernden beliebte Reichenbachbrücke, zur böllerfreien Zone erklären lassen.

In der Isarvorstadt war der Antrag auf eine Isar-Schutzzone vor zweieinhalb Wochen wegen Diskussionsbedarf vertagt worden. Dass Feuerwerk das Naherholungsgebiet besonders belastet, wurde dort nicht abgestritten. Doch die CSU will den Münchnern nicht die schönsten Plätze der Stadt zum Böllern nehmen und Schäden lieber mit mehr Reinigungsaktionen ausgleichen. Die FDP wollte eher dicht besiedelte Areale wie den Gärtnerplatz von Feuerwerk freihalten als die freie Natur. Teile der SPD fürchteten, wie auch die CSU, dass die Grünen/Rosa Liste sich letztlich nicht auf das Naherholungsgebiet beschränken dürften, sondern die Schutzzone auszuweiten versuchten.

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