Sendling-Westpark:Kontrolle ist besser

Sendling-Westpark: Wohnen an der Stadtautobahn: An der Uttinger Straße haben die Anwohner wenig Spaß mit dem Verkehr der A 95 (rechts).

Wohnen an der Stadtautobahn: An der Uttinger Straße haben die Anwohner wenig Spaß mit dem Verkehr der A 95 (rechts).

(Foto: Catherina Hess)

Die Anwohner der Garmischer Autobahn bekommen keine Lärmschutzwände. Zu wenige Haushalte würden von dem 30 Millionen Euro teuren Projekt profitieren. Die Lokalpolitiker wollen allerdings das Tempolimit überwachen lassen

Von Thomas Kronewiter, Sendling-Westpark

Auch nach der Eröffnung des Autotunnels unter dem Luise-Kiesselbach-Platz bleiben die großen Verkehrsachsen im Münchner Südwesten problematisch. Dabei können etwa die Anwohner beiderseits der Garmischer Autobahn (A 95), die vom Kiesselbach-Tunnel bis zum Autobahnkreuz München-Kreuzhof als Bundesstraße ausgewiesen ist, kaum auf weitere Abhilfe hoffen. Die Bürgerversammlung für Sendling-Westpark hatte Lärmschutz zuletzt einmal mehr vehement eingefordert. Jedoch sieht die Stadt München keine Möglichkeit, zwischen dem Luise-Kiesselbach-Platz und dem Kreuzhof Lärmschutzwände einzuziehen.

Profitieren könnten von solchen sechs Meter hohen Wänden, auf die es keinen rechtlichen Anspruch gibt, maximal 1400 Anwohner. Ungeachtet der tatsächlichen Realisierbarkeit und des unklaren Zeithorizonts rechnet das Baureferat auf dem gesamten, 2000 Meter langen Abschnitt mit Kosten von circa 30 Millionen Euro. Damit stehe der Aufwand "außer Verhältnis zum Schutzzweck". Die städtischen Experten verweisen vielmehr auf die kürzlich bereits erreichten Verbesserungen.

So bringe der schon 2008 erprobte und 2017 erneuerte lärmmindernde Fahrbahnbelag eine Schallpegelreduzierung von zwei bis drei Dezibel, seit November vergangenen Jahres ist auf dem Abschnitt zwischen dem Luise-Kiesselbach-Platz und dem Kreuzhof zudem Tempo 60 statt des früher gültigen Tempo 80 angeordnet. Auswirkung: weitere zwei Dezibel Lärmminderung. Die Stadtteilvertreter aus Sendling-Westpark mochten sich in ihrer Sitzung gleichwohl nicht einfach dem Beschlussvorschlag des Referats für Gesundheit und Umwelt anschließen, der dies konstatierte und die Forderungen nach Lärmschutzwänden schlicht zurückwies. Man formulierte um, es bestehe "derzeit" kein Anspruch auf zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen - in der Erwartung, dass Gesundheitsreferentin Stephanie Jacobs die Änderung durch den Bezirksausschuss so mitträgt und nicht den Dissens einfach Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zur Entscheidung vorlegt. Das sieht die Geschäftsordnung für solche Entscheidungsfälle, in denen der Bezirksausschuss von der Referatsempfehlung abweicht, vor. Die Stadtteilpolitiker aber wollen diese Frage lieber offen lassen, zumal sie mit der Forderung nach einer stationären Geschwindigkeitskontrolle auf den ersten Metern der Garmischer Autobahn das angeordnete Tempolimit auch durchzusetzen gedenken. CSU-Sprecher Alfred Nagel wäre sogar eine abschnittsweise Überwachung lieber, wie sie unter dem Begriff "Section Control" etwa in Österreich schon Anwendung findet. So könne man verhindern, dass Autofahrer nach Passieren des stationären Blitzers doch noch innerhalb der Stadt auf die Tube drückten. Dieses Verfahren ist in Deutschland allerdings noch nicht üblich, die Idee eines Pilotprojekts schien dem Bezirksausschuss-Vorsitzenden Günter Keller (SPD) indes nahezu als Garant dafür, dass das gesamte Papier erst einmal in den Mühlen der Verwaltung und letztlich auf dem Tisch des Oberbürgermeisters landen würde.

Diesem Argument mochte sich auch CSU-Sprecher Nagel nicht verschließen. Ihm war wichtiger, die Lärmschutzforderung nicht ganz vom Tisch zu wischen, zumal man eben das - weiteren Lärmschutz - auch jenseits des Kiesselbach-Platzes im Bereich des Max-Seidl-Wegs generell aufrecht erhält. Anspruch auf Lärmvorsorgeprojekte, konkret die Erstattung von Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern, hat laut städtischen Untersuchungen entlang der A 95 im Abschnitt zwischen Kiesselbach-Platz und Uttinger Straße der Eigentümer eines einzigen Gebäudes, alle übrigen profitieren bereits durch die lärmabschirmende Wirkung der Stützwände der beginnenden Tunnelabfahrt. Und in Richtung Kreuzhof gibt es, da keine Neubauprojekte vorliegen, keinen Anspruch auf Lärmvorsorge.

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