Sendling-Westpark:Alle wollen Grün

Beim Bürgerdialog wird schnell klar: Die große Fläche vor dem Altenheim St. Josef am Luise-Kiesselbach-Platz soll nach dem Willen der Anwohner zu einem Park werden. Eine Bebauung am Rand wird kategorisch abgelehnt

Von Berthold Neff, Sendling-Westpark

Drei Mal weniger Autos, drei Mal mehr Grün: Wenn die Autos am Luise-Kiesselbach-Platz Ende Juli nach der Tunnel-Eröffnung großteils unterirdisch unterwegs sind, entsteht an der Oberfläche die Chance, einen grünen Platz für die Bürger des Viertels zu schaffen. Aber wie genau soll dieses Dreieck vor der imposanten Fassade des Altenheims St. Josef nun aussehen? Die Bürgerinnen und Bürger, deren Meinung beim großen Dialog am Mittwochabend in der großen Halle der ICP-Stiftung an der Garmischer Straße gefragt war, haben dazu eine ziemlich klare Meinung: Sie wollen möglichst viel Grün und lehnen eine Bebauung am Rand, die vor dem Lärm des restlichen Verkehrs an der Oberfläche schützen könnte, glatt ab.

Das Interesse an dieser vom städtischen Baureferat angebotenen Veranstaltung war überraschend groß. Obwohl man sich dafür bis zum 12. Mai anmelden musste, wollten mehr als 300 Bürgerinnen und Bürger mitreden. Aus Sicherheitsgründen waren im ICP jedoch nur 170 Teilnehmer zugelassen, so dass nach Pfingsten die zweite Auflage des Bürgerdialogs folgen wird.

Zu Beginn des Treffens am Mittwoch skizzierte Gartenbau-Chef Ulrich Schneider vom Baureferat die Ausgangslage nach dem Tunnelbau. Derzeit gebe es an dieser Stelle eine Grünfläche von 6500 Quadratmetern, künftig stünden hier 17 000 Quadratmeter zur Verfügung, eine größere Fläche als die meisten Quartiersplätze. Heute wohnen etwa 6000 Menschen im Umkreis von 500 Meter rund um den Platz, der dann trotz des Tunnels mit täglich 40 000 Autos fertig werden muss; derzeit sind es 120 000 Fahrzeuge.

Auch dieser reduzierte Verkehr hat zur Folge, dass der Lärm die für Grünanlagen zulässigen Werte bei weitem übersteigt, was die Nutzungen stark einschränkt. Ohne Lärmschutz könnte man hier keinen Spielplatz bauen. Ein etwa fünf Meter hoher, mit Sträuchern bepflanzter Wall könnte die Aufenthaltsqualität im Inneren der Grünfläche entscheidend verbessern.

Jörg Wenzel vom Planungsreferat stellte dann die andere Möglichkeit vor, für Ruhe im Grünen zu sorgen: Eine Bebauung entlang der Albert-Roßhaupter-Straße. Wenzel hatte dies bereits in der Einwohnerversammlung Ende 2013 vorgeschlagen, stieß damit aber ebenso auf entschiedenen Protest wie heute. Ein Riegel mit fünf Geschossen lasse immerhin noch 11 000 Quadratmeter nutzbare Grünfläche übrig.

An den sieben Tischen, an denen die Bürger unter Anleitung von Moderatorinnen ihre Wünsche und Anregungen formulierten, wurde schnell klar, dass fast niemand eine solche Bebauung haben will. Seniorenbeirat Richard Stahnsdorf sagte, das Viertel habe ohnehin gerade eine "enorme Verdichtung" zu verkraften, deshalb müsse der Platz zur Grünfläche werden.

Dagmar Zwerger, die in der Nähe wohnt und sich als Spielplatzpatin engagiert, plädierte dafür, hier Angebote für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Jens Röver, SPD-Stadtrat und Mitglied im Bezirksausschuss Sendling-Westpark, berichtete von diversen Vorschlägen an das Stadtviertel-Gremium: einen Tanzboden und ein Seniorencafé bauen oder einen Maibaum aufstellen. An diesem Tisch dominierte eher die Ansicht, dass dies alles ohne einen Lärmschutzwall kaum möglich sei - von einer Piazza mit Brunnen und Bäumen, an der sich das ganze Viertel trifft, ganz zu schweigen. Einen Bauriegel als Lärmschutz lehnten alle ab, vor allem die von der Stadt ins Spiel gebrachten 80 Wohnungen. Die Bewohner würden sich vom Treiben in der Grünanlage schnell gestört fühlen, Konflikte seien damit programmiert. "Dieses Gebäude würde die Nutzung des Platzes bestimmen", sagte ein Bürger. Alfred Nagel, der CSU-Fraktionssprecher im Bezirksausschuss, plädiert dafür, die Grünanlage ohne Drumherum zu bauen. Man müsse erst einmal sehen, ob die Prognose von den 40 000 Autos an der Oberfläche stimme.

Nach drei Stunden der Ideensuche, Beratung und Diskussion war klar, was die Bürger wollen: Eine freie, grüne Fläche, die für sich steht, einen Treffpunkt für das ganze Quartier mit Angeboten für alle Altersgruppen. An der Frage, ob ein Lärmschutzwall nötig ist, schieden sich die Geister, während das Nein zur Bebauung fast einstimmig war. Wie der neue Luise-Kiesselbach-Platz künftig aussehen wird, entscheidet der Stadtrat voraussichtlich im Herbst.

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