Sendling:Viel Potenzial für Verdrängung

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Ein Großteil Sendlings bekommt wieder eine Erhaltungssatzung

Von Birgit Lotze, Sendling

Für Sendling haben Experten in den vergangenen Monaten überprüft, inwieweit das ehemalige Arbeiterviertel noch unter Milieuschutz gestellt werden kann. Die geltende Erhaltungssatzung läuft zum 11. Juli aus. Das Ergebnis der neuen Untersuchung: Sowohl der Sendlinger Norden als auch der Süden sind nicht mehr Teil der neuen Satzung. Unter Milieuschutz gestellt, also neu aufgenommen, werden dafür die Schmied-Kochel-Straße und der Block östlich des Gotzinger Platzes direkt am Großmarktgelände zwischen Kochelseestraße und Königsdorfer Straße.

Das gesamte Gebiet nördlich der Lindwurmstraße zwischen Bahngleisen, Pfeufer- und Radlkoferstraße - im Mietspiegel als zentral gute oder beste Lage eingestuft - fällt künftig aus dem Milieuschutz heraus. Aufwertungs- und Verdrängungspotenzial seien zu niedrig, heißt es im städtischen Referat für Stadtplanung. Der Grund dafür liege im Wohnbau der vergangenen fünf Jahre, explizit erwähnt werden Neubauten wie an der Bavaria- und Lipowskystraße und die Nachverdichtung. Bereits 40 Prozent der Wohnungen seien in Gebäuden, die nach 1978 errichtet wurden, so das Referat. Neubauten hätten kein Aufwertungspotenzial. Außerdem hätten sie in der Regel einkommenstärkere Bewohner. Im Klartext: Es gibt nur noch wenig aufzuwerten und wenig zu verdrängen.

Auch der Teil Sendlings südlich des Brudermühltunnels verliert die Schutzwürdigkeit. Die Mieten seien dort inzwischen überdurchschnittlich hoch, es sei nachverdichtet worden, damit habe sich die Bevölkerungsstruktur verändert. Ein Problem ist wohl die Bemessungsgrundlage. Die Bereiche liegen außerhalb des Mittleren Ringes und müssen sich deshalb mit niedrigeren Vergleichsmieten messen. Für viele Bürger dieses Viertels bestehe jedoch nach wie vor ein gewisser Schutz vor Verdrängung: Es gibt hier viele genossenschaftliche Wohnungen. Der Münchner Mietspiegel stuft die Wohnungen, die im Süden Sendling den Milieuschutz verlieren, überwiegend als zentral-durchschnittlich ein.

An der Großmarkthalle und in der Schmied-Kochel-Straße sind etwa 280 Wohnungen, die mit der neuen Satzung unter den Milieuschutz fallen. Rund 470 Einwohner leben dort. Gerade dort sei der Aufwertungsdruck sehr hoch, ebenso die Gefahr, verdrängt zu werden. Die Kaufkraft sei unterdurchschnittlich, es gebe viele Einkommensschwache. In jedem fünften Haushalt stünden weniger als 1500 Euro Nettoeinkommen im Monat zur Verfügung. Die neue Erhaltungssatzung betrifft fast 20 000 Sendlinger.

© SZ vom 08.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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