Sendling:Strom aufwärts

Arbeiter-Samariter-Bund,  Adi-Maislinger-Str. Dort werden die E-Smarts mit dem Logo des ASB beklebt.

Klein, sauber: Für ihren Einsatz bekommen die Smarts das ASB-Logo.

(Foto: Peljak)

Der Arbeiter-Samariter-Bund setzt als erster Dienstleister im Münchner Pflegedienst drei vollelektrisch betriebene Smarts ein. Der Verband gehört damit zu den wenigen Vorreitern im Kampf gegen Lärm und Schadstoffe

Von Marco Völklein, Sendling

Irgendwann wurde es Thomas Nindl einfach zu blöd. Bis die Stadt das im Mai beschlossene Förderprogramm zur Elektromobilität so weit umgesetzt hat, dass Interessierte Anträge auf Förderung stellen können, dauert es wohl noch einige Monate. Und andere Fördertöpfe seien nicht mehr geöffnet, erfuhr Nindl bei der Stadt. Das Vorstandsmitglied des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) will aber nicht mehr warten: "Die Zeit ist reif für die Elektromobilität."

Deswegen beschaffte der Wohlfahrtsverband mit Sitz an der Adi-Meislinger-Straße kurzerhand auf eigene Kosten drei vollelektrisch betriebene Smarts. Die kleinen Stadtflitzer wollen Nindl und seine Leute vor allem im Pflegedienst einsetzen. Die Mitarbeiter sind ständig auf Achse, immer unterwegs in der Stadt, von einem Pflegefall zum nächsten. 40 Kilometer in der Frühschicht, weitere 50 Kilometer in der zweiten Schicht am Nachmittag - das sind so die Distanzen. Wege, die "eigentlich perfekt geeignet sind für Autos mit elektrischem Antrieb", glaubt Nindl. Und die mit einem E-Smart, bei dem der Hersteller Daimler die Reichweite mit 145 Kilometern angibt, auch locker zu schaffen sind. Laut Nindl ist der ASB der bislang erste und einzige Pflegedienst in München, der vollelektrische Autos einsetzt.

Der Verband gehört damit zu den wenigen Vorreitern. Denn noch halten sich viele Gewerbetreibende in Sachen Elektromobilität zurück. Vor allem die hohen Anschaffungskosten schrecken viele ab. Für einen E-Smart musste Nindl zum Beispiel - ausstattungsbereinigt - gut 5000 Euro mehr zahlen als für das gleiche Auto mit Benzinmotor unter der Haube. Auf eine Laufzeit von sechs Jahren gerechnet, amortisiert sich der hohe Kaufpreis laut Nindl bislang nicht; dafür müssten die Fahrzeuge deutlich günstiger werden. Der ASB rüstet nun dennoch einen Teil seiner 14 Fahrzeuge umfassenden Pflegedienst-Flotte um. "Irgendwann muss man ja mal damit beginnen", sagt Nindl. Und er hofft, dass der ein oder andere Kunde, wenn er einen Pflegedienst sucht, sich wegen der E-Smarts für den Anbieter aus Sendling entscheidet.

Wenn es nach der Stadt ginge, dann würden viel mehr Firmen dem Beispiel Nindls folgen. CSU wie SPD, aber auch viele andere Parteien im Rathaus, setzen auf die E-Mobilität, um die Probleme mit dem Lärm und der Schadstoffbelastung in den Griff zu bekommen. 30 Millionen Euro ist das Förderprogramm schwer, das der Stadtrat im Mai verabschiedet hatte. Es enthält unter anderem eine Förderung von 2500 Euro, wenn sich ein Pflegedienst oder ein Pizzaservice einen Kleinwagen mit elektrischem Antrieb anschafft. Mit 4000 Euro unterstützt die Stadt den Kauf eines elektrisch angetriebenen Lieferwagens oder eines E-Taxis. Noch aber kann das Geld niemand abrufen. Die Förderrichtlinien werden derzeit im Umweltreferat ausgearbeitet. Erst von Januar 2016 an sollen die ersten Fördergelder fließen.

Kritiker allerdings sagen, dass dies alles nicht ausreiche, um der Elektromobilität richtig Schub zu verleihen. Die Förderung sei viel zu niedrig, um Gewerbetreibende zum Umstieg zu bewegen, sagt beispielsweise Michael Valentine-Urbschat. Er berät unter anderem Firmen und Kommunen in Sachen Elektromobilität. Vielmehr noch fordert er aber, dass auch Privatleute gefördert werden. Vor allem die vielen Zweitwagenbesitzer müsse die Stadt, wenn sie es ernst meine, in den Fokus nehmen und mit finanziellen Anreizen locken: "So wird das sicher nichts mit einem E-Mobilitäts-Leuchtturm in München.

Dagegen spricht sich bislang die Mehrheit im Stadtrat aus: Grundsätzlich sei es ja Sache der Bundesregierung, solche Förderprogramme aufzulegen, heißt es dort. Wenn eine Kommune wie München also schon einspringe, dann müsse sie sich auf solche Nutzer konzentrieren, die aufs Auto angewiesen seien - und das seien eben Gewerbetreibende.

Auch ASB-Mann Nindl hätte natürlich nichts gegen eine höhere Förderung pro Auto aus der Stadtkasse. Aber auch mit den 2500 Euro pro Kleinwagen kommt er gut zurecht. Im kommenden Jahr, wenn dann die Förderrichtlinien der Stadt stehen, möchte er einer der ersten sein, die den Förderantrag ausfüllen. Denn mit dem Geld aus der Stadtkasse rechne sich der Einsatz der kleinen E-Flitzer sicher. Und wer weiß, vielleicht wird es eines Tages auch ASB-Rettungswagen mit vollelektrischem Antrieb geben. Noch sind es vor allem Paket- und Lieferdienste, die mit solchen Fahrzeugen experimentieren; ein 3,5-Tonner mit vollelektrischem Antrieb ist derzeit noch nicht zu haben. Aber für die typischerweise eher kurzen Fahrten innerhalb des Stadtgebietes, die die Rettungswagen absolvieren müssen, wäre ein E-Antrieb "eigentlich ideal", glaubt auch ASB-Geschäftsführer Christian Boenisch.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: